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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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lüstern wie ein brünstiger Affe und sanft wie ein Reh.
Jeder, der ihn kannte, hatte ihm etwas zu verdanken, und wer an ihn dachte,
hatte nur eines im Sinn: Ich möchte ihn gern als Freund haben oder ihm eine
kleine Freude bereiten.
    »Skandal mit Luger?«, wiederholte er Hummers Frage. »Welcher
Skandal? Vater bumst Tochter, ohne zu wissen, dass sie seine Tochter ist.
Bedauerlicherweise lässt er sich darauf ein, sie zu heiraten. Na und? Ist doch
eine herrliche Story. Filmreif.«
    Für einen Augenblick nahm Hummers Gesicht einen bockbeinigen
Ausdruck an, denn er hatte selbst zwei Töchter. Doch beim nächsten Musikstück
aus der Wurlitzer hellte sich seine Miene wieder auf. Pat Boone sang »Love
Letters in the Sand«. Das Lied erinnerte ihn an die kurze, intensive Affäre mit
einem Hollywood-Starlet, die er in einem kleinen kalifornischen Ort namens Del
Mar gehabt hatte.
    »Davon abgesehen«, sagte Smissek, »hat Claras Format spürbaren
Zuschauerschwund, vielleicht lief’s auch zu lang. Ich hab schon überlegt,
›Gegen den Wind‹ abzusetzen. Dann kam die Sache mit Luger und Clara hoch. Luger
trat sogar einmal bei Beckmann auf. Das steigert Claras Bekanntheit und
schaufelt natürlich wieder Quote rein«, sagte Smissek.
    Der Song war vorbei, der Lärmpegel im Lokal erhöhte sich wieder aufs
Übliche, also um das Dreifache. In Smisseks Gibbongesicht wurde Neugierde
erkennbar. Er fletschte die kleinen Zähne.
    »Wieso fragst du eigentlich? Ich meine, wegen der Clara. Kann dir
doch wurscht sein, oder?« Sein kleiner Mund formte sich zu einem perfekt ovalen
O. »Du hast was vor mit ihr, jetzt nach ihrer Scheidung, stimmt’s? Du warst
doch schon immer scharf auf die Kleine.«
    Hummer machte ein Gesicht wie ein Stürmer beim vergebenen Elfmeter.
»Ich? Wieso? Wie kommst du darauf?«, stieß er hervor. »Das hätt ich doch schon
lang haben können. Oder?«
    In seinem Gehirn aber funkte es. Sieht man mir das jetzt schon an?,
dachte er. Gut, dass Pit schon den Auftrag hat.
    * * *
    Nach seinem Anruf war Clara in die heiße Badewanne geflohen.
    Emil kauerte auf seinen tiefergelegten Hinterbeinen unter dem
Doppelwaschbecken und machte große Augen, als habe er noch nie eine nackte Frau
gesehen. In seinem dicken Hals pumpte es.
    Voller Grausen schlug Claras Herz noch immer so schnell, als wollte
es zerspringen. An diesen Typ hatte sie nicht mehr gedacht. Sie hätte nicht
einmal gewusst, ob er noch im Gefängnis sitzt oder nicht. »Vergiss den Kerl«,
hatte auch Adrian gesagt. »Der ist ein für alle Male geheilt.« Doch das war ein
Fehler gewesen.
    »Hier ist der Nachtigal mit einem ›l‹«, war es aus dem Hörer
gekommen. »Hast du mich schon vergessen, Liebes? Ich war lange weg, aber ich
liebe dich noch immer! Täusch dich nicht, mein Herzblatt, mir ist es todernst.
Ich höre, dein Mann ist weg? Können wir uns dann nicht treffen? Nur kurz, meine
ich, nur ein bisschen …«
    Und so ging es weiter. Bis sie entschlossen die AUS -Taste drückte. Sie musste raus. Die
Bude fiel ihr auf den Kopf. Emil schloss sie in seinen Käfig und eilte zur
Wohnungstür. Sie öffnete.
    Und hielt abrupt inne.
    In der halbrunden Wandlampe im Hausflur steckte ein großer bunter
Strauß Sommerblumen.
    Es waren tote Sommerblumen. Schlaff und verwelkt, mit hängenden
Köpfen. Zwei blutrote Blütenblätter, die von der Trockenheit fast schwarz
geworden waren, lösten sich und flatterten zu Boden. Sie schienen nicht durch
einen Luftzug abgerissen worden zu sein, sondern allein durch Claras erstarrten
Blick. Sie hatte ihre Augen auf den Strauß geheftet und konnte sie nicht mehr
davon lösen. In ihrem Kopf bestand nicht der geringste Zweifel, dass ein
Zusammenhang existierte zwischen den Blumen und dem für abgetaucht gehaltenen
Nachtigal. Das konnte ganz einfach kein Zufall sein. Wie damals schon packte
sie die Angst mit Krallen.
    * * *
    Draußen wurden die Schatten länger. Gottfried Dandlberg beobachtete
von seinem Posten unter einer hundertfünfzig Jahre alten ausladenden Buche aus
den Eingang zu Claras Haus. Die Buche stand talwärts am östlichen Rand einer
Wiese, auf der zwei Dutzend braunbunte Kühe weideten.
    Er fühlte sich beschwingt, als wäre mit den Händen zu greifen, wie
nah er Clara endlich wieder war. Nach seinem Gefängnisaufenthalt war er vorsichtig
gewesen. Er hatte sich an Lisbeth Gruber, der Bewährungshelferin, schadlos
gehalten und abgewartet. Lisbeth konnte es kaum erwarten, bis er wieder in ihre
Sprechstunde kam. Erst

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