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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Schultern hinter Rico, als befände er sich
auf der Flucht. Der kahl geschorene Kopf machte ihn nicht schöner.
    »Vamos«, erklärte Rico Stahl und legte dem Mann einen Arm um die
Schulter. »Noch nie von Vamos gehört?«
    Ottakrings Augen leuchteten auf. »Vamos!«, brachte er schnaufend
    heraus. »Das ist Vamos? Der Vamos?« Ungläubig musterte er ihn von oben bis
unten. »Kommen Sie!«
    Rico Stahls nach hinten gegeltes Haar und die intellektuelle Brille
waren nicht seine einzigen hervorstechenden Merkmale. Wache Augen, die überall
zu sein schienen, ein ernster Mund, der gern lachte, hohe Wangen. Auch heute
steckte er wieder in einem Anzug – eine elegante Erscheinung, unüblich in der
Kriposzene. Er wirkte, als sei er schon im Smoking zur Welt gekommen.
    »Wird Frau Toledo noch auftauchen?«, fragte Stahl.
    Ottakring zuckte wortlos mit den Schultern, ging hinüber und holte
sich ein Bier.
    Vamos schlich an der gegenüberliegenden Wand nach hinten. Dort
setzte er sich auf die Kante des langen Tischs mit den Getränken und der
Brotzeit.
    Es verstieß gegen ein ungeschriebenes Gesetz, Gäste von außen zu
einer Betriebsfeier einzuladen. Man sah Ottakring an, wie er darüber dachte,
auch wenn es sich um den berühmt-berüchtigten Vamos handelte. Vamos hatte in
Polizeikreisen deutschlandweit einen Ruf wie Billy the Kid oder Doc Holliday im
Wilden Westen. Ottakring zapfte sich ein Bier, nahm zwei Schluck und stellte
das Glas am Fenstersims ab.
    Rico stellte sich schweigend neben ihn, auch ein Glas in der Hand,
und sah durchs offene Fenster auf den Innenhof hinaus. Es war das erste Mal.
    Schön konnte man den Neubau des Polizeipräsidiums nicht nennen.
Beton, Asphalt, endlose Fensterreihen, symmetrisch geparkte Fahrzeuge. Über der
gesicherten Einfahrt hoben sich einige große Laubbäume drüben zur Loretowiese
hin ab. Es war ein gemütlicher Sonntagnachmittag, die Sonne stand hoch, und die
Bäume warfen dunkle, kühle Schatten. Ab und zu fuhr ein Auto vorbei, kein Vogel
war zu hören. Hinter ihnen Stimmengewirr und der Duft roher Zwiebeln.
    »Haben Sie noch immer keine Spur von Ihrer Frau?«, fragte Rico.
»Keine Nachricht, keine Forderung, keinen Hinweis?«
    Langsam schüttelte Ottakring den Kopf. »Nichts«, sagte er mit
Grabesstimme. »Nichts. Absolut nichts.«
    »Es tut mir leid. Kann mir denken, wie Sie sich fühlen. Umso mehr
freue ich mich, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.«
    Er hielt kurz inne und blickte Ottakring ernst an. »Haben Sie eine
Ahnung, wo Chili Toledo ist? Sie kennen sie besser als jeder andere hier. Ist
sie sauer auf mich?«
    Rico wusste, dass die Oberkommissarin sich Hoffnung auf den Chefposten
gemacht hatte. Doch Stellvertreterin ist auch nicht das Schlechteste für eine
Frau in ihren jungen Jahren, dachte er.
    »Schwimmt wahrscheinlich auf einer Eisscholle durch die Arktis«,
knurrte Ottakring. »Nur um weit weg zu sein an solch einem Tag.«
    »Na. Hoffentlich wird sie nicht vom Eisbären geknackt, das Mädel.«
Der athletische Rico war einen halben Kopf größer als Ottakring. Er hielt sein
Glas mit beiden Händen umfasst, sein Rücken war gerade wie mit dem Lineal
gezogen.
    Ottakring musste Schwierigkeiten mit der Wirbelsäule haben, fiel
Rico auf, so wie er sich an Sims und Tisch abstützte. Kantiges Gesicht, dunkle
Augensäcke, etwas schütteres Haar, der Mund wie ein Strich – er kannte den
Kriminalrat bisher nur von Fotos.
    »Herr Ottakring, der spinnt, der Mo!« Der Huawa kam laut rufend
angewieselt und packte Ottakring am Jackett. Er versuchte ihn mitzuziehen und
fuchtelte wie blöd nach hinten zur Wand hin.
    Rico folgte seinem Blick.
    Vamos hatte sich in eine Ecke des Raums zurückgezogen, kehrte ihnen
den Rücken zu und hatte den Kopf gesenkt. Das vertraute, unverwechselbare
Geräusch der kreisenden Trommel eines Revolvers erfüllte den Raum.
    »Sagen Sie …«, begann Ottakring.
    Stahl lachte. »Ja, Sie hören richtig. Vamos ist der Star unter den
verdeckten Ermittlern beim BKA ,
wie Sie wissen. Seine Spezialität im Nebenberuf ist Russisches Roulette. Er
wird uns gleich eine kleine Kostprobe geben, wie ich den Laden kenne.«
    Vamos war aufgestanden und ging ruhig und gemütlich hinüber zu dem
Tisch, auf dem das Bierfass stand. Es war ihm anzusehen, dass ihm klar war,
dass jeder seiner Schritte beobachtet wurde. Er lehnte sich an den Tisch, hielt
mit der Linken die Waffe in der Hand, schwenkte mit der anderen die Trommel
kurz aus, klinkte sie wieder ein und ließ sie

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