Spiel, Kuss & Sieg
so wie eine exotische Blume einer Biene ihren Nektar preisgab. Die Realität spielte keine Rolle mehr. Die Vergangenheit bedeutete nichts mehr, die Zukunft war ohnehin unbegreiflich. Alles, was zählte, war das Jetzt … und das Wahrwerden all ihrer erotischen Teenagerfantasien.
Sie lag in Alejandro D’Arienzos Armen, und er küsste sie voller Leidenschaft.
Alejandro hob den Kopf und schaute Tamsin an. Seine Augen schimmerten dunkel wie alter Cognac, ein Blutstropfen rann über seine Lippen, die Intensität hatte die Verletzung, die er beim Rugbyspiel erlitten hatte, wieder aufplatzen lassen.
Er ließ seine Hände nach oben wandern, massierte mit den Daumen ihr hart aufgerichteten Knospen. Instinktiv schlang Tamsin die Beine um seinen Leib, presste sich an ihn, schmiegte sich an die untrüglichen Zeichen seiner Erregung.
Sie öffnete den Mund zu einem atemlosen Seufzen, ihre Augen waren weit geöffnet. Sie schwebte über einem wunderbaren namenlosen Abgrund. Sie schaute auf und sah in Alejandros Gesicht.
In sein kaltes, völlig emotionsloses Gesicht.
Bevor sie noch reagieren konnte, hatte er sie losgelassen und einige hastige Schritte vom Tisch weg gemacht.
„Ich denke, wir haben hinreichend bewiesen, dass deine billigen Verführungsversuche ihr Ziel weit verfehlt haben“, sagte er spöttisch. „Es ist nicht so, dass ich mich per se nicht für Frauen interessiere. Nur verwöhnte kleine Mädchen, die Sex als Mittel zum Zweck einsetzen, machen mich nun mal nicht an. Tut mir leid.“
Bunte Lichter tanzten vor Tamsins Augen. Einen schrecklichen Moment glaubte sie, in Ohnmacht zu fallen. Oder sich übergeben zu müssen.
Sie schloss die Augen und versuchte, gegen das Gefühl der Unwirklichkeit anzukämpfen. Mit letzter Kraft zwang sie sich, die kläglichen Reste ihres Stolzes zusammenzusammeln, die ihr die Kraft verleihen würden, ihm ganz genau zu erklären, was sie von Männern hielt, die Frauen wie Laborratten für ihre grausamen Experimente missbrauchten.
Doch als sie die Augen wieder aufschlug, war Alejandro fort.
4. KAPITEL
Ein verzweifeltes Keuchen entrang sich Tamsin Kehle, als sie ihr Spiegelbild betrachtete.
Möglich, dass die Spiegel in der Damentoilette von Twickenham eher auf Funktionalität, denn Schmeichelei ausgerichtet waren, doch es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie grauenhaft aussah. Die Haut wirkte blass, die Lippen ausgebleicht, die einzige Farbe rührte von den bläulichen Schatten unter ihren Augen her.
Im Moment würde sie sich lieber in der hintersten Ecke verkriechen, als sich der Horde von Fotografen und Journalisten zu stellen, die jedes noch so kleine Sportmagazin Englands hergeschickt hatte. Aber ihr blieb keine andere Wahl. Ihr Vater und die anderen Vertreter der RFU warteten auf sie – und sie erwarteten eine tadellose Präsentation.
Mit zitternden Händen trug sie Lippenstift auf. Bei der sanften Berührung wurde sie schmerzhaft daran erinnert, wie sie sich unter Alejandros wilden Küssen angefühlt hatten.
Nein!
Daran durfte sie jetzt nicht denken. Sie musste jetzt wie eine mit allen Wassern gewaschene Designerin vor die Presse treten, nicht wie ein Häuflein Elend aus der Gruft. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, sich wieder und wieder diese eine Frage zu stellen, die sie schon die ganze Nacht über wach gehalten hatte.
Wie hatte sie nur so dumm sein können?
Sich einmal von ihm demütigen und zurückweisen zu lassen, war schlimm genug. Ihm diese Gelegenheit ein zweites Mal zu geben … Das grenzte schon an Unzurechnungsfähigkeit.
Und doch hatte sie ihn nicht zurückhalten können. Es war, als sei sie in jener Nacht in Harcourt Manor in einen Zustand geistiger Betäubung verfallen. Seit sechs Jahren war sie der Welt wie ein ganz normaler Mensch erschienen, eine gesunde, erfolgreiche, junge Frau. Selbst ihre Schwester Serena, der sie sehr nahe stand, hatte keine Ahnung, dass sie unter der Oberfläche vollkommen erstarrt war. Wie eine Uhr, die aufgehört hatte zu schlagen.
Bis gestern Nacht.
Sie presste die Handflächen gegen die Wangen, als abermals die Tränen aufzusteigen drohten. Große Mädchen weinen nicht, hatte ihr Vater immer gesagt. Als Tamsin geboren wurde, war Serena bereits zwei Jahre alt. Sie war das hübsche Mädchen mit den blonden Locken. Tamsin wurde dementsprechend die Harte, Zähere der beiden. Ihr Vater akzeptierte sie als den Sohn, der ihm nicht vergönnt war. Tränen sind etwas für Babys, hieß seine Devise. Und Tamsin
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