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Spiel mit mir (German Edition)

Spiel mit mir (German Edition)

Titel: Spiel mit mir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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hatte sein Leben beendet. Er war nur fünfzig Jahre alt geworden. Die Schrift ihrer Mutter verriet, wie sehr ihre Hand gezittert haben musste, als sie den Brief an Emma geschrieben hatte. Und es tat ihr in der Seele weh, all die krummen Buchstaben zu sehen, denn die Mutter achtete sonst immer darauf, in Schönschrift zu schreiben.

    Emma hatte sich ab und an bei ihrer Mutter gemeldet. Vier Tage zuvor hatten sie sogar kurz miteinander telefoniert. Der Brief kam daher umso überraschender. Die Mutter nannte keine Details, bat sie nur, möglichst bald nach Hause zu kommen, weil ihr jede Kraft fehlte.
    »Wenn es dir hilft, begleite ich dich«, schlug Angel vor, der mit ihr am Esstisch saß, und strich ihr übers Haar. Sie lehnte sich an ihn, froh darüber, dass er für sie da war. Ihre Beziehung war etwas Sonderbares, anders als das, was man für gewöhnlich unter einer Beziehung verstand. Es war vielmehr eine Mischung aus Freundschaft und gelegentlichen Intermezzi. Emma begehrte Angel, aber sie liebte ihn nicht. Ihr Herz ließ dieses Gefühl nicht zu, und sie fragte sich, ob sie überhaupt jemals wieder mehr für einen Mann empfinden würde als für Alan.
    »Danke.« Sie drehte sich zu ihm um und küsste ihn. Sex als Fundament. Emma hätte nie gedacht, dass das wirklich funktionieren konnte. Nachdem Cat die WG wegen ihrer Karriere verlassen hatte, war Angel in ihr Zimmer gezogen. Glücklicherweise hatte auch Ireen kein Problem damit gehabt.
    »Wofür hat man sonst Freunde?« Angel lehnte seinen Kopf an ihren, so dass sie seinen warmen Atem in ihrem Nacken spürte.
    Er war einer der wenigen Menschen, denen sie sich geöffnet und ganz anvertraut hatte. So kannte er die Geschichten von Onkel Mac und dessen Hand, die sehr oft ausgerutscht war, und all die anderen unschönen Einzelheiten. Angel musste wissen, wie schwer es ihr fiel, nach allem, was geschehen war, nach Hause zurückzukehren und an der Beerdigung teilzunehmen.
    »Manchmal denke ich, ich hätte nie weggehen sollen.«
    »Warum sagst du das plötzlich?« Ein Kuss landete auf ihrem Ohr.
    »Vielleicht würde Onkel Mac dann noch leben? Er soll bei Reparaturarbeiten vom Dach gestürzt sein. Wäre ich dort gewesen …«
    »Dann hättest du auch nichts tun können. Um Himmels willen, jetzt mach dir bitte keine Vorwürfe.«
    Emma schluckte schwer. Ein Kloß hatte sich in ihrem Hals festgesetzt, der einfach nicht verschwinden wollte. Angel hatte natürlich recht. Dennoch brach es plötzlich über sie herein, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Eine Gegenreaktion.
    »Ich werde hinfahren. Mit dir.« Sie griff nach seiner Hand, um sich an ihm festzuhalten. »Mir ist es gleich, ob mich die anderen für eine Versagerin halten, weil ich noch nichts erreicht habe. Sollen sie doch denken, was sie wollen.«
    Er drückte sacht ihre Hand, fast so, als wollte er ihr Mut zusprechen oder ihr zu verstehen geben, dass sie nicht allein war.
    Emma schmiegte sich an seine Brust und schloss die Augen. Seine Nähe zu spüren gab ihr unendlich viel Kraft. Sie waren beide Außenseiter. Auch Angel war eine verletzte Seele, unverstanden. Von seiner Familie verstoßen, weil sie einen Stripper nicht akzeptieren konnten. Aber gemeinsam waren sie stark, bauten sich gegenseitig auf. Wenn er mitkam, würde alles gut werden. Das wusste sie.

    Eine Woche später fuhren sie nach Hamilton. Der Hof hatte sich kaum verändert. Emma schluckte, als sie zu dem Dach hinaufblickte, wo der Unfall passiert war. Es fehlten einige Schindeln. Die Arbeit war nicht beendet worden.
    Mary Lou, die Glückskatze, strich ihr um die Beine, wie sie es immer tat. Es fühlte sich an, als wäre Emma nie fort gewesen. Ein leises Schnurren drang zu ihr herauf, das heimatliche Gefühle weckte.
    Emma hatte es trotzdem nicht über sich gebracht, zur Beerdigung zu erscheinen. Sie hatte die Begegnung mit Onkel Macs Seite der Familie vermeiden wollen. Diese war nie gut auf sie zu sprechen gewesen, was allerdings auf Gegenseitigkeit beruhte. Es waren gehässige Leute, die kein gutes Haar an ihren Mitmenschen ließen.
    Meredith Conaway, ihre Mom, sah sehr blass, beinahe gebrechlich aus, als sie durch die Tür in den Innenhof trat. Sie schien um Jahre gealtert, und es machte Emma Angst, sie in diesem Zustand zu sehen. Mutter und Tochter umarmten sich kurz. Meredith hatte in ihrer Ehe mit dem Bruder von Emmas Vater gelernt, ihre Gefühle zu unterdrücken. Nach dem frühen Tod ihres Mannes hatte sich Onkel Mac verantwortlich für sie

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