Spiel ums Glueck
für Papa die ,Ilias' von Homer zu übersetzen. “
„Ja und nein“, wandte Cassia ein. „Überlege doch, wie leicht es dir fällt, binnen kürzester Zeit mehrstellige Summen im Kopf zusammenzurechnen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass du dich um die Spiele kümmerst und die Buchführung überwachst.“
Bethany nickte und schnipste aufgeregt mit dem Finger. „Vom Lesen der Londoner Zeitung weiß ich, dass der Erfolg eines solchen Etablissements zu einem guten Teil davon abhängt, wie behaglich sich die Gentlemen dort fühlen, ob das Ambiente angenehm ist und der Komfort seinesgleichen sucht. Spielen können sie in fast jedem Club, aber in unserem würden sie überdies mit superbem Essen und den edelsten Weinen verwöhnt. Das wird sie an unser Haus binden und uns von den vielen anderen deutlich abheben.“
„Wenn du dich um die Speisen kümmern würdest, könnten wir sogar Erfolg haben, Bethany“, sagte Cassia und klatschte vor Aufregung in die Hände. „Keiner der französischen Köche in Elverstons Küche kann dir das Wasser reichen, das weißt du.“
Amariah seufzte und erhob sich. „Und welche Rolle hast du für dich auserkoren, Cassia?“
Cassia reckte das Kinn und lächelte. Sie war nicht annähernd so nutzlos, wie sie anfangs befürchtet hatte. Sie musste lediglich einen Platz für sich finden, wo sie ihre speziellen Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. „Ich könnte den Club zum modischsten Haus in der ganzen Stadt machen. Ich würde ihn in einen solch einzigartigen Ort verwandeln, dass jeder, dem es noch nicht vergönnt war, ihn zu begutachten, alles gäbe, um unser Gast sein zu dürfen. Wenn wir ,Whitaker’s‘ wiedereröffnen, wird von einem zweifelhaften Etablissement nicht mehr die Rede sein. “
„Cassia“, seufzte Amariah wieder. „Und wer wüsste es besser, den Ton anzugeben in einer Weltstadt wie London, als drei Pfarrerstöchter aus Woodbury!“
„Drei gut aussehende Pfarrerstöchter!“, betonte Cassia, und wie verabredet, warfen die jungen Frauen einen Blick in den Spiegel über dem Kamin. Selbst in Trauer, mit den rot geweinten Augen und dem streng am Nacken in einem Knoten zusammengehaltenen roten Haar sah das Trio ausgesprochen attraktiv aus: Amariah, die Älteste und Größte, besaß die Haltung einer Duchess; Bethany mit ihren lieblichen Zügen bildete die Mitte, und Cassia betörte durch ihre schönen hohen Wangenknochen und die leuchtend blauen Augen.
„Du kannst nicht leugnen, dass wir hübsch anzusehen sind“, fuhr Cassia fort. „Zumindest sagt man uns das immer wieder. Wie würdest du uns finden, wenn du ein gelangweilter Londoner Beau wärest?“
„Mit dem Sohn des hiesigen Squire in Haverton zu tanzen ist nicht dasselbe wie mit einem Frauenheld in London zu flirten“, belehrte Amariah sie. „Wir könnten gehörig auf die Nase fallen.“
„Dann werden wir eben sittsamer sein denn je, Amariah“, verkündete Cassia und deutete einen Knicks an. „Umso mysteriöser und exotischer werden wir unseren Gästen erscheinen, wenn wir uns in einer für Damen zweifelhaften Umgebung hochanständig gebärden und Distanz wahren. Und wir könnten den Namen des Clubs ändern, um ihn stärker mit uns in Verbindung zu bringen. Wir sollten ihn ,Penny House' nennen.“
Penny House“! “, rief Bethany begeistert aus. „Oh, Cassia, das gefällt mir!“
Amariah schob das Bild von dem Club in die Mitte des Tisches und legte die Hände auf ihre glühenden Wangen. „Ich kann es nicht glauben, dass wir eine solche Unterhaltung führen, kaum dass Vater unter der Erde ist“, sagte sie leise. „Über einen Umzug nach London, eine Spielhölle, die unseren Namen tragen soll, und darüber, ob es uns mit unserem Aussehen gelingen wird, das Haus vollzubekommen. Oh -was würde Vater nur dazu sagen! “
„Er würde uns seine Herde von dummen Gänsen schimpfen“, erklärte Cassia und musste grinsen. „Und dann würde er uns raten, so zu handeln, wie wir es für richtig und vernünftig halten. So, wie er es selbst tun würde - wie er es immer getan hat.“
Bethany und Amariah erhoben sich und gesellten sich zu der Schwester, um einander die Hände zu reichen. Zusammen starrten sie für einen Augenblick verträumt auf das Bild auf dem Tisch.
„Gingen wir nach London, könnten wir zusammenbleiben“, sagte Cassia schließlich. „Wir müssten keine getrennten Wege einschlagen. Vater würde auch diese Wendung gutheißen.“
Bethany nickte. „Wenn wir nach London gehen und
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