Spiel der Wölfe - Briggs, P: Spiel der Wölfe - Hunting Ground (Alpha & Omega 2)
wenigen Momenten so deutlich gespürt hatte, war verschwunden, als hätte es sie nie gegeben.
» Das tut er auch nicht.« Charles schüttelte den Kopf. » Aber wir haben einen Künstler in unserem Rudel, der eine Begabung dafür hat, die Worte anderer Leute zu malen– und mein Vater ist sehr gut mit Worten.«
» Ich wusste nicht einmal, dass dein Vater jemals dort war.« Die Frau vom Feenvolk klang… verloren.
Charles zuckte mit den Achseln. » Du weißt doch, wie Dad ist. Niemand bemerkt ihn, außer er will es. Und er ist ein Barde. Er geht überallhin.«
Dana hob den Kopf, und ihre Augen waren verschwollen und ihre Nase rot, obwohl keine Tränen über ihre Wangen liefen. Sie sah sehr menschlich aus. » Woher wusste er?«
Charles hob beide Hände. » Wer weiß, wie Dad Dinge ergründet? Er dachte, es würde dir Freude bereiten.«
Dana schaute wieder auf das Bild, und Anna konnte nicht sagen, ob sie erfreut war oder nicht– aber sicherlich war sie überwältigt. Im Schockzustand. » Mein Heim. Es ist schon lange verschwunden. Zerstört durch Magie und Geologie; die Quelle ist vor Jahrhunderten versiegt. Dort verläuft jetzt eine Straße, die einen Namen trägt wie hundert andere Straßen in hundert anderen Städten auch. Ich dachte, jede Erinnerung daran wäre verloren.« Sie berührte das Bild auf dieselbe Art, auf die Anna Charles berührte: sanft, vorsichtig, als würde sie mit Schmerzen rechnen, aber gleichzeitig unfähig, der Anziehungskraft zu widerstehen.
Sie kippte das Bild, damit Anna und Charles es besser sehen konnten. Das Ufer eines Sees, dachte Anna. Ein tiefer See, der die Farbe des Himmels einfing und das Blau fast zu Schwarz veränderte. Das Kunstwerk war schlichter als das Bild, an dem Dana gearbeitet hatte, und die Leinwand viel kleiner. Aber mit einfachen Pinselstrichen hatte der Künstler eine faszinierende Qualität erzeugt, die das kleine Bild zu einem Fenster zu einem fremden Ort werden ließ. Ein Ort, der Anna nicht willkommen hieß– aber irgendwie zu dem fremden Blick passte, den sie in Danas Augen bemerkt hatte.
» Bestelle deinem Vater«, sagte Dana und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Bild, » dass ich versuchen werde, ihm ein Geschenk von gleichem Wert zu machen. Und ich entschuldige mich, sollte es mir nicht gelingen.«
» Also«, sagte Anna, sobald sie sicher wieder unterwegs waren. » Das war… beunruhigend.«
» Mochtest du sie nicht?«
Sie schaute ihn an, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Als Danas Zauber sie berührt hatte, hatte Anna sich gewünscht, sie zu mögen. Sie wollte zu ihren Füßen kauern, sich bei ihr einschmeicheln und auf Krumen von ihrem Tisch warten. Den Rest der Zeit wollte sie die Feenvolk-Frau umbringen, weil sie mit Charles flirtete– und weil sie mit ihm geschlafen hatte.
Sie hatte das Bedürfnis, sich in einem dunklen Loch zu verkriechen, damit sie Bruder Wolf nie wieder mitihrer Anwesenheit belästigen konnte– während sie gleichzeitig wusste, wie dumm das war. Er hatte sie nicht zurückgewiesen. Nicht wirklich. Aber in seinem Tadel hatte so eine… Ablehnung gelegen. Seine Aufmerksamkeit war auf Dana gerichtet gewesen.
Dana, die aus dem Feenvolk war, zu den Grauen Lords gehörte, selbstbewusst und mächtig war. Keine dreiundzwanzigjährige Frau mit einer abgebrochenen Ausbildung, die nach drei Jahren als Werwolf noch nicht einmal ein Viertel von dem wusste, was sie darüber wissen sollte. Sie war nicht das richtige Gegenstück zu Charles.
Und über nichts davon konnte sie mit Charles reden, ohne wie ein dummer Schwachkopf zu klingen– ein komplizierter, dummer Schwachkopf. Glücklicherweise konnte sie seine Frage beantworten, ohne preiszugeben, was sie seit dem Besuch bei Dana wirklich beschäftigte.
» In Chicago, im Brookfield Zoo, haben sie ein Reptilienhaus. Ich war mal mit der Schule da, als ich ein Kind war. Dort gibt es eine grüne Mamba. Das ist die schönste Schlange, die ich je gesehen habe; nicht auffällig, sondern nur in diesem… unglaublichen Grünton– und so giftig, dass, wenn jemand von ihr gebissen wird, meistens keine Zeit mehr bleibt, um ihm das Gegengift zu verabreichen.«
» Du findest sie schön?« Er dachte darüber nach. » Interessant, würde ich sagen, aber nicht schön. Nur wenige aus dem Feenvolk sind schön, wenn sie ihren Schutzzauber tragen. Schönheit passt sich nicht besonders gut an. Und das Feenvolk hat, wie wir auch, eine Menge Zeit damit verbracht, zu
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