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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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als er in der Zeitung las, dass Adrian Luger verurteilt
wurde, fasste er den Mut, bei Clara wieder anzugreifen.
    Er konnte nur hoffen, dass sie ihre Wohnung verließ und seinen
Blumenstrauß bemerkte. Und auch den richtigen Schluss daraus zog. Er schätzte,
dass sie zu Tode erschrecken würde. Die andere Unsicherheit war: Würde sie sich
wieder in die Wohnung zurückziehen, oder würde sie aus dem Haus flüchten? Dann
erst würde sie ihm in die offenen Arme laufen. Denn diesmal hatte er vor, Ernst
zu machen. Er hätte sie auch in ihrer Wohnung besuchen können, die alte Dame
vom Obergeschoss befand sich außer Haus, das hatte er gecheckt. Doch sie
unterwegs abzufangen und ihr seine Liebe zu beweisen, dazu brauchte es weit
mehr Mut. Und den wollte er ihr beweisen.
    Während er wartete, kam ihm spontan eine weitere Idee. »Eins nach
dem anderen«, sagte er halblaut. Er hörte seine eigene Stimme. Bedächtig.
Vernünftig. Auf seinem Gesicht breitete sich tiefe Zufriedenheit aus.
    Dadurch, dass das Haus auf einer Anhebung errichtet war, befand sich
der Hauseingang oberhalb seines Kopfes. Entlang der Kuhweide, die bis an das
Sträßchen reichte, an der das Haus lag, wuchsen kleinere Buchen, vielleicht
Abkömmlinge der großen, unter der er sich aufhielt. Die Sonne verschwand hinter
der Rampoldplatte im Westen, als Gottfried sich von einem Baumstamm zum anderen
weitertastete und, ohne zu zögern, in die dunklen Schatten neben dem Gebäude
schlüpfte. Ihr Auto stand in der Einfahrt. Hinter der Einfahrt befand sich ein
alter Holzzaun mit einem Zugang zum rückwärtigen Garten. Von dort führte eine
Steintreppe zu einer Kellertür.
    Gottfried Dandlberg wartete eng an die Außenwand geschmiegt, das
geflieste Eingangspodest im Blick, als sich die Haustür vorsichtig öffnete.
    Nach dem Bad hatte Clara bei Lola angerufen, aber es meldete sich
niemand. Vielleicht hatte sie den Anruf nicht gehört oder war sonst wie
beschäftigt. Oder ihr Handy lag wieder einmal irgendwo im Auto oder in der
Tasche herum.
    Den kaputten Blumenstrauß entsorgte sie mit spitzen Fingern im
Mülleimer hinterm Haus und ging zurück zur Haustür. Sie drehte den Schlüssel
zweimal im Schloss, sah sich um, hastete die paar Schritte zum Wagen, riss die
Tür auf, warf sich auf den Sitz und wollte den Motor anlassen.
    Doch sie kriegte den Schlüssel nicht ins Zündschloss.
    Sie fühlte ein Zucken, einen Muskelkrampf quer durch ihren Körper,
und sie musste sich anstrengen, ihn unter Kontrolle zu halten. Ihr Atem ging
flach und stockend. Erst als sie sich bewusst zur Ruhe mahnte, hustete der
Motor einmal, dann sprang der Wagen endlich an. Irgendwie hatte sie das Gefühl,
als habe sie damit auch die Zeitschaltuhr einer Höllenmaschine ausgelöst, die
jeden Augenblick explodieren könnte. Die Technomusik aus Bayern 3 übertönte das
Motorengeräusch.
    Clara hatte das Gefühl, als würde sie beobachtet. Sie schaute
angestrengt nach vorn, und doch war ihr, als sähe sie von hinten einen Schatten
nahen.
    Sie drückte aufs Gas. Der Wagen bockte, aber rührte sich nicht von
der Stelle. Die Handbremse! Sie befeuchtete die Lippen und griff zur
Handbremse.
    In diesem Moment wurde die Beifahrertür aufgerissen.
    Clara schnappte in panischer Angst nach Luft. Zu schreien gelang ihr
nicht.
    Nachtigal saß schon neben ihr und grinste sie an. Zum ersten Mal
bemerkte sie, dass er schadhafte Zähne hatte. Dann geschah etwas, woran sie
sich noch Monate später erinnern würde: Sie wurde sehr ruhig, beinahe
teilnahmslos. Keinerlei Hilflosigkeit machte sich breit.
    »Wir fliegen gleich in die Luft, Arschloch«, sagte sie. Obwohl sie
in gelassenem Ton sprach, schwang so etwas wie Autorität in ihren Worten mit.
    Zuerst riss der Mann neben ihr den Mund weit auf. Er sah aufrichtig
überrascht aus. Dann wieder hatte er nur ein spöttisches Lächeln übrig.
    »Den Satz kenn ich«, sagte er. »›Gegen den Wind‹, dritte Folge,
zweite Hälfte. Nun sag ich dir aber einen aus der siebten Folge: ›Fahr los, du
Schlampe!‹«
    War das, was sie eben durchmachte, der Beginn einer Entführung?
Diesem infantilen Typ neben ihr war alles zuzutrauen.
    Ihr Gedankengang wurde schlagartig unterbrochen. Nachtigal stand
plötzlich senkrecht im Sitz, zwei fremde Hände um seinen Hals.
    Das Gerangel dauerte keine Minute. Dann hatte Nachtigal den Türgriff
gefunden, die Tür aufgerissen und war geflüchtet. Der Mann, der sehr entspannt
auf dem Rücksitz saß, machte keinerlei Anstalten, ihm zu

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