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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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auf ihrem
Fensterplatz bequem gemacht, mit Adrians Kopf an ihrer Schulter. Aus
sechsunddreißigtausend Fuß sah Afrika aus, als wäre eine ockerfarbene Decke
über welliges Land gebreitet worden und als hätte jemand diese Decke mit
seltsamen Gravuren versehen. Im Hintergrund ein bisschen blauer Ozean, Clara
wusste nicht recht, ob Atlantik oder Pazifik. Sie versuchte Leben zu orten,
vielleicht eine Elefantenfamilie oder eine Büffelherde, doch das war unmöglich.
Sie flogen zu hoch.
    Kurz nach halb vier landeten sie in Windhoek. Beim Anblick der
Landschaft im Landeanflug verflog Claras Depression.
    »Moin, moin!«
    Der Jagdführer hieß Selters. Er war dreiundsechzig Jahre alt, wie er
stolz erklärte. Man hätte ihm tatsächlich die fünfzig abgenommen, er wog
geschätzte sechzig Kilo, ideal für seinen feingliedrigen, femininen Körperbau.
Seine blassgrauen Augen benötigten zwar eine Brille, doch sein weißes, kurz
geschorenes Haar war noch so dicht wie bei seiner Konfirmation. Der verstorbene
Vater, der die Farm gegründet hatte, war Hamburger gewesen. Dessen
Ururgroßvater sei Lokführer in Deutsch-Südwestafrika gewesen, dem Vorgänger des
heutigen Namibia. Herr Selters verwendete den gleichen Vorkriegswortschatz, wie
sein Vater ihn verwendet haben musste, und rollte das R wie Adolf Hitler.
    »Na, denn man tau. Komm Sie einfach mal mit!«
    Herr Selters führte sie zum wartenden Helikopter und brachte sie
höchstpersönlich direkt zu seiner Farm nördlich von Otjiwarongo im Norden
Namibias. Die Farm hieß Otjitumba, war größer als der Landkreis Rosenheim,
hatte einen Feigenbaum- und einen Termitenhügelweg, ein Orangenbad, die
Missionshöhle und das Kambazembi-Wäldchen. Aus der niedrigen Flughöhe konnten
Clara und Luger beobachten, wie trocken und brüchig der Boden war. Es gab weder
Zaun noch Gatter.
    »Tscha, Sie sind auf die Big Five aus, nich? Wollen ma sehen, was
sich da machen lässt. Hier is erstma Ihre Unterkunft.«
    Ein schwarzer Boy brachte ihre Sachen in eine Suite in der Art, wie
Meryl Streep sie in »Jenseits von Afrika« bewohnt hatte. Nach einem kurzen,
intensiven Ausflug ins Bett duschten Clara und Luger und meldeten sich am
Kamin, wo Selters schon mit zwei Männern wartete.
    »Das sin Jachdkollechen, nich? Herman und Volker. Und du bist
Adrian, nich? Ich bin Bjarne.«
    Auf Clara ging er nicht näher ein.
    »Wir fahren jetzt ma raus, und ich zeig euch die Jagd. Sie findet
ausschließlich als Ansitzjagd von Hochsitzen und Kanzeln aus statt. Alles
andere wäre zu gefährlich. Wir jagen hauptsächlich nachts und an Wasserstellen
und Salzlecken. Die Schussentfernungen liegen zwischen dreißich und
hundertdreißich Metern, nich?«
    Er musterte Clara kurz und wandte den Blick wieder ab.
»Begleitpersonen können sich so lange am Pool oder in der Sauna vergnügen. Sie
zahlen ja auch nur die Hälfte. Hahahahaha!«
    Clara fing Adrians Blick ein und nickte.
    »Meine Frau kommt mit!«, sagte er bestimmt.
    »Nein! Frauen nehme ich nicht mit. Nur schlechte Erfahrungen«, gab Selters
zurück.
    »Meine Frau kommt mit!« Luger streckte die Hand aus, Clara wirbelte
heran und warf sich an seine Brust.
    »Na denn.« Selters holte eine Dose aus der Jackentasche und sprühte
sich in den Mund. »Herman? Volker? Was dagegen?«
    Beide zuckten mit den Achseln und versuchten, sich im
Gesichterschneiden zu übertreffen.
    Selters schnitt eine Grimasse in seinem hageren Gesicht, die wie ein
Lächeln aussehen sollte.
    Luger beugte sich zu Clara. »Arschloch«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Clara nickte. »Big Five?«, fragte sie. »Kann ich mir einfach nicht
merken.«
    »Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe, Leopard. Big Five nicht wegen der
Größe. Wegen der Gefährlichkeit.«
    Schlagartig wurde es dunkel. Eine dünne Mondsichel sorgte für extrem
schwaches Büchsenlicht, doch man konnte Umrisse erkennen. Der extralange 4 WD tankte sich durch Dickbusch, Sand und
Felsen. Schließlich kamen sie an eine Gruppe Dornenbüsche, direkt neben ein
paar Felsbrocken, die aus der Gebirgskette am westlichen Horizont
herausgerissen schienen. Sie legten Matten aus, Selters verteilte Proviant und
spendierte jedem eine Büchse kaltes Bier. Sie sprachen nicht viel.
    »Da vorn ist das Wasserloch«, sagte Selters schließlich sehr leise.
»Keine Meile mehr hin.«
    Ganz in der Nähe trieb sich ein Rudel Hyänen herum. Ihr Heulen klang
schaurig. Clara schmiegte sich eng an ihren Mann. Er küsste sie auf die Stirn.
    »Ihr geht bitte da hinein«,

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