Spiel um Sieg und Liebe
nur noch sie beide.
Immer wieder verblüffte es Amy, dass auch der eleganteste Anzug Tads wilde, beinahe animalische Ausstrahlung nicht verbergen konnte. Dunkel gekleidet, mit weißem Hemd und Fliege, sah er fantastisch aus, und doch wirkte er nicht so wie die anderen Männer auf dem Ball. Seine Kraft, seine Stärke, sein Temperament – das alles war beinahe körperlich spürbar.
Der Abschlussball in Wimbledon hatte mindestens ebenso viel Tradition wie das Turnier selbst. Die Offiziellen des Clubs verstanden es immer wieder, diesen Abend für alle Teilnehmer zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen.
Wahrscheinlich war Amy die Einzige, die sich danach sehnte, dass endlich alles vorüber war. Sie musste sich zwingen, der Unterhaltung zu folgen, die ihr Tanzpartner begonnen hatte. Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher, als endlich mit Tad allein im Hotel zu sein und eine Flasche Wein auf ihren gemeinsamen Erfolg zu trinken.
Über die Schulter ihres Tanzpartners hinweg suchten ihre Augen Tad. Für einen Moment begegneten sich ihre Blicke, und Amy wusste, dass er genauso dachte wie sie.
»Sie sind eine sehr gute Tänzerin, Miss Wolfe.«
Als die Musik endete, lächelte Amy dem Mann zu. »Vielen Dank.« Jetzt erst fiel ihr auf, dass sie seinen Namen total vergessen hatte.
»Ich war ein großer Fan Ihres Vaters, müssen Sie wissen«, sagte der Mann und führte sie zurück zum Tisch. »Er war ein hervorragender Spieler.«
»Ja, das stimmt. Und er liebte dieses Turnier in Wimbledon. All den Pomp, die Tradition.«
»Schön, dass die Amerikaner hier immer noch gewinnen können.« Er zog ihre Hand an die Lippen. »Alles Gute, Miss Wolfe.«
»Jerry, wie geht es dir?«
Eine nicht mehr ganz junge Dame in einem silberfarbenen Brokatkleid stand plötzlich vor ihnen und reichte dem Mann ihre Hand zum Kuss. Lady Mallow, Eric Wickertons Schwester.
»Lucy, welch ein Freude, dich zu sehen.«
»Jerry, Brian sucht dich. Er steht da drüben an der Säule.«
»Nun, wenn die Damen mich bitte entschuldigen würden.«
Als er gegangen war, wandte Lucy sich an ihre frühere Schwägerin. »Amy, du siehst gut aus.«
»Danke, Lucy.«
Erics Schwester betrachtete sie ausgiebig. »Und wie geht es dir?«
Etwas erstaunt hob Amy die Brauen. »Gut, danke. Und dir?«
»Meine Frage war ehrlich gemeint, nicht nur eine Floskel.« Lucy zögerte und sah sich um, als wollte sie sicherstellen, dass auch keiner sie hören konnte. »Es gibt da etwas, Amy, das ich dir schon lange sagen wollte. Weißt du, ich liebe meinen Bruder«, begann Lucy leise. »Und ich weiß auch, dass du ihn nie geliebt hast. Trotzdem hast du dir während eurer Ehe nie etwas zuschulden kommen lassen. Leider ganz im Gegensatz zu Eric.«
Amy glaubte, sich verhört zu haben. War es wirklich möglich, dass seine Schwester so etwas sagte? »Lucy …«
»Die Tatsache, dass ich Eric liebe, hat mich nicht blind gemacht, Amy«, unterbrach sie. »Natürlich verhalte ich mich jedoch ihm gegenüber loyal.«
»Ja, das verstehe ich.«
Lucy sah Amy einen Moment lang schweigend an. »Amy, ich habe dir während deiner Ehe mit Eric nie geholfen, und dafür wollte ich mich bei dir entschuldigen.«
Bewegt ergriff Amy die dargebotene Hand. »Das brauchst du nicht, Lucy. Eric und ich passten einfach nicht zueinander.«
»Ich habe mich oft gefragt, warum du ihn überhaupt geheiratet hast«, sagte Lucy. »Zuerst dachte ich, es sei nur der Titel, der dich gereizt hatte. Aber ich merkte sehr schnell, dass das nicht stimmte. Zu Anfang dachte ich, eure Ehe sei glücklich, aber kurz nach der Hochzeit schien mir irgendetwas verändert zu sein.«
Über Amys Gesicht fiel ein Schatten, den Lucy sehr wohl wahrnahm. »Ich dachte schon, du hättest dir einen Geliebten genommen«, fuhr sie fort. »Aber schnell fand ich heraus, dass nicht du, sondern Eric … Nun, immerhin weiß ich heute, dass es in deinem Leben immer nur einen Mann gegeben hat.« Amy brauchte ihrem Blick gar nicht zu folgen, um zu wissen, wen Lucy bei diesen Worten ansah.
»Ja, und das hat Eric sehr verletzt«, sagte Amy leise.
»Ach, Unsinn«, widersprach Lucy resolut. »Er hätte dich nie heiraten dürfen. Aber so war mein Bruder immer schon. Ihn hat immer nur das interessiert, was anderen gehörte. Das alles hätte ich dir schon viel früher sagen sollen, Amy. Es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe. Ich wünsche dir Glück.«
Impulsiv legte Amy einen Arm um ihre frühere Schwägerin und gab ihr einen Kuss auf
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