Spiel mit dem Tod (German Edition)
ja nie, ob man nicht vom nächsten Tram überfahren wird. Und es ist doch auch gut, wenn Sie wissen, wie Sie finanziell dastehen.»
«Wenn Sie Hans kennen würden, wüssten Sie, dass das etwas Besonderes ist. Sein grösster Albtraum ist, dass wir uns finanziell übernehmen. Unter normalen Umständen würde er nie die Zahlungen aus der Hand geben. Es ist für mich ein ganz eindeutiger Beweis. Er führt mich in alles ein, und wenn er sicher ist, dass ich es packe, wird er sich umbringen.»
Jetzt war es um Christina Rost geschehen, sie wurde von einem kurzen heftigen Weinkrampf geschüttelt. Und Francesco Ferrari konnte einer weinenden Frau nichts abschlagen. Er verfluchte sich und Marianne dazu, die ihm das eingebrockt hatte. Worauf lasse ich mich hier eigentlich ein?
«Gibt es noch weitere, nun sagen wir, Anzeichen, die auf einen Selbstmord hindeuten?», fragte Ferrari nach einer Weile.
«Ach, es sind alles nur Kleinigkeiten», seufzte sie. «Ich kann es Ihnen nicht erklären. Ich fühle es. Wenn man so lange mit einem Menschen zusammenlebt, dann spürt man, wenn etwas nicht stimmt.»
«Entschuldigen Sie die Frage, ist Ihre Ehe glücklich?»
Sie blickte ihn irritiert an und überlegte lange, bevor sie antwortete.
«Glücklich? Ja, ich glaube, sagen zu dürfen, dass wir eine harmonische Ehe führen. Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Wir lieben uns noch immer. Auch nach dieser langen Zeit. Sind Sie verheiratet, Herr Kommissär?»
«Nein. Ich lebe mit jemandem zusammen.»
«Und sind Sie glücklich?»
«Ja, ich bin zufrieden.»
«Sie haben mich aber gefragt, ob ich mit meinem Mann glücklich bin.»
«Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen, Frau Rost.»
«Glück ist ein momentaner Zustand. Eigentlich ein kurzer aussergewöhnlicher Augenblick, der, kaum ist er da, wieder verschwunden ist. Diese Momente sind wunderschön und verbinden zwei Menschen miteinander. Wenn Sie mich fragen, ob ich glücklich bin, dann antworte ich Ihnen genau das Gleiche wie Sie eben. Ich bin mit meinem Leben zufrieden. Sehr zufrieden sogar. Wir führen eine wirklich gute Ehe. Und manchmal bin ich sehr, sehr glücklich.» Sie schmunzelte und fuhr dann fort: «Sie wollen wissen, ob eine andere Frau im Spiel ist, nicht wahr?»
Ferrari musste lachen.
«Sie haben mich durchschaut.»
«Diese Frage beantworte ich Ihnen mit einem klaren Nein. Das ist keine Vermutung, da bin ich mir total sicher.»
Ferrari sass Christina Rost schweigend gegenüber. Irgendwie beeindruckte ihn diese Frau. Er fasste einen Entschluss.
«Soll ich einmal mit Ihrem Mann sprechen?», hörte er sich sagen.
«Das wäre wunderbar, Herr Ferrari. Ich danke Ihnen von Herzen.»
Der Kommissär notierte sich die Privat- und die Geschäftsadresse und schob dann Christina Rost mit sanfter Gewalt aus seinem Büro. Die Kopfschmerzen liessen nur langsam nach. Ferrari schaute vom Fenster seines Büros in den Innenhof hinunter. Es begann zu regnen. Aus einzelnen Regentropfen wurde ein prasselndes Gewitter. Entspricht ganz meinem physischen Zustand. Bloss in meinem Kopf stürmt es bereits, dachte er. Wie sich wohl der neue CEO zurzeit fühlt?
Ferrari machte sich über einige Akten her, die sich auf seinem Schreibtisch türmten und geduldig auf die Ablage warteten.
«Mist, verfluchter! Ich will endlich eine Sekretärin, die mir den Bürokram vom Leibe hält. Was solls, das wird sowieso nicht bewilligt», brummte er missmutig und schrieb als Gedankenstütze auf einen gelben Postit-Zettel «Borer aufsuchen!».
2. Kapitel
Gegen 11 Uhr, nachdem sich der Kommissär durch einige Akten gewühlt hatte, fiel sein Blick auf den Zettel mit der Geschäftsadresse von Hans Rost. Er arbeitete als Zollinspektor im Zollgebäude beim Bahnhof SBB. Ferrari entschloss sich, unangemeldet bei Rost aufzutauchen, froh, für einen Moment an die frische Luft zu kommen. Staatsanwalt Borer konnte warten. Er nahm den Weg über den Bahnhof. Der umgebaute Platz gefiel Ferrari, eine gewisse Grosszügigkeit, ja etwas Mondänes ging von ihm aus. Sein Blick fiel auf einige Arbeiter, die damit beschäftigt waren, die Countdown Clock für die EURO 2008 aufzustellen. Sie würde exakt am 7. Juni 2007, um 18 Uhr, mit dem Countdown beginnen, ein Jahr vor dem Eröffnungsspiel der Fussball-Europameisterschaft im St. Jakob-Park. Was für ein Ereignis. Ferrari freute sich wie ein kleiner Junge. Im Moment wurde zwar überall über Geld- und Abfallprobleme gesprochen, man sah bereits die Stadt Basel im Müll
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