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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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zugeschaut.«
    Emily hatte ihn angestarrt, als wäre er ein Gespenst, und es dauerte fast zwei Minuten, bevor sie wieder sprechen konnte.
    »Was für Leute sind das, die morgens um fünf Uhr in irgendwelchen U-Bahn-Schächten zuschauen, wie ein anderer überfahren wird?«
    Carter hatte gequält dreingeblickt und wieder mit seiner Zigarette gespielt. »Sicher nicht die Sorte von Typen, die man in der Werbung für Babynahrung sieht«, hatte er gesagt, »und ich weiß auch nicht, ob man die so schnell schnappen kann. Vor allem, weil sie fast alle keinen Wohnsitz haben. Vor allem, weil es so viele sind.«
    Dann hatte er ihr die Hand gegeben, und als sie seinen besorgten, aber auch gütigen Blick sah, hatte er sie ein wenig an ihren Vater erinnert. »Das einzig Positive ist, dass sie es offenbar nicht auf Sie abgesehen haben«, hatte er noch gesagt. »Eher im Gegenteil.«
    Dann hatte er die Zigarette in den Mund gesteckt und war mit ihr und ihrer Mum nach draußen gegangen. »Haben Sie irgendeine Idee, wie gerade Sie im Zusammenhang mit den Squattern stehen könnten?«, hatte er dann noch gefragt. Mit gerade Sie meinte er Emilys Familie, denn normalerweise war eine verwöhnte Tochter eines Investmentbankers nicht gerade der Teil der Gesellschaft, mit denen Squatter sonderlich Mitleid hatten, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte.
    Emily hatte die Schultern gezuckt und gemerkt, wie sie immer stärker die Tränen zurückhalten musste. Aber auch im Auto mit Mum war es ihr gelungen, nicht zu weinen. Was wäre passiert, wenn sie es getan hätte? Sie hätte für den Rest ihres Studiums wieder in die elterliche Villa ziehen müssen und wäre das verzogene Mädchen, das allein nicht klarkäme.
    Erst auf der Toilette der Bibliothek hier im College, nachdem sie ihre Sachen und ihren Laptop an einen der Tische gelegt hatte, waren die Tränen gekommen.
    Sie hatte sich dann entschlossen, Julia zurückzurufen, die ihr schon ein Dutzend Mal auf die Mailbox gesprochen hatte, weil sie sich Sorgen machte, wo Emily blieb. Als ihre Freundin hörte, was passiert war, hatte sie alles stehen und liegen lassen und war in die Bibliothek geeilt. In der Cafeteria der Bibliothek hatten sie fast eine Stunde miteinander gesprochen.
    Julia sah ein bisschen ramponiert aus, so als wäre sie gestern auf der Party eine der Letzten gewesen, wie es häufiger der Fall war.
    Sie hatte versucht, Emily zu trösten, hatte mit ihr zusammen überlegt, ob all das ein schrecklicher Zufall sein konnte, aber so richtig geglaubt hatte das keiner von ihnen.
    Egal, es hatte trotzdem gutgetan, mit ihr zu sprechen.
    Um von sich abzulenken, hatte Emily dann noch nach Julias Abend gefragt, und die hatte ihr schließlich mit leuchtenden Augen von ihrem Jonathan erzählt, wie klug er war und dass er einen Aston Martin fuhr und offenbar ziemlich viel Geld hatte.
    Sie und er waren am Nachmittag noch verabredet, und Julia versuchte Emily zu überreden, mit ihr zu kommen. »Es ist nicht gut, wenn du hier so allein herumhockst«, hatte sie gesagt, aber Emily hatte nur abgewunken. Selbst an einem normalen Tag hätte sie darauf verzichtet. Wichtigtuer mit dicken Autos kannte sie aus dem Freundeskreis ihres Vaters genug, da musste sie nicht auch noch ans College, um das Gleiche eine Nummer kleiner zu erleben.
    Sie hatte schließlich Julia überzeugen können, dass sie in der Bibliothek gut aufgehoben war, und die Freundin hatte sich verabschiedet, nicht jedoch ohne ihr vorher das Versprechen abzunehmen, dass sie sich sofort melden müsste, wenn irgendetwas wäre.
    Emily klappte den Laptop zu und ging ins Erdgeschoss der Bibliothek, wo der Kaffeeautomat stand. Die hohen Bücherwände der Bibliothek ragten zu beiden Seiten in die Höhe, doch vor ihnen verspürte sie keine Angst, es waren keine Wände, die sie zu erdrücken drohten, wie sie es immer im Flugzeug erlebte, es war eher eine Festung, die sie beschützte und in andere Welten mitnahm.
    Beim Kaffeeautomaten angekommen, hörte sie in einiger Entfernung Schritte, deren Rhythmus ihr vage bekannt vorkam. Und irgendwie wusste sie nicht, warum sie es tat, aber in der nächsten Sekunde hatte sie sich hinter einem der Bücherregale versteckt. Ryan, der ebenfalls etwas übernächtigt aussah und den sicher auch das schlechte Gewissen in Anbetracht all der Hausaufgaben an diesem Samstag in die Bibliothek geführt hatte, schlurfte an den Automaten heran und ließ zwei Münzen in den Schlitz fallen. Der Automat fing an zu brummen und zu

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