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Spiel unter Freunden

Spiel unter Freunden

Titel: Spiel unter Freunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PJ Tracy
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sowieso keinen bösen Buben mehr schnappen.»
Das Grinsen verschwand. Sie hatte sozusagen mit seinem Sheriffstern
gewinkt. «Genau das ist es», seufzte er, stand auf und
ordnete Papiere, Schnellhefter und Fotos, die ausgebreitet auf dem
Tisch lagen. Er legte sie in den Karton, der inzwischen die
Kleinfeldt-Akte beherbergte. «Ich fahre heute Abend nach
Minneapolis.» Sie blieb einen Moment lang stumm, und er
spürte die Veränderung in ihr wie ein plötzliches
Abfallen des Luftdrucks. Von der verführerischen Frau zum
nüchternen Deputy, hundert Prozent im Dienst. «Was ist
passiert?» Er klemmte den Karton unter den Arm und zog seine
Jacke von der Stuhllehne. «Ich muss zuerst in die
Asservatenkammer und mich dann schnell auf den Weg machen. Die
Fahrt wird lang.» Er knipste das Licht aus, verschloss seine
Bürotür und ging in Richtung Kellertreppe. Sie blieb ihm
dicht auf den Fersen.
    «Es ist derselbe
Kerl, stimmt's?», fragte sie ihn und musste auf ihren High
Heels Dauerlauftempo einschlagen, um mitzuhalten. «Der
Monkeewrench-Killer ist unser Mann.»
    «Der
Monkeewrench-Killer? Wo haben Sie das
gehört?»
    «Das ist sein
Name in den Medien. Und der ist auch unser Mann, nicht
wahr?»
    «Kann sein. Die
haben eine Kugel, Kaliber .22, von dem Mord heute Nachmittag in der
Mall of America. Darauf sind genügend Züge, um sie mit
der Kugel zu vergleichen, die wir aus Mrs. Kleinfeldt herausgeholt
haben.» Sie bombardierte ihn mit Fragen: Warum hatte die
Polizei von Minneapolis im katholischen Internat angerufen? Wonach
fahndeten sie? Ritzte der Killer auch dort drüben irgendwelche
Ornamente in seine Opfer? Bekamen sie hilfreiche forensische
Ergebnisse von den Tatorten? Und seltsamerweise: Wie hatte sich
Detective Magozzi am Telefon angehört?
    Er sagte ihr alles,
was sie inzwischen hatten ­ was ja nicht besonders viel war-,
einschließlich der Tatsache, dass Magozzi am Telefon wie ein
durchaus netter Kerl klang, der wohl auch am Ende seiner Weisheit
war.
    «Ist doch
absolut einleuchtend», sagte sie, als sie die gekachelten
Stufen zum Kellergeschoss hinuntergingen.
    «Was meinen Sie
damit?» Sie war aufgeregt, redete schnell, ging schnell,
hatte ihn auf dem schmalen Flur überholt und strebte jetzt auf
die Maschendrahttür am Ende zu. «Die Kleinfeldts waren
seine ersten Opfer; zwei Menschen, die er unbedingt umbringen
wollte. Das war eine persönliche Geschichte. Ergo die Kreuze
auf der Brust.» Halloran runzelte die Stirn bei dem Wort
«ergo». Er konnte sich nicht entsinnen, es je von
jemandem gehört zu haben.
    «Diese
Kennzeichnung hat er bei den nächsten Opfern nicht
vorgenommen, denn sie bedeuten ihm nichts. Es ist keine
persönliche Angelegenheit mehr. Es ist nur noch
Theater.»
    «Theater? Was
für ein Theater?» Er schloss die Maschendrahttür
auf und öffnete sie.
    «Das reine
Affentheater.» Sie rümpfte die Nase, als er über
ihren Scherz nicht lachte. «Ich weiß auch nicht, was
für ein Theater, aber er hat ein Ziel und will etwas ganz
Bestimmtes erreichen.»
    «In Minneapolis
herrscht das Gefühl vor, dass er es zum Spaß tut. Das
Game spielt, um alle zu besiegen.» Er setzte den Karton auf
einem Tisch ab und tastete an der Wand nach dem Lichtschalter. Es
flackerte, bis das weiße Neonlicht von der Decke reihenweise
Metallregale sichtbar machte, auf denen Kartons mit Beweismaterial
aus Fällen standen, die bis ins vorige Jahrhundert
zurückreichten. In Kingsford County wurde nichts
weggeworfen.
    Sharon ging geradewegs
zum nächsten Regal, zog einen Karton heraus und sah sich das
Etikett auf dem kleinen Plastikbeutel an, der darin lag.
«Aber warum überhaupt das Computerspiel spielen? Wenn es
ihm für den Kick schon reicht, mit Kopfschüssen zu
morden, könnte er doch jeden beliebigen Menschen an jedem
beliebigen Ort umbringen.
    Verstehen Sie
nicht?» Sie ging zu Halloran, steckte den kleinen Beutel in
seine Brusttasche, schloss die Klappe und drückte mit der Hand
dagegen. «Er hat sich sehr große Mühe gemacht,
diesem Game möglichst genau zu folgen, und er geht auch sehr
große Risiken ein. Wie zum Beispiel heute in der Mall. Er
muss doch gewusst haben, dass es dort von Polizisten wimmelte, die
alle auf ihn warteten. Nicht gerade der ideale Auftrittsort
für einen Mörder. Und trotzdem hat er dort zugeschlagen.
Warum?» Ihre Hand lag noch immer flach auf seiner
Brusttasche, und er überlegte, ob sie wohl sein Herz
spürte, das für einen Mann, der ruhig dastand, viel zu
schnell schlug.

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