Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
Vom Netzwerk:
Matthias kennengelernt, ihren ersten Freund nach
der Ehe mit Franzi. Als sie mit ihm Schluss machte, war ihr Leben immer weniger
langweilig geworden. Und immer weniger gesund.
    Es ging weiter steil bergauf. Luger folgte ihr die ganze Strecke
über Schotter, Wurzeln, Felsen, durch Schatten, pralle Sonne und steile
Anstiege wie ein Schüler, der’s seiner Lehrerin recht machen will. Sie sprachen
kaum. Als sie oberhalb der Baumgrenze ein Schotterfeld überquerten, spürte sie
seine Blicke ihren Bewegungen folgen. Sie ließ sich zurückfallen und gab ihm
den Vortritt. Ihm rann der Schweiß in die Augen. An einem unglaublich schmalen
Geröllweg ging es fünfhundert Meter senkrecht in die Tiefe.
    Clara konnte die dpa-Meldung förmlich riechen: »Ungeübter Wanderer
im Wilden Kaiser abgestürzt. Er war ohne Wanderstöcke unterwegs.«
    »Na?«, rief sie nach vorn.
    Luger wandte sich um und grinste mutig. »Wahnsinnig aufregend«,
sagte er. »Passt exakt zu dir.«
    Das Du musste ihm unabsichtlich entschlüpft sein. Denn als er den
Nachhall hörte, blieb er stehen und erklärte: »Über siebentausend Meter Höhe
muss man sich duzen, sagt man.« Er kam auf sie zu, packte sie an den Schultern,
zog sie ein wenig zu sich heran und küsste sie auf die Nasenspitze. »Ich bin
der Adrian«, sagte er.
    »Fein. Meinen Vornamen kannst du im Fernsehprogramm nachlesen.«
    Am Ziel, dort, wo die Bergdohlen die Gruttenhütte kühn umschwebten,
besiegelten sie ihr Du mit einem Schnaps und zwei flüchtigen Küssen auf den
Mund.
    »Warum starrst du mich an?«, fragte er mit weit geöffneten Augen.
    »Einen Moment«, sagte sie, hob die Hand, stand auf und suchte die
Toilette auf. Dort betrachtete sie ihr Spiegelbild. Diesen Leberfleck hatte sie
schon, seit sie denken konnte. Nur wusste sie ohne Spiegel nie, ob er sich
oberhalb des linken oder rechten Mundwinkels befand. Es war kein Leberfleck,
den man fühlen konnte, der aus den umgebenden Sommersprossen herausragte wie
ein Nagelkopf oder eine Eiterpustel. Es war einfach ein schwarzbrauner runder
Farbfleck von eineinhalb Millimetern Durchmesser. Sie musste sich endlich
merken, dass er sich oberhalb des linken Mundwinkels befand. Männer hielten ihn
für sexy. Sie berührte ihn mit der Zeigefingerspitze, dann ging sie wieder nach
draußen.
    Sie setzte sich Luger gegenüber, stützte die Ellenbogen auf den
Tisch, legte das Kinn in die gefalteten Hände und starrte den eineinhalb
Millimeter großen runden Leberfleck oberhalb von Lugers linkem Mundwinkel an.
    »Ist dir das noch nicht aufgefallen?«, fragte sie.
    »Was soll mir aufgefallen sein?«
    »Dass wir beide den gleichen Leberfleck an der gleichen Stelle
haben.«
    Er lachte und fuhr mit der Fingerspitze darüber »Ein Nävus, ja.«
    Dann langte er über den Tisch und berührte ihren Fleck. »Fühlt sich
gut an.« Wie zufällig berührte er auch ihre Wangen. Die Spitze seines
Zeigefingers blieb an ihrer Nasenspitze hängen. »Noch nie hab ich
Sommersprossen aus solcher Nähe gesehen. Sie stehen dir außerordentlich gut.
Hast du sie am ganzen Körper?«
    Das Blut schoss ihr ins Gesicht. »Nur auf den Schultern und an den
Armen«, sagte sie. Und wechselte rasch das Thema.
    Die »Leberfleck-Connection« sollte fortan zum stehenden Begriff
zwischen ihnen werden.
    Beim Abstieg passierten sie hin und wieder eine Gruppe hübscher
blonder Haflinger, dann und wann eine Gruppe hübscher Berliner mit Gamsbart und
Stöckelsandalen.
    Einen Berg hinaufzukommen, ist eine Sache. Ihn abwärts zu bezwingen,
eine andere. Schließlich landeten Clara Gray und Dr. Adrian Luger auf einer
kinderwagentauglichen Seniorenalm, der Gaudeamushütte. Es sah aus, als hätte
man ringsherum eine grüne Tischdecke ausgebreitet und vergessen, sie glatt zu
streichen. Dort, im Schatten einer Latschengruppe, ließ sich Luger
widerspruchslos die Schnürsenkel von einer Haflingerstute zerbeißen.
    »Super, diese Natur«, rief er begeistert. Und »Woran denkst du?«
fragte er, als sie auf der überfüllten Terrasse saßen, über der in dichten
Schwaden Tabaksqualm und Bierdunst hingen. Er trank einen Almdudler, sie eine
Buttermilch.
    »An Emil denk ich grad«, sagte Clara und stand auf.
    »Wie kommst du denn überhaupt an eine Tannenzapfenechse?«, fragte
Luger, während sie beim Verlassen der Alm über einen Weidezaun kletterten.
    Clara schilderte, wie sie Emil von ihrem Ex zu Weihnachten geschenkt
bekommen hatte, und erzählte auch ein bisschen vom Franzi. DARWIN , das TV

Weitere Kostenlose Bücher