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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Hyde. Zwei Seelen in seiner Brust. Doch
auch dieser gesamte, lästige Komplex hinderte sie nicht daran, ihn
weiterzulieben. Mehr noch, er existierte nicht für sie, wurde aufgesogen von
den Folgen der übermächtigen Katastrophe, die ihr den Boden unter den Füßen
wegzog.
    Zögernd setzte sie sich auf die Bettkante, probierte, ob sie es
ertrug. Sie traute sich selbst nicht mehr über den Weg, konnte ihre Reaktionen
und Handlungen nicht mehr voraussagen. Sie saß da und empfand nichts. Nada . War
sie im Verlauf des langen Tages gefühllos geworden? Hatte die kurze
Scheidungsverhandlung sie vollends zerstört? Schließlich stießen auch die Sinne
irgendwann an die Grenzen der Belastbarkeit.
    Emil kam plötzlich angekrochen.
    Als sie sich zu ihm hinunterbeugte, fauchte er sie mit aufgesperrtem
Rachen an. Die blaue Zunge pendelte drohend hin und her und bewegte sich vor
und zurück.
    »Ist schon gut, Emil. Der tägliche Check deines Selbstvertrauens.«
In Wirklichkeit, dachte sie, ist’s bei dir wie im richtigen Menschenleben: Du
brauchst eine Frau!
    Durch die leicht geöffneten Fenster hörte sie ein Moped
vorbeifahren. Schnell stand sie auf und ging ins Badezimmer. Sie nahm eine der
Valiumtabletten, die sie sich vor langer Zeit einmal gegen Lampenfieber besorgt
hatte. Dann noch eine für alle Fälle. Sie saß auf dem Badewannenrand, bis ihr
schwindlig wurde.
    Einsam fühlte sie sich, sehr einsam. Ein ungewohntes Gefühl, es hing
mit Adrians Abwesenheit zusammen. Allein hatte sie sich schon oft gefühlt. Das
war an sich kein schlechtes Gefühl. Alleinsein machte sie selbstständig,
unabhängig. Aber einsam? Einsam war anders. Einsam fühlte sich so an, als müsse
sie sofort, augenblicklich unter Menschen kommen, je mehr Menschen, umso
besser.
    Ihr Handy piepte. Eine SMS .
Wer schickte ihr eine SMS ? Der
Sender? Lola? Adrian gar? Eine Nachricht zur rechten Zeit vielleicht. Sie eilte
zurück in die Diele.
    Es war Hummer. Natürlich. Hummer. Mit ihm hätte sie nicht gerechnet.
    Sie las seine Botschaft und schüttelte den Kopf. Wie ein Aasgeier
stürzte er sich auf sie. Selbst vor dem Tag der Scheidung machte er nicht Halt.
Obwohl – Hummer war attraktiv, mächtig und reich. Auf Dauer konnte sie durchaus
über ihn nachdenken.
    »Lass mich in Ruh. In zwei Monaten vielleicht oder so. Wenn meine
Dreharbeiten beendet sind«, antwortete sie ihm.
    * * *
    »Was passiert eigentlich jetzt mit Clara Gray nach dem Skandal mit
Luger?«, fragte Uly Hummer. »Hat ihr das geschadet?«
    Er und Smissek saßen sich im Schatzi gegenüber, ihrem Schwabinger
Wohnzimmer, das innen aussah wie eine Kreuzung aus Raumschiff und Almhütte. An
der Rückwand, neben dem Ausgang zu den Toiletten, eine alte Wurlitzer,
Prunkstück einer Musikbox aus den fünfziger Jahren. Jeder im Schatzi kannte die
beiden Herren, aber keiner außer der attraktiven Bedienung quatschte sie an.
Vor ihnen standen eine Flasche Weißwein im Eiskübel und gekühlte, beschlagene
Gläser. Hummer trug ein silbernes Seidenjackett, das farblich hervorragend zu
seinen Schläfen passte. Das gebräunte Cary- Grant-Gesicht wies keinerlei
markante Altersspuren auf. Ein spöttisches Lächeln spielte um seinen Mund.
    Sein Gegenüber, der Fernsehproduzent Dieter Smissek, sah der
seltenen Rasse der Gibbonaffen nicht unähnlich: dreieckiger Kopf, kleines,
missmutiges Gesicht, umrahmt von einem braunen Seemannsbart, tiefschwarze
Augenringe, Haare, die einer braunen Pelzmütze glichen, und Arme bis zum Knie.
Allerdings war er, unähnlich dem Gibbon, mächtig wie ein Gorilla, dem man
Hormone verpasst hat.
    Beide Herren waren, obwohl verheiratet, eingefleischte
Individualisten. Und beide hatten, das wussten sie selbst am besten, schon
manchem Mädchen aus einer Verlegenheit heraus- und in eine andere
hineingeholfen. Und darum ging es. Es ging nicht so sehr darum, dass Hummer
etwa besorgt um Clara Gray gewesen wäre. Und auch Smisseks Interesse
beschränkte sich rein auf das Ausschlachten der Möglichkeiten, mit Clara Geld
zu verdienen.
    Bevor er Hummer antwortete, nahm Dieter Smissek seinen Hut ab. Das
war ein gutes Zeichen, denn Smissek lupfte den Hut nur bei besonderen
Gelegenheiten. Ganz Schwabing wusste, dass Hummers Spezl vor nichts Angst
hatte, außer davor, dass sein Kopf nass werden könnte. Deshalb trug er, ob
Sommer oder Winter, diesen ausgebeulten schwarzen Hut mit breiter Krempe.
Smissek lebte, und das war das Geheimnis seines Erfolgs, in einer erregenden
Wunderwelt. Er war

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