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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Ort.«
    »Na und?«, entgegnete Krux. »Das ist aber nix Gemeinsames.«
    »Immer langsam. Sie haben beide einen Windpark.«
    »Na und?«
    »Was ist der Unterschied?«
    »Was weiß ich.«
    »Der eine wird erweitert, der andere vergammelt.«
    »Na und?«
    »Ich dachte, Sie spielen gern.«
    »Sie können mich mal.« Krux wandte sich ab.
    »Na, na, na«, machte der Wirt. »Die drehen sich da drüben im Kreis, wie ein Windrad, ha ha! Wird Zeit, dass mal frischer Wind in die Diskussion kommt, ha ha!«
    Krux horchte auf.
    »Aber Sie sind ja leider pleite, oder?«
    Krux zuckte mit den Achseln.
    »Aber nicht dumm, oder? Da steckt jede Menge Kohle drin, für einen der Grips hat.« Der Wirt tippte sich an die Schläfe. »Wie Sie.«
    Im Grunde verstand Krux kein Wort. Die Worte des Wirtes drehten sich im Kreis. Er hatte keinen Nerv für Spielchen dieser Art, Wortspiele, bei denen es nichts zu gewinnen gab.
    Er zahlte für das eine Bier, zog ab und stieg draußen vor der Kirche in seinen Bus. Die Turmuhr zeigte kurz vor elf. Er lehnte sich zurück, gähnte ausgiebig, schloss die Augen und überlegte kurz, nach hinten zu klettern und einfach bis zum nächsten Morgen auf dem Parkplatz stehen zu bleiben. Aber als die Turmglocke die volle Stunde läutete, warf er den Motor an. Er wollte nicht stündlich von Kirchengebimmel geweckt und daran erinnert werden, wie schlecht es ihm ging.
    Er wendete und verließ Tondorf über eine Nebenstraße. Das gelbe Ortsschild beachtete er nicht. Ein Ort war so gut und so schlecht wie der andere. Zwischen irgendwelchen dieser Orte, dort, wo Hase und Fuchs sich gute Nacht sagten, wollte Krux ungestörten Schlaf finden. Nach dem letzten Haus folgten Felder und Wiesen, aus denen der Nebel stieg. Am Horizont zeichnete sich der Waldrand ab, spitz und schwarz ragten die Fichten in den Himmel. Als Krux die erste Baumreihe erreichte, bog er auf einen holperigen Waldweg ab. Nach ein paar Metern blieb er stehen, schaltete Motor und Scheinwerfer aus, und die plötzliche Dunkelheit und Stille fielen wie eine Decke über ihn.
    Er kletterte über die Vordersitze. Er schob die Heckklappe von innen auf, ein leichter Geruch nach Mist hing über der Landschaft. Er zog die Stiefel aus, warf sich neben seinem Laptop auf seine Matratze und streckte sich lang aus. Seine Füße ragten ins Freie. Tondorf schickte kleine Lichtpunkte in die Finsternis. Mondlicht fiel auf die Löcher in seinen Socken und traf auf den dunklen Bildschirm seines Laptops.
    Krux hörte einen Vogel krächzen, schloss die Augen und dachte über sein Schicksal nach. Er hatte das nicht verdient. So viel stand fest. Das Leben war ungerecht. Das stand auch fest.
    Er nickte ein und wurde nach einer unbestimmten Zeit von einem unbekannten Geräusch geweckt. Er fuhr hoch und stieß mit dem Kopf gegen die Rücklehne des Fahrersitzes. Krux sah aus einem der Seitenfenster. Die letzten Lichter von Tondorf waren verloschen. Es konnte nirgendwo finsterer sein als in der Eifel. Nur in der Ferne blitzen am Himmel ein paar helle Punkte auf. Sterne. Flugzeuge.
    Aufrecht saß Krux in seinem Bus und versuchte, den Abend zu rekonstruieren. Der Wirt im Bistro hatte ihn mit seinen kryptischen Andeutungen bis in den Schlaf verfolgt. Hatte er nicht gemeint, dass er, Krux, der richtige Mann für irgendetwas wäre, wenn er nicht pleite wäre? Und dass er es trotzdem sein könnte, obwohl er pleite war, weil er Grips hätte? Wovon hatte er gesprochen? Welche Namen hatte er genannt? Himberg und …?
    Frag deinen großen Bruder, das Internet
.
    Krux pfiff auf seine Nachtruhe, legte sich auf den Bauch, fuhr sein Laptop hoch und gab sein Passwort ein, das er ständig wechselte und aus dem Vornamen seiner jeweiligen Herzensdame bestand:
Sonja
tippte er und fügte ein Ausrufezeichen hinzu, damit er auf sechs Zeichen kam.
    Er wusste, dass er mit wenigen Klicks bei
Google
finden würde, was er suchte. Es gab nichts, was es im Netz nicht gab. Er ahnte vage, dass es sich lohnen könnte. Er hatte immer gespürt, wenn es irgendwo etwas zu gewinnen gab. Vor allem wusste er, dass er erst wieder schlafen konnte, wenn das geklärt war. So oder so.
    Das Warnsymbol für eine schwache Batterie leuchtete schon lange auf, das Bild auf dem Monitor flackerte und wurde zunehmend dunkler, als Krux wusste, dass er tatsächlich genau der richtige Mann war. Er oder keiner.
    Was Himberg und Reetz gemeinsam hatten, war schnell herausgefunden. Einen Windpark, wie der Wirt es bereits erwähnt hatte. Während

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