Spiel ums Glueck
diesem Teil unserer Arbeit“, beeilte Cassia sich zu versichern und zeigte in Richtung des Hauses. „Das hier. Stört es dich nicht, immerzu charmant und freundlich sein zu müssen gegenüber all den feinen und wohlhabenden Gentlemen und ihnen den Aufenthalt bei uns so angenehm zu gestalten, dass sie lieber hier als daheim sind? Statt wie die meisten Frauen einen Gatten zu finden und Kinder zu bekommen, kümmern wir uns um das Wohl fremder Herren.“
„Aber wir haben auf diese Weise auch die Gelegenheit, mehr im Leben zu erreichen als die meisten Frauen, Cassia“, gab Amariah ihr zu bedenken. „Hast du vergessen, weshalb wir in London sind?“
Cassia schüttelte den Kopf und überlegte angestrengt, wie sie sich der Schwester verständlich machen sollte. „Ich weiß, dass wir Vaters Arbeit fortsetzen. Dennoch frage ich mich, ob er nicht gewollt hätte, dass wir uns verlieben und eine Familie gründen. Hätte er nicht gewollt, dass uns das gleiche Glück widerfährt wie ihm und Mama?“
„Natürlich hätte er das, Cassia“, erwiderte die Schwester bestimmt. „Er wollte immer, dass wir glücklich sind. Doch bevor wir uns um unser eigenes Glück kümmern, müssen wir Vaters Arbeit voranbringen. Das weißt du, nicht wahr?“
„Natürlich“, antwortete Cassia mit sanfter Stimme. Sie war jetzt zwanzig Jahre alt, und in besseren Kreisen wäre es für sie höchste Zeit, unter die Haube zu kommen. Stattdessen stand sie, Cassia Penny, jeden Abend auf einem Stuhl im Salon, gab unterhaltsame Verse zum Besten und fühlte sich einsam.
„Bedauerst du unsere Entscheidung, nach London zu gehen?“, erkundigte Amariah sich besorgt. „Zweifelst du an Vaters guten Absichten bezüglich unserer Zukunft? Wenn dir dieses Leben nicht zusagt, nun, dann werden Bethany und ich einen Weg finden, den Club auch ohne dich ... “
„Nein“, sagte Cassia knapp und senkte verlegen den Blick auf ihren Fächer. Wie konnte sie nur so selbstsüchtig sein, während Bethany und Amariah bereit waren, sich für die gute Sache aufzuopfern? Wie war es möglich, dass sie an Heirat dachte, kaum dass dieser verwünschte Richard Blackley ihr über den Weg gelaufen war - zumal er offenbar kurz davor stand, sich zu verloben?
„Vater würde sagen: alles zu seiner Zeit, Mädchen.“ Amariah legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie an sich. Der zarte Duft nach Lavendel, der die ältere Schwester umgab, war Cassia unendlich vertraut und hatte etwas Tröstliches. „Was auch immer dein Wunsch ist, Cassia. Wenn er in Erfüllung gehen soll, dann wird es geschehen. Etwas anderes wirst du gar nicht zulassen.“
„Sie haben ein Auge auf die Jüngste geworfen, habe ich recht?“ Der Gentleman neben Richard machte aus seinem Vergnügen kein Hehl und grinste anzüglich. Er war groß und hager, und seine Wangen wiesen ungesund wirkende rötliche Flecken auf, doch sein Akzent und seine Garderobe ließen keinen Zweifel daran, dass er ein Mann von Stand war. „Cassia heißt sie. Cassia Penny. Wenn Sie mich fragen, ist sie
die attraktivste der drei Schwestern.“
Richard antwortete nicht. Cassias Anblick ging ihm so nahe, als habe er sie jahrelang nicht gesehen. Obwohl er sich nach Kräften bemühte, nicht an sie zu denken, vermisste er sie.
Gerade trat sie mit ihrer ältesten Schwester am Arm durch die Terrassentür in den Salon. Ihr Antlitz war so bleich wie das Mondlicht, das den Garten erhellte. Ihr Strahlen war verschwunden, und sie sah so bedrückt und traurig aus, dass er sich fragte, ob sie geweint hatte. Sie ist jung und wunderschön - weshalb sollte sie unglücklich sein? fragte er sich. Was mochte geschehen sein, dass sie so niedergeschlagen war?
„Es lohnt sich, sie näher in Augenschein zu nehmen, diese Miss Cassia Penny“, fuhr der Gentleman neben ihm fort. „Es sollte Sie nicht kümmern, dass sie aus einfachen Verhältnissen kommt. Sehen Sie doch, wie sie sich bewegt und wie reizend ihr Busen sich wölbt! “
„Sie klingen, als seien Sie verdammt vertraut mit der Dame“, erwiderte Richard, ohne den Blick von Cassia abzuwenden.
„Nur in meinen Träumen, mein Freund. Und es werden wohl auch Träume bleiben, fürchte ich.“ Der Mann seufzte und nahm einen kräftigen Schluck Wein. „Sie sind lediglich zum Betrachten da, diese Penny-Schwestern, und leben oben im Haus wie die vestalischen Jungfrauen. Kein Mann darf sie berühren, andernfalls zeigt man ihm unverzüglich die Tür. Allein in diesem Salon befinden sich etliche
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