Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
gefühlt hatte, weil sie sich von ihm die Anerkennung erhoffte, die sie von ihrem Vater nie bekommen hatte.
David war nicht ihr erster Liebhaber gewesen. Auch sie hatte als Teenager die üblichen Ausflüge in die Welt der Sexualität unternommen. Dabei hatte sie schnell gelernt, Verachtung und Ablehnung für die Jungen zu empfinden, die davon ausgingen, sie sei nur dazu da, um ihnen Spaß zu bereiten.
Als Studentin hatte sie ihn getroffen. Er war gerade im Krankenhaus angestellt worden und hatte sich auf Herzchirurgie spezialisiert. Die Leute sprachen nur bewundernd von ihm.
Er war zweiundvierzig, sie zweiundzwanzig gewesen, und er hatte sie schneller in seinen Bann gezogen, als sie für möglich gehalten hätte. Sie hatte immer geglaubt, eine gute Menschenkenntnis zu besitzen, aber David hatte sie spielend getäuscht. Oder hatte sie sich selbst täuschen wollen?
Natürlich hatte sie gewusst, dass er verheiratet war. Es war kein Geheimnis, dass er zumindest einen Teil seiner rasanten Karriere seinem Schwiegervater zu verdanken hatte, der sich als Chirurg bereits einen Namen gemacht hatte. Aber er hatte ihr schnell zu verstehen gegeben, dass seine Ehe eigentlich nur noch auf dem Papier gültig war. Seine Frau lebe zurzeit in Amerika, hatte er ihr beiläufig gesagt. Genau wie seine beiden Söhne. Und Christie war dumm genug gewesen, ihn nicht weiter zu befragen. Sie hatte gedacht, dass er sie liebe, und sie war überzeugt gewesen, ihn zu lieben. Auf sexuellem Gebiet hatte er sie überwältigt, und sie hätte niemals glauben mögen, dass sie so ein starkes Glücksgefühl überhaupt erleben konnte. Sie nahm selbstverständlich die Pille, weil ein Baby nicht in ihre Zukunftspläne hineinpasste.
Davids Liebe wirkte auf sie wie ein Aufputschmittel. Sie spürte nicht nur ein unbändiges körperliches Verlangen nach ihm, sondern sie stürzte sich auch begeistert in die Arbeit. Jetzt war es für sie doppelt wichtig, erfolgreich zu sein. Sie wollte David zeigen, wozu sie fähig war. Er sollte erkennen, wie sehr sie sich von seiner von der feinen Gesellschaft verdorbenen Frau unterschied, die nichts tat, außer einzukaufen und in irgendwelchen wohltätigen Veranstaltungen zu sitzen.
„Ich liebe kluge Frauen“, hatte er ihr einmal im Rausch der Leidenschaft gesagt. „Sie sind eine ständige Herausforderung.“ Und sie hatte erst viel später erkannt, dass er sich nur seine männliche Überlegenheit darin beweisen wollte, dass sie sich in ein bettelndes, flehendes Wesen verwandelte, das seinen Verstand nicht mehr benutzte, obwohl er vorgab, gerade den so zu lieben. Leider war ihr diese Erkenntnis erst nach Cathys Geburt gekommen.
Im Taumel des Zusammenseins mit ihm hatte sie nicht an die Zukunft gedacht, sondern nur für die Gegenwart gelebt, um die Freuden der Sexualität zu entdecken und sich durch sein Verlangen nach ihr bestätigt zu sehen.
Natürlich wollte sie eines Tages mehr von ihm als diese heimlichen Treffen. Und selbstverständlich erwartete sie, dass sie dann ganz offen an seiner Seite stehen würde. Hin und wieder malte sie sich aus, wie sie Hand in Hand den Beifall ihrer Kollegen entgegennahmen. Ein bekanntes Chirurgenpaar. Aber sie war zu sehr mit der Gegenwart beschäftigt, um sich viele Gedanken über die Zukunft zu machen. Und dann war der Moment gekommen, auf den siegewartet hatte.
David hatte ihr gesagt, dass er ein Landhaus von einem Freund fürs Wochenende bekam. Er würde sie am Freitag nach der Arbeit abholen, wie üblich ein paar Hundert Meter vom Studentenheim entfernt, in dem sie wohnte. Für den Rest der Woche sei er anschließend allerdings nicht da, weil er geschäftlich weg müsse. „Worum geht es denn?“, hatte sie unschuldig gefragt.
Er hatte sich für die Antwort viel Zeit genommen. „Nichts. Jedenfalls nichts für dich Wichtiges“, hatte er gesagt und dann genau beschrieben, was er mit ihr tun wolle, wenn sie erst allein waren, und vor Erregung hatte sie diese Bemerkung vollständig vergessen.
Ein ganzes Wochenende zusammen … Sie hatte die Augen geschlossen und sich glücklich an die Wand gelehnt. Es fiel ihr schwer, so lange zu warten.
Fast hätte sie es nicht geschafft. Freitag wachte sie mit Magenschmerzen und Übelkeit auf, doch sie zwang sich, sich anzuziehen und an den Kursen teilzunehmen. Den ganzen Vormittag über fühlte sie sich schlecht, und mittags konnte sie den Anblick von Essen nicht ertragen und ging an die frische Luft.
Während des Nachmittagsunterrichts
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