Spiel nach meinen Regeln
Luft schnappen. Da sah ich Michaels Wagen, wie er gerade gegenüber von unserem Liegeplatz in eine Parklücke zurücksetzte. Im Wagen war noch eine zweite Person, was mich überraschte.
Dann stiegen sie aus. Mir fiel die Kinnlade herab. Ich sah blondes Haar, und mir wurde bewusst, dass er von einer Frau begleitet wurde. Ich sah ihr Gesicht und erkannte sie – Valentina de Lacy. Als sie um den Wagen herumtraten, fasste sie ihn bei der Hand, vertraulich, besitzergreifend. Sie lächelte, als sie die Straße überquerten. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich versuchte, die Realität zu leugnen, dachte mir Erklärungen aus und verwarf sie im selben Moment. Die Wahrheit ließ sich nicht leugnen.
Sie hatte es schon wieder getan.
KAPITEL ELF
Wenn Chrissy aus ihren Tagträumen geweckt wird, ist sie immer erst mal sauer. Diese Stimmung hält selten länger als ein, zwei Tage an, doch es war schon eine peinliche Situation. Ich hatte gehofft, sie würde einen Koller kriegen, damit ich mit ruhigem, vernünftigem Auftreten Eindruck schinden könnte. Ich hätte einen Scherz gemacht, und alles wäre wieder gut gewesen.
Schließlich war Pippa so attraktiv, dass sie bestimmt Verständnis zeigen würde. Eine Nummer zehn geht mit einer Nummer zehn aus. Pippa erreichte vielleicht eine acht auf der Skala, aber das reichte auch.
Dass sie weglaufen würde, wenn sie uns sah, hatte ich nicht vorausgesehen. Aber das war auch keine schlechte Reaktion, denn sie war ausgesprochen kindisch und konnte für mich nur vorteilhaft sein. Michael bemerkte es ebenfalls und blickte erstaunt ihrem fetten Hintern nach, der die Straße entlangwabbelte.
«Das war Chrissy Green!»
«Ja, die ist unterwegs bestimmt seekrank geworden.»
«Ja, aber warum rennt sie dann weg? Hey, Chrissy!» Entweder hörte sie ihn nicht, oder sie wollte nicht reagieren. Michael schaute verdutzt drein. Ich beeilte mich, ihn zu beruhigen.
«Mach dir keine Sorgen. Wahrscheinlich ist sie mitgefahren, weil sie sich Hoffnungen auf dich gemacht hat, und jetzt kommt sie nicht damit zurecht, dass wir zusammen sind. In Wahrheit ist sie unter ihrer sentimentalen Schale eiskalt berechnend und hat gehofft, sie könnte dich ausnehmen. Sie lebt in einer Traumwelt.»
«Aber ... glaubst du, sie kommt klar?»
«Das wird schon wieder. Lass ihr ein, zwei Tage Zeit, dann hat sie sich an jemand anderen rangeschmissen.»
«Ich sollte besser mal mit ihr reden.»
«Warum?»
Er zögerte. Offenbar glaubte er, weil er Sex mit ihr gehabt habe, sei er ihr eine Erklärung schuldig. Er wusste nicht, dass ich Bescheid wusste, und wollte es mir gegenüber auch nicht zugeben. Chrissy verschwand derweilen hinter der nächsten Ecke, ihre dicken, kurzen Beine bewegten sich wie Maschinen-kolben rhythmisch auf und ab.
«Lass sie. Wir haben Wichtigeres zu tun. Zunächst einmal möchte ich mit Pippa sprechen. Bei unserer ersten Begegnung war ich ziemlich ruppig. Und du solltest mich deinem Dad und dieser Tilly vorstellen.»
«Du hast Recht.»
Er sah immer noch Chrissy nach, drehte sich aber um, als jemand seinen Namen rief. Auf dem Deck stand Pippa und winkte. Neben ihr stand eine andere, jüngere Frau, die ihr ähnlich sah und ebenfalls recht attraktiv wirkte. Das war offenbar Tilly. Ich setzte mein strahlendstes Lächeln auf und ignorierte Pippas verärgerten Blick, als ich sie begrüßte.
«Hi, Pippa! Hi, du bist bestimmt Tilly. Eine gute Reise gehabt?»
«Ja, danke. Was ist mit Chrissy los?»
«Keine Ahnung», antwortete Michael. «Als sie uns gesehen hat, ist sie weggerannt.»
In Pippas Miene spiegelte sich ernsthafte Besorgnis wider. «Du meine Güte, Michael! Begreifst du denn überhaupt nichts? Sie ist wegen dir mitgekommen! Was hast du erwartet?»
«Woher sollte ich das wissen? Mir hat sie nichts davon gesagt.»
«Nein, aber ...»
Pippa verstummte, presste die Lippen zusammen. Nun war ich an der Reihe.
«Es tut mir Leid, Pippa, aber es handelt sich um ein Missverständnis. Michael und ich sind ein Paar, aber falls das Chrissy aufgebracht haben sollte, heißt das nicht, dass zwischen uns schlechte Stimmung herrschen muss.»
Sie musterte mich erstaunt.
«Ich schulde Ihnen auch eine Entschuldigung», fuhr ich fort.
«Im Club war ich ein richtiges Biest, und das tut mir aufrichtig Leid. Da wusste ich noch nicht, dass Sie Michaels Stiefmutter sind. Ich hielt Sie für eine Rivalin und war eifersüchtig, weil ...
na ja, weil Sie aussehen, als wären Sie geradewegs einer Titelseite von
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