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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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drückte mit dem Hinterteil die Tür zu. »Weitergehen«,
befahl er. »Da hinten. In die Ecke.«
    Luger zögerte. »Was wollen Sie eigentlich?«, fragte er. Furcht stand
nicht in seinen Augen, eher belustigte Neugier. »Ich denke, es wird höchste
Zeit, dass Sie Clara in Ruhe lassen. Lassen Sie sie ihr Leben führen und
kümmern Sie sich um Ihre Hendln …«
    Mit Augen voller Hass war Nachtigal an ihn herangetreten und zog ihm
mit Wucht die Pistole über den Schädel. Er wartete darauf, dass Luger fiel.
Doch Luger fiel nicht. Beide Arme hingen am Körper herab, als gehörten sie
nicht zu ihm. Blut sickerte aus der Wunde.
    Nachtigal überlegte. Falls er sich zur Wehr setzt, wird er es hier
tun.
    »Zieh deine Klamotten aus«, herrschte er Luger an.
    »Was?«
    »Ausziehen!«
    »Sie sind ja verrückt«, flüsterte Luger.
    »Genau! Ich bin verrückt. Zieh die Klamotten aus, verdammt.«
    Luger zögerte. Stocksteif stand er da.
    Nachtigal gab einen Schuss ab. Er schlug fünf Zentimeter vor Lugers
Schuhen in den Holzboden ein. Er spannte den Hahn erneut.
    Luger begann sich auszuziehen. Hut, Janker, Cordhose, Flanellhemd.
    Im Geist sah Gottfried Clara ihr Handy ziehen und die Polizei
alarmieren. Das nahm er in Kauf. Er wollte hier für Ordnung sorgen.
    »Ich liebe Clara«, sagte er. »Ich. Du hast kein Recht auf sie,
Scheißkerl. Lass die Finger von ihr. Schneller!«, befahl er.
    Luger stand in Unterwäsche da.
    »Alles«, sagte Nachtigal.
    Luger zögerte. Nachtigal senkte die Waffe abermals.
    Luger zog sein Unterhemd aus, dann den Slip.
    Ich sollte ihm die Eier wegschießen. Warum tu ich’s nicht? Er zielte
mit der Waffe auf den Unterleib.
    Luger bedeckte seine Genitalien mit den Händen.
    »Das wird dir nichts helfen«, sagte Nachtigal. Dann entschied er
sich anders.
    »Umdrehen«, zischte er.
    Luger kehrte ihm den Rücken zu.
    »Hinlegen! Leg dich auf den Boden, Gesicht nach unten.«
    Luger gehorchte.
    »Ich sag’s dir noch einmal. Lass deine verdammten Hände weg von
Clara!« Nachtigal stampfte mit einem Fuß auf den Boden. »Nächstes Mal ist Clara
dran mit Ausziehen. Ich warne dich, Luger! Liebe ist zu allem fähig.«
    Er verschnürte Lugers Kleidung zu einem Bündel und hängte es sich
über den Arm.
    »Keine Bewegung! Rühr dich nicht!«, fuhr er Luger an.
    Draußen schob er die Kleider unter einen Busch und setzte sich, ohne
einen Blick zurück oder ins Gasthaus zu werfen, in seinen fahrbaren Hendlstand.
    An der Einbiegung zur Wendelsteinstraße kamen ihm zwei
Polizeifahrzeuge entgegen. Er verzog den Mund zu einem garstigen Lächeln. Das
war nur eine kleine Vorwarnung, dachte er. Noch heute Abend würde er Clara
einen Besuch abstatten, schoss es ihm durch den Kopf. Da war er sich sicher.
    Doch dazu kam es nicht mehr. Als er zu Hause ankam, wartete eine
kleine Armee auf ihn.
    »Herr Dandlberg, Sie sind vorläufig festgenommen. Alles, was Sie
aussagen …«
    Dass an diesem Dienstag, dem 22. November 2005, Angela Merkel zur
ersten Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde, konnte er in der
Tagesschau am Abend nicht mehr verfolgen.

ACHT
    Im Juni des Jahres 2006 heirateten Clara Gray und Adrian Luger.
Sie war fünfundzwanzig Jahre alt, er einundfünfzig. Der 30. Juni 2006 war ein
Freitag. Es war der Tag, an dem Deutschland im Viertelfinale der
Weltmeisterschaft in Berlin mit 4:2 gegen Argentinien gewann. Es war ein
bescheidener Rahmen, den die beiden sich gönnten, und Lola Herrenhaus und Joe
Ottakring waren dabei.
    Sie heirateten in einem Ort am Mittelmeer, weit genug entfernt vom
Brannenburger Schmiedwirt, wo Clara den Franzi geehelicht hatte, und fern ihrer
Erinnerungen an diese Veranstaltung und deren Konsequenzen. Vormittags kreuzten
sie in ruhigem Gewässer vor der Küste, die Steilküste von Ibiza im Rücken. Der
Rumpf von Lugers ansehnlicher Yacht war weiß gestrichen, am Bug waren zwei
Augen aufgemalt, eines auf jeder Bordseite.
    »Ein Brauch, den ich von den alten Ägyptern übernommen habe«,
erklärte er. »Zu Ehren ihres Sonnengottes Ra.«
    Eine sanfte Brise war aufgekommen, und Luger vollführte seine
Segelmanöver ruhig und ohne Pomp. Als würde er sich auf dem Fahrrad durch
Rosenheims Prinzregentenstraße bewegen. Clara sah mit strahlenden Augen zu ihm
auf. Wäre er wie ein Pfau unter Klatschen und Singen über die Planken gewirbelt
oder hätte er nackt mit sich selbst einen Tango getanzt, sie hätte ihn ebenso geliebt.
Er zog das Großsegel auf, danach das Stagsegel. Es war keine Sache

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