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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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Papieren und Büchern überhäuften Schreibtisch erhoben und Emily angeblickt. »Vielleicht ist es besser, ihn zu ignorieren. Vielleicht hört er dann von selbst auf. Und wenn nicht, kommen Sie sofort zu mir.«
    Emily war sehr erleichtert darüber gewesen, dass er sie nicht ausgelacht hatte, doch wirklich geholfen hatte ihr das Verständnis auch nicht. Denn der Schrecken war dadurch nicht aus der Welt geschafft worden. Und das Telefonat mit ihrer Mum hatte sie natürlich auch nicht beruhigen können – der gegenüber hatte sie keine Silbe davon erwähnt, was passiert war. So, wie sie ihre Mum kannte, hätte sie es fertiggebracht, Emily zu zwingen, nach Hause zu kommen. Oder sie hätte einen Bodyguard für sie engagiert.
    Wenn es um das Wohl ihrer Tochter ging, war ihre Mutter einfach nur als hysterisch zu bezeichnen, und das war schließlich etwas, was Emily mit ihrem neuen Leben am College endgültig hinter sich lassen wollte. Da hatten ihr schon die Bemerkungen ihrer Klassenkameraden in der Highschool gereicht.
    Sie schaute wieder nach vorn. Stokes streifte ihren Blick, doch Bruchteile von Sekunden später sah er wieder ins Auditorium. Der Professor sprach vom Aufstand der Titanen gegen Zeus und deren Verbannung in den Tartarus, die Unterwelt, sprach über die Rebellion Luzifers gegen Gott und die Verbannung der gefallenen Engel in die Hölle. »Eine Parallele, die in der Geschichte ständig wiederkehrt«, sagte Stokes, »Aufstieg, Machterhalt mit allen Mitteln, Fall. Und gelernt wird daraus … «, er wandte sich dem Publikum zu, »nie!« Wieder das diabolische Grinsen.
    Machterhalt mit allen Mitteln, dachte Emily, und dann kam ihr der Satz von der Karte im Postfach wieder in den Sinn.
    Du hast mir mein Leben gestohlen. Und ich hole es mir zurück.
    Leben stehlen , was sollte das heißen? Sie hatte niemanden getötet. Und da sie das nicht getan hatte, konnte dieser Mensch, wer immer das auch war, doch mit dieser Botschaft nicht meinen, sie töten zu wollen. Das konnte es nicht heißen. Konnte es nicht, oder? Oder!
    Doch leider gelang es ihrem rationalen Geist nicht, die unterschwellige, uralte Furcht zu besiegen, die älter ist als die Rationalität, vielleicht älter als die Menschheit selbst.
    Sie schaute auf die Uhr, sah, dass die Stunde fast vorbei war, hörte wieder Fetzen von Stokes Stimme. »… finden wir die Idealisierung des Satans, nicht mehr als mittelalterliches, feuerspuckendes Monstrum, sondern als romantischen gefallenen Engel, letztendlich in Paradise Lost . Doch damit werden wir uns erst zur Mitte des Semesters beschäftigen. Zunächst werden wir … «
    Ihre Gedanken waren schon wieder abgetaucht. Paradise Lost. Für den Moment irgendwie ein passender Vergleich. Sie hatte sich so auf diesen Neuanfang gefreut, doch dieser Neuanfang hatte für sie gleich mit einem Albtraum begonnen.
    Emily!
    War das nur ein Anfang mit Schrecken? Konnte es jetzt bloß besser werden?
    Emily!
    Oder hielt das Schicksal noch etwas anderes für sie bereit, das umso schlimmer werden würde, je mehr …
    »Emily!«
    Sie zuckte zusammen.
    Julia stand vor ihr und schaute sie ein wenig verwundert und gleichzeitig etwas vorwurfsvoll an. »Worauf wartest du?«, fragte sie.
    Emily stieg das Blut in den Kopf, als sie sah, dass der Raum leer war. Sie hatte es gar nicht mitbekommen. Selbst Professor Stokes war schon gegangen. Und die notorischen Streber, die normalerweise nach jeder Vorlesung nach vorn laufen, um Fragen zu stellen und sich beim Professor einzuschleimen, waren mit ihm verschwunden.
    »Los jetzt«, sagte Julia und nahm sie an der Hand. »Denk nicht so viel an diesen dämlichen Brief.« Sie sah kurz auf die Uhr. »Wir haben genau zwei Stunden Zeit, um uns den ernsten Dingen des Lebens zuzuwenden.« Sie lächelte wieder ihr spitzbübisches Lächeln, das so typisch für sie war.
    »Was da wäre?«, erkundigte sich Emily.
    »Na, shoppen gehen. Du musst heute Abend schließlich gut aussehen.«
    »Heute Abend?« Emily kam sich allmählich wirklich dämlich vor. »Was ist denn heute Abend?«
    »Die Semestereröffnungsparty im Tutu’s !« Julia kniff ein Auge zu. »Es ist Freitagabend und wir lassen’s ordentlich krachen.« Sie zog sie von ihrem Sitz hoch.
    »Und jetzt komm endlich!«

8
    D ie Innenarchitektur des Tutu’s Nightclub lag irgendwo zwischen Gothic und Punk, Techno und Hip-Hop, und der DJ , der um zehn Uhr abends noch nicht auf tanzende Gäste Rücksicht nehmen musste, tobte sich hemmungslos aus.

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