Spiel der Teufel
Fragen.«
»Ich halte das für keine so gute Idee. Wir sollten warten, bis
wir das Obduktionsergebnis haben. Wir können ihr alle Fragen
stellen, sobald wir den Beweis haben, dass er keinen Selbstmord
begangen hat.«
»Brauchen wir wirklich noch diese letzte Bestätigung?«
»Sören, ich will vermeiden, dass wir voreilig handeln. Kein
Schnellschuss. Es kann doch auch sein, dass er an der Ostseehalle
sein Auto stehen hatte und ...«
»Blödsinn! Warum sollte er ...«
»Weil er vielleicht nicht wollte, dass man seine Nobelkarosse
auf dem Präsidiumshof sieht und dumme Fragen stellt? Komm,
wir gehen essen und fahren dann nach Hause und warten auf
den Bericht von Jürgens.«
»Wie du meinst.«
Sie kehrten bei einem Italiener ein, aßen Spaghetti mit Knoblauchsoße
und tranken jeder ein Glas Rotwein. Sie waren noch
nicht ganz fertig, als Henning einen Anruf aus der Kriminaltechnik
erhielt.
»Ja?«, meldete er sich.
»Es geht um das Notebook von Gerd. Willst du's am Telefon
hören oder es dir lieber hier vor Ort anschauen?«
»Wieso?«
»Ich hab was Interessantes gefunden. Wenn du dich beeilst,
zeig ich's dir heute noch, ansonsten morgen. Wir haben immerhin
schon halb acht, und ich hab noch was vor.«
»Wir sind gleich bei dir«, sagte Henning und steckte das Handy
ein.
»Was ist?«, fragte Santos.
»Leg dein Besteck hin, wir sollen in die KTU kommen, es geht
um Gerds Notebook.« Er ging zur Kellnerin, beglich die
Rechnung und fuhr noch einmal ins Präsidium. Ohne anzuklopfen,
betraten sie das Büro, in dem sich nur noch Werner
Noll aufhielt, sechsundzwanzig Jahre alt und ein wahres Computergenie.
Er blickte kurz auf und sagte: »Wurde auch Zeit ...«
»He, he, es ist gerade mal zehn Minuten her, seit...«
»Verstehst auch keinen Spaß mehr, was?«, erwiderte Noll, ohne
eine Miene zu verziehen. »Nehmt euch jeder einen Stuhl und
setzt euch, ich hasse es, wenn jemand neben oder hinter mir
steht.« Und nachdem sich Henning und Santos gesetzt hatten:
»Spiele, nichts als Spiele.«
»Hä? Und dafür lässt du uns hier antanzen?«, blaffte Henning
ihn an. »Das weiß ich selber schon.«
»Na ja, Spiele aller Art, aber auch was anderes. Kurzen Moment,
dauert noch ungefähr zwei Minuten.«
»Was denn?«, fragte Henning, ungeduldig mit den Fingern auf
seine Oberschenkel klopfend.
Noll sah ihn nur an und grinste. »Nicht so nervös. So, gleich ist
es so weit... Voilà, the message.«
Henning und Santos starrten sprachlos auf den Bildschirm, bis
Noll sagte: »Ist ein Screensaver. Ihr könnt das Zeug immer und
immer wieder lesen. Er springt nach genau sieben Minuten an.«
»Das gibt's doch nicht«, stieß Henning hervor. »Das kann nicht
wahr sein!«
»Ein Abschiedsbrief als Bildschirmschoner. Öfter mal was
Neues«, entgegnete Noll lakonisch.
»Liebe Nina. Wenn du das hier liest, bin ich schon nicht mehr
am Leben. Ich habe Rosannas Tod nicht verwunden, und es tut
mir leid, aber ich kann nicht anders, als ihr zu folgen. Sie war
mein Ein und Alles. Liebste Nina, bitte verzeih mir. Geh zurück zu deinen Eltern und such dir einen andern Mann, dann
wirst du mich auch schnell vergessen. Gerd.«
»Sag mal«, fragte Santos ruhig, »sind da irgendwelche Programme
drauf, mit denen man so was kreieren kann? Ich
meine, ich könnte das nicht, ich wüsste gar nicht, wie das
geht.«
»Schön, dass du mitdenkst«, erwiderte Noll mit hochgezogenen
Brauen. »Um deine Frage zu beantworten, nein, es ist
kein entsprechendes Programm drauf. Auf dieser Festplatte
befinden sich ausschließlich Spiele und ebendas hier. Was sagt
uns das?«
Henning zuckte mit den Schultern, und auch Santos sah ihn
ratlos an.
»Ich verrat's euch. Dieser Screensaver wurde auf einem andern
Rechner gestaltet und auf diesen hier übertragen. Ohne Programm,
einfach nur als Datei, die unter Windows läuft. Nächste
Frage.«
»Hast du irgendwelche alten Dateifragmente entdeckt?«, wollte
Henning wissen.
»Nein, die Platte ist praktisch jungfräulich. Die Spiele wurden
erst vor kurzem draufgeladen, das neueste ist eigentlich noch
gar nicht auf dem Markt. Es erscheint offiziell erst in drei Wochen,
und die Softwarehersteller sind da sehr genau, was die
Auslieferungstermine angeht. Ich frag mich auch, woher Gerd
das hatte oder gehabt haben sollte. Er kann es nur illegal erworben
haben.«
»Blödsinn. Kommen wir zum Wesentlichen. Wenn ich dich
recht verstanden habe, hat er die Festplatte gelöscht und
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