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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Motorhaube wurden gleichzeitig aufgerissen. Hinten begann jemand unter dem Gejohle der anderen zu ihr zu klettern. Vorne schlug jemand auf den Motor ein, dass es schepperte.
    Sie drehte den Zündschlüssel, wollte Gas geben und einfach davonbrausen, weg, und wenn es nur in den nächsten Straßengraben war. Mit dem einen da hinten drin konnte sie fertig werden. Sie hatte doch die Waffe. Aber der Motor eierte nur herum, sprang nicht an. Sie langte nach dem Handschuhfach, das sich nicht mehr öffnen ließ. Verdammt! Sie kam nicht an die Waffe. Kam nicht ans Handy.
    Die Fahrertür wurde aufgerissen, Hände griffen nach ihr, zerrten sie an den Haaren, am Gürtel und am T-Shirt unter dem Sicherheitsgurt hervor, schleiften sie über die Stufe hinunter auf den Boden, mit Fußtritten mitten auf die Straße, wie ein totes Wildschwein.
    »Aufhören!«, war das Letzte, was Sonja hörte.
    Aber das war nicht seine Stimme. Wo blieb er nur? Wesseling kam sonst immer im richtigen Moment.

17. Kapitel
    Auf der Schwelle zwischen Schlaf und Wachwerden quälte Sonja Senger sich mit der Suche nach einem Namen. Sie sah die Silben deutlich vor sich, aber sie konnte sie nicht in eine sinnvolle Reihenfolge bringen.
    Als sie mühsam die Augen öffnete, lag sie in einem Krankenbett. Der Himmel hinter den hohen Fenstern war grau. Dunkle Wolken türmten sich auf. Es regnete von Ost nach West. Blätter flogen vorbei.
    Am Bettende stand ein kleiner Tisch, darauf eine leere Blumenvase. Darüber hing ein Kreuz. Es roch nach Salmiak. Sie glaubte, das Tropfen von Wasserhähnen zu hören. Sie war nicht zu Hause, so viel stand fest.
    Sie schlug die Decke beiseite, um sich ihren Körper anzusehen. Er fühlte sich an, als lägen die Knochen einzeln im Bett, aber er sah besser aus. Kein Gips, keine Schienen, nur Verbände und Pflaster. An den Zehen, den Schienbeinen, den Waden, den Armen und Händen. Was nicht verpflastert war, war grün und blau und rot.
    Abrupt setzte sie sich auf, und ein höllischer Schmerz fuhr ihr derart zwischen die Schläfen und die Rippen, dass sie eine Grimasse zog und ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie schlug mit den Fäusten auf die Bettdecke.
    »Wer war das?«, zischte sie. Sie war so gut wie tot. »Hinter jeder toten Frau steht ein Mann?« Sie lauschte ihren eigenen Worten hinterher und hielt inne. Der Satz kreiste ungebeten, aber gebetsmühlenartig hinter ihrer brummenden Stirn weiter. Irgendetwas stimmte daran nicht. Was war daran falsch? Ihre Lippen formten ihn ein weiteres Mal. Und dann war es klar! Sie hatte ganz einfach das Objekt mit dem Subjekt verwechselt: Hinter jedem toten Mann steht eine Frau! So hieß es richtig.
    »Ich muss sie anrufen! Sofort.« Aber ihr Arm schaffte es nicht bis zum Nachttisch, wo sie ihr Handy vermutete. Sie ließ ihren Kopf ins Kissen sinken und beschloss so lange zu schlafen, bis ihr nichts mehr weh tat.
    Kurz darauf erfuhr sie, wo sie sich befand. Eine Frau in Weiß gab sich die Mühe, ihre verkorkste Stimme und ihre zusammenhanglosen Worte zu verstehen.
    »Sie sind im St. Antonius Krankenhaus.«
    »Wo?«
    »Hier in Schleiden.«
    »Und wie lange schon?«
    »Seit dem 31. August.«
    »Was für ein Tag ist heute?«
    »Donnerstag.«
    Sonja zeigte auf das ungemütliche Wetter hinter den Fenstern. »Ein Donnerstag im Herbst?«
    Die Schwester lächelte. »Nein, Sie haben nur drei Tage lang geschlafen. Heute ist der 3. September.«
    Sonja machte ein flehendes Gesicht und das internationale Zeichen für Telefonieren. Die Schwester zog die Nachttischschublade auf und reichte Sonja ihre Lesebrille und ihr Handy, das sie aber nur ausnahmsweise, nur weil sie Polizistin sei, fünf Minuten lang benutzen dürfe. Nach einigem Zögern war die Schwester auch bereit, Sonja ein Kölner Telefonbuch zur Verfügung zu stellen und einen kleinen Notizblock samt Stift.
    »Ich komme in fünf Minuten zurück«, sagte sie und rückte Sonjas Bettdecke zurecht.
    Sonja blätterte sich zum Buchstaben K vor. Da stand sie. Krux, Melinda. Lohsestraße 21.
    Während Sonja die Nummer eintippte, murmelte sie: »Sie muss mir sagen, wie die Frau hieß ...«, da ertönte die Miss Marple Melodie, und Sonja starrte ihr Handy entsetzt an, ehe sie es ans Ohr hielt. Ein anonymer Herr meldete sich. Sie musste lange überlegen, wer das sein konnte. Als er nieste, fielen ihr Bruchteile seines Namens wieder ein.
    »Das kommt davon!«, sagte der Mann.
    »?«
    »Von deinen Alleingängen. Hatten wir nicht vereinbart, dass wir das

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