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Spiel ums Glueck

Titel: Spiel ums Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miranda Jarrett
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„Oh, jeder mag den neuen Herrn, Miss. Wie könnte man einen vornehmen Junggesellen, der so hübsch und jung und freundlich ist, nicht gut leiden?“ „In der Tat.“ Kein Wunder, dachte Cassia, dass Richard an seinem baufälligen Landhaus hängt, wenn all seine rundwangigen Dienstmädchen ihn so anhimmeln wie Bess. Mit Sicherheit hätte er genügend Platz in seinem großen Bett, wenn er ihre Gesellschaft wünschte. Der Anflug von Eifersucht erstaunte Cassia. Hör sofort damit auf! tadelte sie sich entnervt. Dass es Dienerschaft auf Greenwood Hall gab, machte ihr Arrangement mit Blackley schließlich respektabel, und Gott sei Dank würde es hier schon bald vor Handwerkern und Arbeitern nur so wimmeln. Weshalb sollte es sie kümmern, mit wem er das Bett teilte? Heute mit einer Dienstmagd, morgen mit der Tochter eines Marquess. Weshalb sollte es sie kümmern, solange nicht sie es war, die er verführte?
    Sie setzte ein Lächeln auf. „Wie viele Dienstboten gibt es in Greenwood Hall, Bess?“
    „Wir sind zu fünft, Miss. Die Köchin, Mr Carroll, Bob, Jemmy und ich.“
    Cassia nickte und fügte ihrer Liste in Gedanken einen weiteren Punkt hinzu. Fünf Diener für ein Haus wie dieses waren eindeutig zu wenig. Lady Anne und ihre Mutter würden mindestens das Dreifache an Personal für selbstverständlich halten.
    „Soll ich Ihnen einen Tee bringen, Miss Penny?“, erkundigte sich das Dienstmädchen. „Toast, Schinken und Butter?“
    „Nein danke, Bess. Nicht jetzt. Ich denke, ich werde erst einmal auf Erkundungstour gehen, bevor ich frühstücke.“
    Sie begab sich in die Halle hinunter, von der einige Türen abgingen. Da sie ausnahmslos offen standen, warf sie einen Blick in die dahinterliegenden Räume. Jeder Schritt, den sie tat, hallte mit geisterhafter Tristesse durch die staubigen, spärlich möblierten und heruntergekommenen Zimmer. So nackt und unbewohnt, wie sie waren, konnte man nicht einmal mehr Rückschlüsse auf ihre ursprüngliche Funktion ziehen. War dieser Raum hier der große Salon, das Musikzimmer oder das Speisezimmer gewesen? Langsam begann Cassia zu begreifen, weshalb Richard keinen namhaften Ausstatter für Greenwood Hall hatte gewinnen können, insbesondere wenn man bedachte, wie wenig Zeit er für die Instandsetzung des Hauses zur Verfügung stellte.
    Flüchtig strich sie mit der Hand über die fein ausgearbeitete marmorne Verkleidung des Kaminsimses, vor dem sie stehen geblieben war. Dass diese nicht ebenfalls herausgerissen und verkauft worden war, lag bestimmt nur an der einen abgesplitterten Ecke, die jedem Betrachter sogleich ins Auge sprang. Hier zeigte sich die andere Seite der Vergnügungen, wie sie auch in „Penny House“ angeboten wurden. Der Ausverkauf von Greenwood Hall war das traurige Ergebnis eines unüberlegten Glücksspiels und einer anhaltenden Pechsträhne. Wie viele Leidensgenossen Sir Henry Green wohl haben mag? fragte sich Cassia im Stillen. Wie viele Gentlemen mochten das Vermögen, welches ihre Vorväter über Jahrhunderte angehäuft hatten, verspielt haben?
    Unwillkürlich zuckte sie mit den Achseln. Da sie sich des Gefühls nicht erwehren konnte, die traurige Atmosphäre in diesem Raum lege sich ihr aufs Gemüt, kehrte sie in die Halle zurück. Sie verspürte den Drang, ins Freie zu gehen, fort von all dem Staub und den kläglichen Überresten eines einst prachtvollen Herrenhauses. Sie bog in die Galerie ein, auf deren eine Seite die Fenster bis zum Boden reichten, lief bis zum Ende hindurch und gelangte zu einem überdachten Wandelgang. Erleichtert trat sie durch die Tür und schritt hinaus in den Garten.
    Ein zarter Dunstschleier schwebte über dem Rasen, und an dem zartblauen Himmel zeigten sich die ersten Sonnenstrahlen. Cassia fröstelte und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie lächelte. Der Anblick des märchenhaft verwilderten Gartens war zauberhaft und ließ sie die beklemmenden Momente in dem dunklen und verwahrlosten Gemäuer vergessen.
    „Einen schönen guten Morgen, Cassia.“ Richards Stimme erschreckte sie derart, dass sie sich hastig umwandte. Er war weder hinter ihr aus dem Haus gekommen, noch saß er auf der breiten Steinbank, die windgeschützt vor einem alten Hortensienstrauch am anderen Ende des Wandelganges aufgestellt war; er lag, wie sie jetzt schockiert feststellte, gleich neben der besagten Bank in einer steinernen Wanne, bis zur Brust ins Wasser getaucht, und las eine Zeitung. Nur der Dampf, der aus dem heißen Bad in die kühle

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