Spiel ohne Regeln (German Edition)
Zentimeter hohen Absätzen. Sie griff nach einer Spraydose und besprühte sich mit einer erstickenden Wolke Glitter, der sie alle zum Husten brachte. Als sich der flirrende Nebel lichtete, setzte sie ein strahlendes Lächeln auf. »Wie sehe ich aus?«
Niemand traute sich zu antworten. Sie sah aus wie ein Vegas-Showgirl kurz vor dem Auftritt. Sie sah nach einer Million Dollar aus. Sie sah aus wie der personifizierte Ärger.
Nick schüttelte den Kopf. »Mir gefällt das nicht«, murmelte er.
»Das nenne ich Pech«, konterte Tam. »Es ist nämlich die beste Chance, die wir haben. Die einzige Waffe, gegen die ein Mann sich nie vollständig schützen kann, ist die Weiblichkeit.« Sie sah Nick schräg von der Seite an. »Wie euch euer Freund Nikolai bestätigen kann, nicht wahr?«
Die anderen Männer wirkten peinlich berührt. Nick biss die Zähne zusammen und verzichtete auf einen Kommentar.
Tam legte edelsteinbesetzte Ohrclips an, von denen einer mit einem winzigen Empfänger bestückt war. Ein dazugehöriges Gerät für das Handgelenk war in ein Armband aus Weißgold und Halbedelsteinen eingearbeitet. Aber sie war noch nicht fertig. Nick beobachtete, wie sie sich eine Halskette mit einem eiförmigen Perlmuttanhänger umlegte. Aus der juwelenbesetzten Umrandung ragte ein winziger, von einer Perle gekrönter runder Stift heraus, der aussah wie eine …
»Heilige Scheiße«, entfuhr es ihm. »Ist das etwa eine Granate?«
»Hurra! Er lernt doch noch etwas dazu!«, jubelte Tam. »Ich bedaure wirklich, dass eure Frauen nicht hier sind, Jungs. Sie sind die Einzigen, die mein Genie wirklich zu schätzen wissen.«
»Wir wissen es durchaus zu schätzen, aber könntest du dich verdammt noch mal trotzdem beeilen, Tam?«
Sie zog die Nase kraus. »Man sollte eine Frau niemals hetzen.« Sie behängte sich noch mit einigen weiteren Schmuckstücken, über deren jeweiligen Selbstverteidigungszweck man nur spekulieren konnte, dann schob sie ihren Rock hoch und schnallte sich zwei maßgefertigte Oberschenkelholster aus Nylonnetzgewebe um, eins für eine Walther PPK , das andere für Davys Minibetäubungspistole.
»So«, sagte sie. »Ich bin bereit.«
Zähneknirschend musterte Nick die schimmernde nackte Haut ihres Dekolletés, ihres Bauchs, ihrer Beine. Der Rest von ihnen trug kugelsichere Westen, Gasmasken, Wärmebildbrillen, Walkie-Talkies, Tarnkleidung und war bis an die Zähne bewaffnet.
Tam spazierte so gut wie nackt in den Schlund des Todes. Das war nicht richtig. Es machte ihn höllisch nervös. Aber ihm wollte kein besserer Plan einfallen.
Tam glitt aus dem Van und winkte mit den Fingern. »Viel Erfolg, Jungs.«
Die Männer schwiegen alle während der Fahrt zum Tor. Sobald der Wagen stoppte, versammelten sie sich um den Monitor und beobachteten, wie Tam langsam und sexy auf das schwere Tor zustöckelte. Nick machte sich darauf gefasst, dass jeden Moment Schüsse fielen, wappnete sich dafür, den Tod eines weiteres Freundes auf dem Gewissen zu haben.
Ein Scheinwerfer flammte auf und beleuchtete Tams duftige blonde Mähne von oben. Er ließ ihre Hurenaufmachung erstrahlen, als wäre sie in schmale Streifen geschmolzenen Metalls gehüllt.
»Huhu!« Sie machte einen Hüpfer, ließ ihre Brüste wippen. »Ist da jemand? Hallooo! Ich habe mich verlaufen! Ist irgendjemand hier?«
Die Tür ging auf. Die Silhouette eines großen Mannes zeichnete sich gegen das gelbe Licht im Inneren ab. Er bewegte sich langsam auf das Tor zu, das Automatikgewehr im Anschlag. Sein breites, rechteckiges Gesicht ähnelte dem einer Bulldogge. »Wer sind Sie?«, rief er.
»Oh, Gott sei Dank! Ich bin ja so froh, Sie zu sehen! Ich suche die Sumner Road«, flötete Tam. »Ich drehe noch durch. Ich heiße übrigens Brandi.«
Es war immer wieder irritierend zu hören, wie Tam ihren forschen europäischen Akzent ablegte und eine flache, nasale amerikanische Karikatur zum Besten gab.
»Ich kenne keine Sumner Road. Sie sollten nach Kimble zurückkehren und sich dort von jemandem den Weg beschreiben lassen«, riet die Bulldogge ihr.
»Ach je, das dauert eine Ewigkeit«, stöhnte Tam. »Ich soll auf diesem Junggesellenabschied tanzen, aber jetzt macht es wahrscheinlich überhaupt keinen Sinn mehr, dort noch aufzukreuzen. Außerdem ist es sooo kalt! Können Sie sich vorstellen, dass ich tatsächlich meinen Pulli vergessen habe? Und das in diesem Outfit! Sehen Sie mich nur an!« Sie drehte sich einmal um die eigene Achse. »Ich erfriere fast in diesem
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