Spiel ums Glueck
haben.“
„Es war die Hölle, Miss Cassia“, brummte der Bedienstete und sah bedauernd an seiner Lederschürze hinunter, die beschmutzt war mit Silberpolitur, Staub und anderen Flecken, welche die Hausarbeit mit sich brachte. „Ich bin wie ein Stubenmädchen herumgescheucht und diese teuflischen Stufen hoch und wieder herunter befohlen worden. Ich habe nicht eingewilligt, hierzubleiben, um mich derart zu verausgaben, Miss Cassia, wahrhaftig nicht.“
„Ich weiß, Pratt, ich weiß“, sagte sie, „doch morgen wird alles fertig sein, und wir werden ,Penny House zum Erfolg führen, anstatt nur mit dem Staubwedel herumzulaufen.“ Sie lächelte und tätschelte Pratt den Arm. Sie mussten dafür sorgen, dass der Mann zufrieden war, denn er würde ihr neuer Geschäftsführer sein. Er war einer der wenigen Angestellten des alten Clubs, die sie übernommen hatten. Einst Kammerdiener des Duke of Conover, erwies er sich mit seinem grenzenlosen Wissen über die englische Aristokratie bereits jetzt als ungemein nützlich für die drei Schwestern. Er hatte ihnen vorgeschlagen, welche Gentlemen von Rang und Namen infrage kamen, um das neue Mitgliederkomitee zu gründen, und wer eine gedruckte Einladung zur Eröffnung erhalten solle. Und er wusste sogar, dass es notwendig war, den schockierend hohen Eintrittspreis von zwanzig Guineas zu verlangen, wenn sie wollten, dass der Club dauerhaft als exklusive Adresse galt.
„Ich hoffe, Sie haben recht, Miss Cassia“, betonte Mr Pratt und seufzte entnervt, derweil er sich mit dem Zipfel eines Taschentuches die Stirn tupfte, denn unter der Perücke, die er trug, war ihm bei all der vielen Arbeit zu warm geworden. „Ihre Schwester mag als eine Pfarrerstochter auf die Welt gekommen sein, Miss Cassia, aber sie gibt Befehle, als sei sie in einem Palast zu Hause gewesen.“
„Pratt, hier sind Sie! “, rief Amariah vom Treppenhaus aus zu ihnen hinunter und veranlasste den alten Mann, wieder zu seufzen. „Sie werden im Anrichteraum gebraucht, um einen Tisch zu verrücken und ... ah, Cassia, bist du auch endlich zurück!“
„Guten Tag, Amariah“, sagte Cassia und wünschte sich insgeheim, die Schwester hätte ihr Kommen nicht bemerkt. „Du klingst gerade so, als sei ich nach China und wieder zurück gereist.“
„Nun, du bist seit Stunden fort, und während du abwesend warst, ist viel geschehen.“ Amariah lehnte sich über die Brüstung und sah sich neugierig im Entree um. „Wo ist das Gemälde, das du ersteigern wolltest? Wird es später geliefert?“
„Es wird gar nicht geliefert“, erwiderte Cassia, löste die Schleife ihrer Schute und warf einen Blick in das völlig neu hergerichtete Speisezimmer. „Ich habe es nicht gekauft. Wie ich sehe, haben die Maler das Gerüst abgebaut. Dann ist die Decke also fertig ausgemalt?“
„Aber du hast doch gesagt, ,Die Wahrsagerin sei das beste Bild für den einen Salon!“ Amariah kam in derart undamenhafter Eile die Treppe heruntergelaufen, dass ihre weiße Leinenschürze sich leicht aufblähte. „Du hast dieses Bildes wegen eigens den Platz über dem Kamin frei gelassen, und jetzt, am Abend unserer Neueröffnung, wird diese Wand durch ihre gähnende Leere sofort ins Auge fallen! “
„Ich werde etwas anderes finden, das wir dort anbringen können.“
Cassia öffnete die hohe Flügeltür zum Großen Salon, um weiteren Fragen nach der Auktion zu entgehen. Weshalb habe ich nur so viel Aufhebens um das Bild gemacht und allen aufgeregt verkündet, wie günstig man es erwerben kann? schalt sie sich insgeheim. Allerdings wäre genau das der Fall gewesen, wenn dieser schreckliche Mann es ihr nicht vor der Nase weggeschnappt hätte. „Natürlich weiß ich, dass wir heute Abend eröffnen, wie könnte ich das vergessen? Oh, sieht dieses Arrangement von lindgrün bezogenen Sheratonstühlen, Sesseln und Nussbaumtischen nicht bezaubernd aus?“
Amariah nickte. „Weshalb hast du es nicht erstanden, wenn es doch so preiswert zu haben war, wie du erzähltest?“ Cassia betrat den nebenan gelegenen Speisesalon, den sie wie all die anderen Räumlichkeiten völlig neu gestaltet hatte. Jedes Zimmer besaß eine eigene Note, war exotisch dekoriert oder fiel durch eine mutige Kombination von Farben und Stilen auf, und an den Wänden des kleinen Salons, in den die Gentlemen sich zum Lesen und Rauchen zurückziehen konnten, hingen die neuesten Karikaturen namhafter Künstler und Kritiker. Insgesamt mutete das Ambiente in „Penny House“
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