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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Fußball- WM ,
     remember? Meldet euch, wenn ihr zurück seid. Liebe Fangrüße Lola P.S. : Ich soll euch von Uly fragen, ob
ihr am 9. Juli zum Endspiel in Berlin mitkommt. Die ganze Bande. Er hat
natürlich unbeschränkt Tickets, der Protz.

NEUN
    In normalen Zeiten hätte dieses Wahnsinnsauto Verkehrsströme
lahmgelegt, Staus verursacht, Umleitungen hervorgerufen. Berlin stand am Tag
des Endspiels kopf und hatte anderes zu tun, als den einzigen sechs Meter
langen weinroten Cadillac Escalade zu bewundern, der je auf deutschem Boden
fuhr.
    Unter den Linden, Alexanderplatz, das Nikolaiviertel, die Hackeschen
Höfe – alles war ein einziges Fahnenmeer. Es roch nach Bier, Schweiß und Sonne.
Kein Vogel fand Raum zum Zwitschern, der Müll stapelte sich, Italiener
krakeelten: »Prost«, und Deutsche riefen ihren türkischen Mitbürgern zu:
» Şerefe! «
    Clara saß ganz hinten in ihrem Lederfauteuil im Escalade. Sie war
übermüdet und hatte einen Geschmack von Asche auf der Zunge, das Resultat von
zu viel Champagner gestern Abend. Klein-Maria aus Gapperding, musste sie
denken. Und jetzt in so einer Stadt. In so einem Auto. Mit so einem Mann. Sehr
eng kuschelte sie sich an Adrian. Ihm hatte sie das alles zu verdanken. Er
legte den Arm um sie. Sie fröstelte trotzdem.
    »Nicht dass du denkst, du hättest das alles mir zu verdanken«, sagte
er. »Wir brauchen nur nachher auszusteigen und zu schauen, wem die Menschen
zuwinken. Dir oder mir.«
    Uly Hummer und Dieter Smissek, die beide vor ihnen saßen, nickten
zufrieden nach hinten. Als Präsident des FC Bavaria und Mitglied im DFB hatte
Hummer selbstverständlich Zugang zu einer fast beliebigen Anzahl von Karten
fürs Endspiel. Smissek, der berühmte Filmproduzent, hatte über sein Berliner
Büro den Escalade samt Chauffeur besorgen lassen. Für Vater und Sohn von Stahl,
für Joe Ottakring und Lola, die vorn saßen, war es ein einmaliges Erlebnis, das
sie sich nicht entgehen lassen wollten. Emil schließlich hatte zwar kein
Interesse an dem Spiel, aber auch keine Wahl. Er schlummerte in seinem
Reisekäfig hinter dunkel getönten Scheiben.
    Die einzigen der Männer, die Berührungsängste zu haben schienen – so
kam es Clara vor –, waren Ottakring und Rico, die beiden Polizeikollegen. Die
anderen kannten sich schon lange und waren fast befreundet, zumindest waren sie
gute Spezl. Amigos.
    »Schalt mal das Radio ein!«
    Der Fahrer schaltete das Radio ein und holte Berliner Rundfunk auf
91,4 her.
    Über vierhundert PS surrten leise unter der Haube. Im Schritttempo bewegten sie sich auf das
Brandenburger Tor zu, das von Hunderttausenden Fans umringt war. Ein einziges
Fahnenmeer. Clara ließ das Fenster einen Spalt herunter. Neben heißer Luft
dröhnte der Lärm der Hupen, Trompeten und Trommeln herein.
    »Halten Sie kurz an«, befahl Hummer dem Fahrer. Und zu den anderen
gewandt sagte er: »Kommt, wir mischen uns eine Weile unter die Menschen.« Er
grinste und sah mit seinem Grübchen im Kinn Cary Grant ähnlicher denn je.
»Sozusagen unters gemeine Volk.«
    Luger und Clara sahen sich an und platzten fast vor Lachen. Sie
hatten einschlägige Erfahrungen mit dem gemeinen Volk.
    »Zusammenbleiben!«, rief Hummer. »Passt aufeinander auf!«
    Im Nu wurden sie aufgesogen und in einer gigantischen Ola-Welle
fortgetragen. Die Begeisterung der Menge kannte keine Grenzen und wurde von der
Großbildleinwand, die an den Innensäulen des Tors klebte, noch weiter
angetrieben. Sie waren acht von zehn Millionen Menschen, die dreiunddreißig
Tage lang »Das Wunder von Berlin« miterlebten.
    »Adrian!«
    Clara hatte Adrian verloren. Sie hatten sich an der Hand geführt.
Durch die Welle aber waren sie auseinandergerissen worden.
    »Adrian!«
    In Panik sah sie um sich. Auch von den anderen war keiner zu sehen.
    »Das ist doch die Gray!«, hörte sie jemanden rufen. Im Nu war sie
umringt von wildfremden Menschen, die sie berühren wollten, ein Autogramm
haben, ein Souvenir mitnehmen. Sie zerrten, zupften und rissen an ihr. Sie
versuchte sich wegzudrehen, taumelte, fing sich wieder, prallte mit ihren
Beinen gegen fremde Beine, konnte nicht fallen, weil die Menge sie auffing wie
ein Netz.
    »Aaaadrian!«
    »Hohoho. Hähähähä. Hahahaha. Was du brauchst Adriano? Du kannst mich
haben!« Ein Baum von einem Mann stand plötzlich vor ihr. Hatte er sich zu ihr
gedrängt? Es schien kein Zufall zu sein.
    »Komme zu mir, amante !« Er legte eine Hand um ihre Schulter.
    »Lassen Sie mich los! Sofort

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