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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Die ein wenig narbige Haut oben
zwischen den Schulterblättern. Seine merkwürdig zarten Füße, die eleganten
Hände. Sie liebte es, wenn er mit dem Finger eine Spur über ihren Rücken zog,
quer, hinauf, hinunter. Hatte er mit diesen Händen auch ihre Mutter berührt?
Hatte er seine zärtliche Leidenschaft auch mit ihr geteilt? Hatte sie mit ihm
Orgasmen gehabt, während Vater im Stall war? Wie war sie, Clara, überhaupt
gezeugt worden? Die Bilder türmten sich, überschlugen sich, verdrängten
einander. Sie versuchte, sie abzustellen, indem sie Hummer beim Schlafen beobachtete,
sein edles Profil betrachtete, aber es gelang ihr nicht.
    »Ich liebe dich!«, flüsterte sie. Sie griff hinab und zog die
Bettdecke über ihren Körper.
    Hummer lächelte und nickte, als habe er verstanden.
    Doch sie meinte nicht ihn. Sie meinte Adrian, ihren Vater.
    Der Morgen graute noch nicht ganz, da löschte Clara das Licht,
schloss die Augen und wartete, bis das Alka Seltzer wirkte.
    Als sie erwachte, war das Bett neben ihr leer. Es war spät am
Morgen, und sie spürte, wie viel sie getrunken hatte. Sie ließ den Blick durch
die fremde Wohnung kreisen und rief nach Hummer.
    »Uly? Uly!«
    Sie ging in die kleine Küche, weil sie glaubte, er bereite das
Frühstück zu. Doch er war nirgends. Auch nicht im Badezimmer. Er fehlte. Er war
weg, geflüchtet wie ein scheues Tier. Kein Grund zur Panik, dachte sie, Er wird
wiederkommen.
    Bis sie den Umschlag entdeckte. Er lag im Schlafzimmer auf der
Anrichte.
    Aha, eine Nachricht, sagte sie sich.
    Für eine einfache Nachricht war es ein dickes Kuvert. Sie riss es
auf und schüttelte es aus. Hunderteuroscheine flogen ihr entgegen. Es waren
fünf. Plus ein Zettel. Ihr Lover hatte sich abgesetzt und ihr fünfhundert Euro
hinterlassen. Und den Zettel.
    »Schlag die Tür einfach hinter dir zu. Gruß, Uly.«

FÜNFZEHN
    Eigentlich hätte sie entsetzt sein müssen.
    Doch sie hatte gelacht. Natürlich war es ein sarkastisches,
überdrehtes Lachen. Hummer war nicht ihr erster Liebhaber nach Adrian Luger
gewesen. Er war ihr erster Freier!
    Eine scheußliche Vergangenheit ging für Clara Gray zu Ende. Es war
schwer zu sagen, ob die nächste Zukunft besser werden würde.
    Barack Hussein Obama war der neue Präsident der USA , die internationale Börse zeigte
klar aufwärts, einmal mehr spielte die Finanzwelt heile Welt, als ob nichts
gewesen wäre. Adrian Luger würde lange Jahre im Gefängnis verbringen, Clara
besuchte ihren Vater regelmäßig. »Gegen den Wind« lief mit verhaltenem Erfolg
weiter, der Hype um Clara Gray hatte sich normalisiert.
    Vor Nachtigal hatte sie nicht mehr allzu viel Angst. Inzwischen
betrachtete sie seine Streiche als zum Leben gehörig und mehr oder weniger
amüsant. Er rief sie mitten in der Nacht an, und sie lachte ihn aus. Er stand
vor ihrer Tür oder passte sie im Supermarkt ab, sie nickte ihm zu. Sie bekam
Paketsendungen zugestellt, die sie nie bestellt hatte. Er schickte Blumen, die
sie dann vor die Haustür legte. In Nachtigal sah sie keine Gefahr mehr.
Allerdings hatte sie versäumt, ihr Türschloss austauschen zu lassen.
    Sie hatte sich weiterhin ein paarmal mit Hummer in dessen
Schwabinger Wohnung getroffen und damit einen neuen, gut dotierten Spielplatz
gefunden: bezahlten Sex.
    Gegen Ende des Jahres hatte er sie sogar gebeten, seine Frau zu
werden.
    »Ich geb dir zehn Millionen Euro, wenn du mich heiratest.«
    »Du bist schon verheiratet. Noch ist Deutschland nicht islamisiert.
Wie willst du mich denn heiraten?«
    »Indem ich mich scheiden lasse. Überleg’s dir, Clara. Zehn
Millionen, notariell verbrieft.«
    Gut. Sie wollte es sich überlegen.
    »Ich geb dir zwei Wochen«, sagte Hummer bestimmt.
    * * *
    Im Augenwinkel hatte Bagrat Robinson die Frau gesehen. Er war –
gehüllt in einen wallenden, übertrieben ganzvollen Mantel – die lange Treppe
heruntergekommen Richtung Ring, eingeklemmt zwischen Trainer und
Sicherheitsleuten. Sie saß in der zweiten Reihe neben einem seriös wirkenden
älteren Herrn. Diese Art Frauen kannte Bagrat. Sie werfen sich jedem an den
Hals, der Geld hat.
    Selbst in den Pausen zwischen den einzelnen Runden äugte er zu ihr
hin. Und als er den Kampf in der neunten Runde durch technischen K.o. beendete,
ordnete er an, alles über sie in Erfahrung zu bringen.
    »Alter und neuer Europameister im Cruisergewicht – Bagrat
Rooooooobinson!«, dröhnte der Ringsprecher im lieb gewonnenen Singsang.
    Noch in seiner Kabine erhielt Bagrat die

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