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Spiel ohne Regeln (German Edition)

Spiel ohne Regeln (German Edition)

Titel: Spiel ohne Regeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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hervorzukramen, die sie in ihren Koffer gepackt hatte. Ohne Nick eines Blickes zu würdigen, zog sie sich an.
    »Ich schließe daraus, dass du dich erst in der Lodge feinmachen willst?« Sie kannte ihn gut genug, um den stählernen Unterton zu registrieren, der in seiner ruhigen Frage mitklang. »Denn du wirst dorthin fahren. Bist du fertig?«
    Es hatte keinen Sinn, deswegen mit ihm zu streiten, überlegte sie. Es wäre kindisch, Widerstand zu leisten, nur um des Widerstands willen. Außerdem hatte sie nichts Besseres zu tun, und an Nicks Seite fühlte sie sich tausendmal sicherer – auch wenn er sie in den Wahnsinn trieb.
    »Ja, bin ich«, antwortete Becca schicksalsergeben.
    Ein kurzer Stopp an einem Diner, um sich ein Frühstück für unterwegs zu besorgen, dann waren sie unterwegs und jagten in Nicks riesigem Pick-up über den Highway Richtung Three Creeks Lodge. Becca starrte durch das Fenster auf die vorbeirasende Landschaft, während sie an ihrem Käse-Schinken-Bagel knabberte. Sie fühlte sich benommen von der unerwarteten Kehrtwende, die ihr Leben gemacht hatte. Sie dachte mit einem Anflug beklommenen Schuldbewusstseins an Carrie und Josh, dann fischte sie ihr Handy aus der Tasche.
    Aber was konnte sie ihnen schon sagen? Dass sie ihren Job verloren hatte? Dass sie auf der Flucht war, zusammen mit einem großen, düsteren Fremden? Sie würden in Panik geraten und sich an ihre Fersen heften, diese neugierigen kleinen Rotznasen. Becca war es nie wirklich gelungen, den beiden Manieren beizubringen oder ihnen Grenzen aufzuzeigen. Wenn es um Disziplin ging, war sie immer zu nachgiebig gewesen. Aber niemand war perfekt.
    Becca konnte sich jetzt nicht mit ihnen auseinandersetzen. Sie würde sie heute Abend anrufen.
    Nick steuerte den Wagen auf dieselbe Art, wie er alles tat: ohne Rücksicht auf Verluste. Damit blieb Becca nichts anderes zu tun, als über ihre Probleme nachzugrübeln. Sie hatte eine ganze Bandbreite, über die sie sich den Kopf zerbrechen konnte. Armut? Eine vermasselte Karriere? Carrie und Josh, die sich mit Kellnerjobs über Wasser halten mussten? Ein grausiger Tod durch die Hand eines Mafiagangsters?
    Und als wäre das nicht genug, würde da auch noch diese kleine, nagende Ungewissheit bleiben, wie lange ihre letzte Periode zurücklag.
    Sie brauchte Ablenkung, und zwar schnell. Sie schaute zu Nick hinüber. »Machst du eigentlich je den Mund auf?«, fragte sie ihn. »Du weißt schon … um dich zu unterhalten?«
    »Mit dir unterhalte ich mich die ganze Zeit über«, erwiderte er zögerlich. »Ich glaube nicht, dass ich je zuvor in meinem Leben so viel geredet habe. Vom Reden tut mir schon der Hals weh.«
    »Sag bloß! Wie kommt es dann, dass ich so wenig von dir weiß?«
    Er sah sie mit schmalen Augen an. »Ich weigere mich, diese Frage zu beantworten.«
    »Ach, wirklich? Und warum ist das so?«
    »Weil es eine Falle ist. Ich erkenne eine Falle auf den ersten Blick. Stell mir direkte Fragen, wenn du etwas wissen willst. Ich werde sie beantworten, sofern ich kann.«
    »Ja, natürlich«, grummelte sie. »Mr Kontrollfreak muss sich auf Teufel komm raus absichern.«
    »Hör auf zu motzen, und stell endlich deine verflixten Fragen!«
    Nun, wo er tatsächlich bereit war, ihr Antworten zu geben, wusste sie nicht, wo sie anfangen sollte.
    »Hm, wo bist du aufgewachsen?«, wagte sie den ersten Vorstoß. Lahm, aber na wenn schon!
    »In Waylon, Wyoming. Auch bekannt als am Arsch der Welt.«
    »Das war doch schon mal ein Anfang«, meinte sie vorsichtig. »Was ist mit deinen Eltern?«
    »Tot.«
    Sie wartete. »Oh! Du könntest das nicht vielleicht etwas genauer ausführen? Erfahre ich noch etwas mehr über sie außer der Tatsache, dass sie tot sind?«
    Sein Gesicht wirkte im Profil düster und mürrisch. »Was zum Beispiel?«
    Becca seufzte. Wahrscheinlich wäre es erholsamer, über ihren eigenen Problemen zu brüten. »Na ja, deine Mutter«, fuhr sie geduldig fort. »Wie alt warst du, als sie … «
    »Zwölf. Brustkrebs.«
    Becca musste einen Moment den Blick abwenden, um den plötzlichen Ansturm der Tränen zu bekämpfen. Sie schluckte und bekam sich wieder in den Griff. »Wie furchtbar«, murmelte sie, mit den Gedanken bei dem Krankenhausbett, der Bettpfanne, dem Geruch von Desinfektionsmitteln und dem konstanten Schmerz der Trauer. »Dann haben wir etwas gemeinsam.«
    Nick starrte stirnrunzelnd durch die Windschutzscheibe. »Nämlich?«
    »Ich habe meinen Vater verloren, als ich zwölf war.

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