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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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werden ihn ein wenig beobachten. Ein Ergebnis werden Sie
selbstverständlich am besten gleich gestern brauchen«, scherzte Lorenzen.
    »Absolut«, gab Rico mit Grabesstimme zurück.
    * * *
    Chili war erstaunt, dass die Tür zu Gottfried Dandlbergs Wohnung
sperrangelweit offen stand.
    Zwischen die Türpfosten war ein Rahmen geklemmt, der mit einem
engmaschigen Netz bespannt war. Ein Modell, wie es bei der Aufzucht von Hühner-
oder Entenküken verwendet wird. Jenseits dieser Sperre lag ein gut halbmeterlanges
Vieh platt am Boden, das Chili noch nie gesehen hatte. Weder schlief es, noch
wachte es, es tat beides zugleich. Es hob auch nicht den Kopf, als es Chili
kommen sah. Nur die schillernden schwarzen Knopfaugen waren auf sie gerichtet.
Das Wesen sah aus wie ein übergroßer erdfarbener Tannenzapfen mit Augen und
Beinen und war Chili auf Anhieb sympathisch.
    Sie beugte sich über den Maschenzaun und hatte das seltsame
Bedürfnis, das Tier hinter den Ohren zu streicheln. Doch das plötzlich bis zum
Anschlag aufgesperrte Maul, die giftig blaue Zunge und ein feuriges Fauchen
hielten sie davon ab. Ein Abkömmling der Komodowarane, die sie im TV gesehen hatte?
    »Herr Dandlberg«, rief sie in die Wohnung hinein.
    Keine Antwort. Sie rief den Hausflur hinunter, noch einmal in die
Wohnung hinein, in voller Lautstärke.
    »Herr Daaandlberg!«
    Keine Resonanz.
    Sie beäugte das Tier. Es könnte sie beißen oder anspringen oder mit
Gift bespucken. Ob Dandlberg eine Erlaubnis hatte, dieses Monster zu halten?
Und wo war er? Unschlüssig stand sie da und ließ sich bläulich anfauchen.
    Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Die geheimnisvollen
Kratzspuren! Hatte sie es hier mit Claras Haustier zu tun, und sollte Dandlberg
es eingepackt und mitgenommen haben?
    Sie nahm ihren Mut zusammen und machte Anstalten, über das Gitter zu
steigen.
    »Halt!«
    Dandlberg stand plötzlich im Halbdunkel des Flurs.
    »Was wollen Sie, Frau …?«
    Sie erklärte es ihm.
    »Kommen Sie rein. Der Emil tut nix.«
    Sie hatte recht mit ihrer Vermutung. Das Monster war eine Tannenzapfenechse
und hieß Emil. Dandlberg kannte Emil von seinen Begegnungen mit Clara und
seinen unerwünschten Hausbesuchen. Mit dieser Erklärung konnte Chili sofort
etwas anfangen.
    »Und als Clara tot dalag, habe ich ihn mitgenommen.« Treuherzig hob
Gottfried die Augen zum Himmel. »Erstens hab ich mit Emil ein lebendiges
Andenken an Clara. Und zweites: Was will die Polizei mit diesem Vieh?«
    Chili glaubte ihm. Nebenbei warf sie einen intensiven Blick auf
seine Schuhe. Größe zweiundvierzig, dreiundvierzig, keinesfalls mehr.
    Sie rief Huawa an und erklärte ihm die Situation. »Bitte kümmer dich
drum.«
    »Klar, mach ich. Habedehre«, flötete der Huawa.
    * * *
    Rico rang lange mit sich, wie er Stella begegnen sollte. Rein
dienstlich oder – seiner Neigung entsprechend – das Dienstliche mit privater
Neugierde und erotischem Interesse verbindend. Er wusste vorher, dass er sich
für Letzteres entscheiden würde. Schließlich gab er sich der roten Sonne der
Begierde hin.
    Stella war eine Frau mit Rosenknospenmund, majestätischen Brustwarzen
und kompakten Schenkeln. Er schlief mit ihr in dieser Nacht wie seit Wochen mit
keiner Frau – Chili inklusive. Beide waren von einer Härte, als wollten sie
daran sterben, beißend, krallend, kratzend, keuchend, Widerstand leistend und
brechend, überwältigend. Erst gegen Morgen kam er zum dienstlichen Teil.
    Es stellte sich heraus, dass Stella und Clara Gray häufig zusammen
im Café Funkania gesessen und sich unterhalten hatten. »Ein paarmal sind wir
auch miteinander abgehangen«, sagte Stella. »P 1, Rossini und so. Ich
glaub, ich kenn ihr ganzes Leben. Claras Biografie ist bestimmt interessanter
als ihre Autopsie.«
    Da konnte Rico Stahl nicht widersprechen. Auch er hatte sich bereits
das Puzzle ihres Lebens zusammentragen lassen. Wenn die beiden jedoch so
befreundet waren, wie es klang, warum hatte Stella dann ihre Freundin als
Schlampe bezeichnet? Und warum hatte sie sich nicht schon früher gemeldet? Was
steckte dahinter?
    Rico wurde sachlich, soweit ihm das nach dieser Liebesnacht möglich
war. Er hüllte sich in einen Bademantel und stieg von Champagner auf
Mineralwasser um.
    »Habt ihr euch vor ihrem Tod verkracht?« Ihm lag noch die Frage
»Hast du sie etwa selbst erstochen?« auf der Zunge, die er aber unterließ.
Stattdessen zog er sich auf sein Gefühl für Frauen zurück. »Ist sie dir in die
Quere gekommen?
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