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Spiel ums Glueck

Titel: Spiel ums Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miranda Jarrett
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täuschen, hatte er es irgendwie bewerkstelligt, sie so heftig zu erzürnen, dass sie während der ganzen restlichen Fahrt nach Greenwood kein einziges Wort mehr mit ihm gesprochen hatte. Kaum der Kutsche entstiegen, war sie unverzüglich in ihrem Zimmer verschwunden, hatte allein diniert und ihm mitteilen lassen, sie werde erst heute Morgen wieder mit ihm sprechen, wenn sie einen Rundgang durch das Haus vorgenommen hätten.
    Mit einem letzten Seufzer schwang er sich wieder in den Sattel und spornte sein Pferd an, um zum Herrenhaus zurückzukehren. Er musste sich waschen, rasieren, sich umziehen und frühstücken. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, er bereite sich auf eine Schlacht vor.
    Hoffentlich würde Cassia ihn diesmal verstehen.
    Es war dunkel gewesen, als sie gestern Nacht angekommen waren, und vor Müdigkeit hatte Cassia bei ihrer späten Mahlzeit fast die Gabel fallen lassen. Ohne sich weiter umzusehen oder ausführlich Toilette zu machen, war sie in ihr Bett gesunken. Doch jetzt erfüllte strahlender Sonnenschein ihr Zimmer, und all die Entschuldigungen, die sie sich vor wenigen Stunden noch zurechtgelegt hatte, um Richard aus dem Weg zu gehen, waren vergessen.
    Sie schlug die Decke zurück und sah sich um. Das Erste, das ihr ins Augen fiel, war ein Wasserfleck am Plafond. Bei Tageslicht betrachtet, wirkte das Schlafgemach recht geräumig, was wahrscheinlich an den hohen Fenstern lag, die sehr viel Helligkeit hereinließen. Sie stand auf, um einen Blick nach draußen zu werfen. Der Blumengarten, oder das, was von ihm übrig war, erstreckte sich hier an der Südseite des Hauses. Cassia wandte sich wieder um und seufzte. Die Wände machten den Eindruck, als wären sie seit einem halben Jahrhundert nicht mehr gestrichen oder tapeziert worden.
    Sie ging zu einem gebrechlich aussehenden Stuhl, der im Augenblick ersatzweise als Standfläche für die Waschschüssel diente, und begann im Kopf eine Liste der Maßnahmen zu machen, die als Erstes in die Wege geleitet werden mussten. Die Eichenholzdielen unter ihren nackten Füßen sahen morsch aus, es gab weder Teppiche noch Gardinen im Zimmer, und das einzige brauchbare Möbelstück war die schmale Bettstatt. Am Schrank fehlten die Türen sowie etliche Schubladen, und die zwei einzigen Stühle im Raum waren so verzogen, dass man sich nicht trauen durfte, sich daraufzusetzen.
    Rasch benetzte sie ihr Gesicht mit kaltem Wasser und zog sich an, fest entschlossen, nicht eine Sekunde zu verlieren. Denn die dreißig Tage würden wie im Flug vergehen. Wenn die anderen Räumlichkeiten im Herrenhaus genauso aussahen wie dieses Schlafgemach, würde sie jede Minute gebrauchen und den Malern, Gipsern und Zimmermännern Wunder abverlangen müssen.
    Cassia öffnete die Tür. Sie führte in einen langen dunklen Flur hinaus, der einen ebenso heruntergekommenen Eindruck machte wie ihr Zimmer. An den Wänden hing nicht ein einziges Bild, geschweige denn ein Kerzenleuchter. Auf Zehenspitzen schlich sie von Tür zu Tür und warf einen flüchtigen Blick in die Räume, als vermutete sie Bewohner darin, die sich erschrecken könnten. Bestimmt bin ich seit Jahren der erste Gast in diesem Haus, ging es ihr durch den Kopf, wenn man von den Feldmäusen einmal absieht, die sich durch das morsche Holz genagt haben.
    „Tag, Miss.“ Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich ein junges Dienstmädchen vor ihr auf, das einen Kübel Wasser trug, und sah sie mit weit geöffneten Augen an. In der Dunkelheit wäre Cassia beinahe mit ihm zusammengestoßen. „Brauchen Sie was, Miss?“
    Cassia lächelte, gewillt, sich mit jedem zu verbünden, der ihr über den Weg lief. „Ist Mr Blackley bereits zum Frühstück heruntergekommen?“
    „Der Herr, meinen Sie?“ Das Mädchen errötete so heftig, dass Cassia es selbst in dem Dämmerlicht sehen konnte. „Nee, Miss. Hab ihn heute noch nicht gesehen. Er könnte auch auf seinem Zimmer gefrühstückt haben. Wir kennen ihn und seine Angewohnheiten nicht, dazu ist er zu selten hier.“ „Dann muss ich mich selbst auf die Suche nach ihm machen“, sagte Cassia. „Darf ich deinen Namen erfahren?“ Das Mädchen machte einen Knicks. „Bess, Miss.“
    „Es freut mich, dich kennenzulernen, Bess“, erklärte Cassia, denn ihr Vater hatte ihnen immer eingeschärft, dass Dienstboten nicht respektlos behandelt werden durften. „Bist du gern in Greenwood Hall?“
    „Jetzt ja, Miss.“ Bess lächelte schwärmerisch und neigte den Kopf leicht zu einer Seite.

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