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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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trat er vor den mannshohen Spiegel. Rico war ein
groß gewachsener, durchtrainierter Mann mit keinem Gramm Fett an den Hüften. Er
war ehrgeizig, hatte eine zwei Komma zwei Zentimeter lange gutartige Zyste an
der linken Niere, Arme, Brust und Rücken zierten ein paar hässlichen Narben,
die vom Kampfsport und früheren Einsätzen herrührten. Doch das machte ihn umso
attraktiver, fand er, und als erfreulich munterer Gutmittdreißiger sah er noch
immer gut aus. Kein Wunder, dass Mädchen wie dieses auf ihn flogen. Er wischte
den Wasserdampf vom Rasierspiegel und fuhr sich prüfend übers Kinn.
    Er nickte, zog einen gedeckten Zweireiher und eine
anthrazitgrundierte Krawatte mit springenden Gazellen an, weckte die junge
Frau, geleitete sie zur Tür und verabschiedete sie. Sie atmete scharf ein,
spuckte vor ihm zu Boden und wandte sich grußlos ab. Er mochte das Grübchen im
linken Mundwinkel, das ihren Zorn markierte. Mit schlechtem Gewissen schloss er
die Tür.
    Im Stehen trank er zwei schnelle Tassen Tee, warf dabei einen kurzen
Blick auf seine Devisen-Plattform am laufenden Laptop, überzeugte sich vom
fallenden Dollar und steigenden Yen und schaltete ab.
    In seiner geräumigen Zweizimmerwohnung war es trotz des Föhnwetters
kühl. Er bewohnte das erste Stockwerk eines Hauses im westlichen Landkreis
Rosenheim nahe Bad Aibling, das früher Ruth Leuwerik gehört hatte, einer
Filmberühmtheit in weit zurückliegenden Tagen. Im Untergeschoss des Hauses war
eine Abteilung des Forstamts untergebracht.
    Wie jeden Tag machte Rico Stahl auf dem Weg zur Garage kurz halt und
schaute nach Süden. Die Fernsehantenne auf dem Wendelstein ragte wie ein
spitzer Finger in den weiß-blau gescheckten Himmel, die Bergkette war zum
Greifen nah. Ein Bussard schwebte hoch über dem Zwiebelturm der Kirche und
stieß spitze, klagende Schreie aus.
    Lautlos fuhr das Garagentor hoch. Drinnen stand das Automobil mit
dem Kennzeichen RO-LY 260. Der
Schlitten war neu, und bis vor Kurzem hatte er die stolze Nummer RO-RS 666 getragen. Nach wenigen Tagen
hatte Rico gemerkt, wie verräterisch dieses Kennzeichen war, und hatte es
schleunigst wieder gewechselt. Der ganze Ort hatte mitbekommen, wenn sein
schwarzer Golf Plus beim Friseur oder vor dem Supermarkt parkte. Auffälliger,
die Nummer, als ein knallroter Testarossa. Ein Fehler, den er gar nicht erst
hätte begehen dürfen.
    Er legte den Rückwärtsgang ein, fuhr mit der Fernbedienung das Tor
herunter und vermied beim Anfahren, dass der Kies spritzte.
    * * *
    Josef Ottakring stutzte, als er den fremden Mann im Anzug an dem
leeren Schreibtisch gegenüber Chilis Arbeitsplatz sitzen sah. Vor drei Minuten,
als sie Kaffee holen gegangen war, war der Stuhl noch leer gewesen. Er hatte
den Mann noch nie gesehen. Konnte man so einfach mir nichts, dir nichts im
Polizeipräsidium ein und aus gehen?
    Als Chili Toledo mit dem Kaffee zurückkam, gab er ihr einen Wink.
Sie verstand sofort.
    »Wer sind Sie?«, fragte sie den Fremden. »Was wollen Sie hier?
Wissen Sie, wo Sie sich befinden?«
    Ein überlegenes Lächeln spielte um die Lippen des Mannes. Durch die
Narbe in seinem Mundwinkel geriet es etwas schief. Er hatte das Haar straff
nach hinten gegelt, trug Brille und eine ungeheure Lässigkeit zur Schau. Dabei
verzog er keine Miene und sprach kein Wort. Die Situation war so bizarr, dass
sie fast schon lustig war.
    Chili griff zum Handy. »Huawa, kommen Sie mal kurz hoch? Jetzt!«
    Sekunden später stand der Pförtner unter der Tür. »Ja? Wos is?«
    »Diesen Herrn da«, sagte Chili. »Entfernen.«
    Der Herr da rückte die fetzige Brille zurecht, zog eine Augenbraue
hoch und strich vorsichtig über das glänzende Haar. Es war eine geübte Geste.
Ottakring fühlte sich an einen populären bayerischen Politiker erinnert, er kam
nur grade nicht drauf, an welchen.
    Artur Josef Huber, genannt Huawa, zwirbelte nachdenklich an seinem
bayerischen Schnauzer herum. Ihm fehlten zwei Finger der rechten Hand. Seine
Backe war von einer falsch getimten Tresorexplosion unsauber vernarbt. Nachdem
sich die Rädchen im Kopf des Exknackis wieder beruhigt hatten, trat er zwei
Schritte vor.
    »Habedehre. Also, gemmer, gemmer«, sagte er und streckte einen Arm
nach dem Fremden aus.
    Im Raum wurde es still. Neben Ottakring und Chili waren noch drei
weitere K 1ler im Raum. Ein leises Klicken war zu hören. Als wäre eine
Pistole entsichert worden.
    Auf den Mann senkte sich ein Kreuzfeuer aus bösen Blicken herab. Er
schloss die Augen

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