Spiel ohne Regeln (German Edition)
Helen«, entgegnete er mit stählerner Geduld.
»Musst du das nicht immer?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Nun, warum setzt du Chloe dann nicht unterwegs ab? Du kommst auf dem Weg zum Büro bei den Zimmers vorbei. Ich vermute doch, dass dies der Schauplatz deines ›medizinischen Notfalls‹ sein wird.« Ihre Stimme war schrill vor selbstgerechtem Zorn.
Er dachte an Diana, die schluchzend und schwitzend draußen in seinem Wagen kauerte, und verfluchte sie im Stillen für ihre Schwäche. Ausgerechnet jetzt, wo die Dinge kritisch wurden, musste sie auseinanderfallen wie eine nasse Papiertüte. »Ich habe nicht die Zeit, bei den Zimmers zu halten, und ich habe auch nicht die Zeit für dieses Gespräch.«
»Daddy?« Chloe erschien auf der Treppe. Seine Tochter hatte von ihrer Mutter das Talent für spektakulär mieses Timing geerbt. Sie bedachte ihn mit einem flehentlichen Blick der Verzweiflung. »Wenn ich warten muss, bis Mom Libby zu GianPiero gebracht hat, versäume ich die Party! Ich verspreche, dass du mich einfach dort rauslassen kannst! Du musst nicht mit reinkommen und Small Talk machen, und ich … «
»Nein!«, donnerte er. »Herrgott, wie oft muss ich das jetzt noch sagen!« Chloe wich erschrocken zurück, dann rannte sie mit zitternden Lippen die Stufen hinauf.
Mathes trat hastig den Rückzug an, um nicht in Helens Gewittermiene blicken zu müssen. Ein Mann fand selbst in seinem eigenen Haus keinen Frieden.
Das vorangegangene Familiendrama hatte seine Laune nicht gerade verbessert, als er auf den Fahrersitz seines Wagens glitt. Zu seinem Ärger musste er feststellen, dass Diana sich aufgerichtet hatte. Er packte sie an den Haaren und stieß sie heftig nach unten. Ihr Gesicht kollidierte mit dem Kunststoffgetränkehalter in der hochklappbaren Mittelkonsole. Das wird einen blauen Fleck geben, ging es ihm durch den Kopf. Die nächste Überlegung kam schnell, kalt und resolut.
Das ist jetzt nicht mehr relevant .
Grimmig hing er diesem Gedanken nach, während er Abstand zwischen sie und seine Nachbarschaft brachte. Wenn Diana inzwischen so unzurechnungsfähig war, dass sie ihn in seinem eigenen Zuhause belästigte, war sie zu einer unkalkulierbaren Gefahr geworden, zu einem hohen Sicherheitsrisiko. Er kämpfte einen Anflug von Melancholie nieder, indem er seiner Rage freien Lauf ließ. Das würde mehr als peinlich werden und bei Zhoglo ein sehr schlechtes Licht auf ihn werfen. Außerdem machte ihr Gewimmer ihn rasend.
»Halt die Klappe«, bellte er.
Sie verstummte und betastete ihr Gesicht mit den Fingerspitzen. »Kann ich mich jetzt aufsetzen?«
»Ja.«
Aus dem Augenwinkel bemerkte Mathes einen purpurroten Streifen Blut und warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Ihre Lippe war aufgeplatzt und ihr Gesicht vom Weinen verzerrt.
»Es würde mich sehr interessieren, wie genau du diese riskante Nummer zu rechtfertigen gedenkst«, sagte er. »Das Spektakel, das du gestern Abend veranstaltet hast, war schlimm genug.«
Diana legte die Hand auf den Mund und gab sich sichtbar Mühe, ihre Fassung wiederzuerlangen.
»Hast du die Proben bekommen?«, verlangte er zu wissen.
»Ich habe sie direkt zum Labor gebracht«, krächzte sie. »Ich bin gegen drei Uhr morgens dort angekommen und habe sie Jenkins übergeben. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass es sich bei den Proben des älteren Mädchens um einen Eilauftrag handelt.«
»Gut. Warum dann plötzlich dieser Zusammenbruch?«
Ihre Schultern bebten. Er registrierte mit befremdlicher Betroffenheit, dass sie wieder zu heulen anfing.
»Richie, es war entsetzlich«, presste sie hervor. »Zum einen sahen sie einfach furchtbar aus. Sie sind alle so dünn, sie wirkten halb verhungert, und sie haben so viele Blutergüsse. Jemand sollte diese grauenvollen Leute, die sie bewachen, rauswerfen. Und die Kleinen schrien und weinten, und das älteste Mädchen … oh, Gott, Richie, sie versuchte wieder und wieder, mit mir zu reden, und dann … dann hat sie mich attackiert !«
Er wartete einen angemessenen Moment. »Es hat nicht den Anschein, als hätte sie dich allzu schlimm verletzt. Wir haben das bereits erörtert, Diana. Ausführlich. Du hast versichert, dass du damit fertig wirst und dass du gut darin bist, deine Gefühle abzuschotten.«
»Nach all den Jahren mit dir? Natürlich bin ich gut darin«, sagte sie mit einem plötzlichen Aufwallen von Zorn. »Aber ich hatte nicht erwartet … ich dachte nicht, dass sie so … «
»Diese Kinder sind
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