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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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    »Den sind wir los«, sagte er fröhlich. Ein näselndes Sächsisch ließ
sich offenbar nicht vermeiden.
    Clara spürte instinktiv, dass von ihm keine Gefahr drohte. Ein Mann,
der auch im Sitzen groß und athletisch wirkte mit einem schwarzen Schnurrbart
wie einst Tom Selleck in »Magnum«. Sie hatte diesen Mann schon gesehen. Nein,
mehr noch. Sie kannte ihn. Bloß … woher?
    Pit Vogel hatte sich auf die Fahrerseite geschwungen und lenkte den
Wagen nach München. Zuerst hatte Clara leise protestiert. Doch sie war so
glücklich, aus Nachtigals Klauen befreit worden zu sein, dass sie zu allem Ja
und Amen sagte. Während der Fahrt ließ sie sich sogar bereitwillig erzählen,
wie Vogel in Hummers Dienste gekommen war.
    »Ich komme aus der Brangsche«, sagte er. »Ich war Detektiv. Und hab
mich schon immer für Autos und Fußball interessiert. Genau wie Uly Hummer. Aber
das war nicht der Grund. Der Grund war der Strafzettel, der unter dem
Scheibenwischer seines Jaguar klemmte. Er parkte in der Maximilianstraße
gegenüber vom Vier Jahreszeiten. Und ich mit meinem uralten Käfer parkte genau
hinter ihm. Eine Wolkenfront zog grad von Westen heran. Nebenbei bemerkt: Alles
Schlechte kommt von Westen. Ich hatte also auch so einen Zettel, und wir
erwischten uns beim Schimpfen. Ich weiß noch wie heute: Er trägt einen
uniblauen Anzug, hat eine Kappe in den Bavariafarben auf dem Kopf und einen
Schal in den Bavariafarben um den Hals. Ich hab ihn nicht erkannt.
    ›Aha, Bavariafan‹, ulke ich.
    Belustigt sieht er mich an. ›Ich bin ein Sechzger, sieht man doch‹,
und deutet auf seine Kappe.
    ›Na klar, sieht man doch.‹ Ich blöder Kerl hab den Hummer
tatsächlich nicht erkannt.
    Und so weiter. Ein Wort gibt das andere.
    ›Ich muss nach Haus. Zu meinen Echsen‹«, sagt er plötzlich.
    ›Echsen? Alligatoren? Die einzigen Echsen, die ich kenne.‹
    ›Ach was. Tannenzapfenechsen. Kennt kein Schwein. Das Problem ist‹,
sagt er, ›die hauen immer ab. Kanalisation. Garten. Straße. Hausdach. Was weiß
ich.‹
    Und ich hake nach, nur so zum Spaß: ›Na, dann könnt ich sie ja
bewachen.‹ Da hatte ich endlich bemerkt, wer der Herr ist. Und wollt mal sehen,
was da geht.
    ›Kruzitürkn‹, sagte er. Ja, wahrhaftig, er sagt: ›Kruzitürkn.
Verarschen Sie mich nicht. Ich such tatsächlich jemanden.‹«
    Pit Vogel sah flüchtig zu Clara und tätschelte ihren Oberarm.
    »Und so kamen wir zusammen, der Herr Hummer und ich. Als er erfuhr,
was ich mache, hat er mich sofort eingestellt. Er hatte bis dahin noch keinen
Bodyguard.«
    Clara traute ihre Ohren nicht. Tannenzapfenechsen! Außer Emil kannte
sie die nur aus dem Kölner Zoo. Schade, dass Emil zu Hause im Käfig saß.
    »Fahr mich zu ihm!«
    Kurz darauf parkten sie in Schwabing vor dem Schatzi, diesem
sympathischen, überfüllten Lokal mit Weinflecken auf dem Tischtuch und viel
Geschwätz in fremden Zungen. Hummer und Smissek saßen immer noch da.
    »Du hast Tannenzapfenechsen?«, fragte sie Hummer aufgeregt. »Wieso
weiß ich das nicht?«
    Hummer und Pit Vogel tauschten Blicke.
    »Hast du ihr davon erzählt?«, rief Hummer ihm zu.
    Die Antwort klang nach Hackenzusammenschlagen. »Jawoll, Chef!«
    Bevor die zweite Flasche Veuve Cliquot leer war, schickte Hummer Pit
Vogel weg, und Smissek verabschiedete sich. Eine weitere Stunde und eine
Flasche später landete Clara in einem hohen, breiten Haus in der Nähe des
Englischen Gartens, wo Hummer eine Wohnung besaß. Ein gläserner Aufzug brachte
sie nach oben. Die Wohnung bestand hauptsächlich aus einem Bett von der Größe
eines Schlachtfelds und einem Kühlschrank, der nicht durch die Tür passte.
Clara legte eine wilde, unstillbare Neugier auf Hummers Vergangenheit und auf
die Herkunft seiner Echsen an den Tag, bevor sie sich ausgiebig der Gegenwart
widmeten. Dabei entging es ihrer Aufmerksamkeit – bei ungelogen eins Komma acht
Promille –, dass Hummer weder eine Ahnung von Echsen hatte noch solche besaß.
    Sie hatte sich ausmalen können, wie das enden würde mit Hummer. Er
war verheiratet, hatte zwei Töchter. Doch warum eigentlich nicht? Sie war
niemandem Rechenschaft schuldig, sie war frei.
    Heimlich musterte sie den Mann neben ihr.
    Hatte Adrian, ihr Erzeuger, sich so das Bett mit ihrer Mutter geteilt?
Sie neigte den Kopf zurück und schloss die Augen. Ihr Bauch war angefüllt mit
tiefem Schmerz. Bilder tauchten auf. Sie spürte Adrians Atem in ihrem Nacken.
Strich über die blasse Haut an seinem Innenarm.

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