Spiel unter Freunden
Orange.
Unglaublich! Eine
weiße Frau mit Geschmack.
«Wir sind die
Eigentümer von Monkeewrench», lenkte Grace MacBride
Glorias Aufmerksamkeit wieder auf sich.
«Wir wurden
für heute Morgen vorgeladen.» Gloria musterte die
Zirkustruppe kurz und skeptisch. Sie fragte sich, was in aller Welt
diese so verschiedenartigen Menschen wohl zusammengebracht haben
mochte. «Richtig.
Sie stehen auch in
meinem Buch, aber erst für zehn. Sie sind also fast zwei
Stunden zu früh. Machen Sie es sich dort drüben doch so
lange bequem »
«Nein, die Zeit
haben wir nicht.» MacBrides Erwiderung kam so schnell und war
so brüsk, dass Gloria sekundenlang sprachlos war.
«Wie
bitte?»
«Wir müssen
sofort mit den Detectives reden. Bitte rufen Sie sie.» Also,
das war ja wohl die Höhe. Die Wortwahl mochte ja zivilisiert
sein, aber der Befehlston war unerträglich. Gloria konnte es
absolut nicht leiden, herumkommandiert zu werden, und besonders
nicht von so einer dürren weißen Braut, die sich
für was Besseres hielt. Sie stand auf und stützte sich
mit steifen Armen auf ihrem Tisch ab, um die eigene
Größe zur Einschüchterung einzusetzen.
«Hören Sie,
Honey, wenn Sie meinen, ich spaziere in eine Besprechung und sag
denen, sorry, ich muss Sie jetzt hier unterbrechen, denn eine
gewisse Ms. Grace MacBride will Sie unbedingt sprechen, dann haben
Sie sich in Ihren manikürten Finger geschnitten. Mag ja sein,
dass Sie in Ihrem Monkeewrench-Büro das Sagen haben, aber in
diesem Büro hier verhalten Sie sich, wie es den Detectives
passt, und nicht anders herum. Also setzen Sie sich am besten, denn
die Wartezeit könnte sehr lang werden.» Grace MacBride
lächelte sie nur an.
An diesem Tag stand am
Kopfende des Lagebesprechungsraums des Sonderdezernats eine
große Tafel, an die man Autopsiefotos der drei Opfer geheftet
hatte, Fotos von den Tatorten und Vergrößerungen der
speziell für das Computerspiel gestellten Fotos. Der Tisch war
seitlich weggeschoben worden.
Als Magozzi, Gino und
der Chief eintraten, saßen alle wie gebannt da und
betrachteten die Fotos.
Eigenartig, dachte
Magozzi. Wenn sie Autopsiefotos zu Gesicht bekamen, wandten die
meisten Leute den Blick so schnell wie möglich wieder ab. Cops
aus dem Morddezernat gute Cops aus dem Morddezernat
schauten sich die Fotos der toten Opfer immer lange Zeit an,
registrierten Einzelheiten, die den überlebenden
Familienmitgliedern fast immer verborgen blieben, und gingen damit
unwillkürlich eine enge Verbindung mit Menschen ein, die sie
zu deren Lebzeiten nicht gekannt hatten. Sie gaben den Toten ein
stummes Versprechen.
In gewisser Weise war
das wohl ein wenig makaber, aber andererseits war es fast schon
eine Art Liebesdienst. Jeder, der sagte, man müsse seine
Gefühle abschalten, wenn man beim Morddezernat sein wollte,
irrte sich gewaltig.
«Also
schön, alle mal herhören.» Magozzi legte einen
dicken Stapel gehefteter Infozettel auf den Tisch im vorderen
Bereich des Besprechungsraums und setzte sich dann auf dessen
Kante. «Frisch aus dem Kopierer. Könnte sein, dass wir
heute ein Stück weiter gekommen sind, und zwar dank Dr.
Rambachan, der die ganze Nacht lang das Opfer vom Raddampfer
untersucht hat. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen
bedanken, die bereit waren, Überstunden zu leisten.
Ich werde euch einen
schnellen Abriss geben, aber wenn ihr euch später etwas
leichte Lektüre gönnen möchtet, findet ihr den
Autopsiebericht bei den Infozetteln.» Hier und da wurde
gelacht, aber es waren auch diverse mürrische Töne zu
hören, als die Angehörigen des Sonderdezernats, das
offiziell noch gar kein Sonderdezernat war, sich wie Schlafwandler
in einer Schlange aufreihten, um das neue Material in Empfang zu
nehmen. Die meisten von ihnen hatten am vergangenen Tag eine
Doppelschicht abgerissen, und Magozzi fragte sich, ob derjenige,
der daran Schuld hatte, wohl auf ähnliche Weise litt, oder ob
die verrückt spielenden chemischen Botenstoffe in seinem Hirn
ihn nur noch mehr aufputschten.
Er trank den letzten
Schluck von dem exzellenten Kaffee, den die Frauen im Parterre
gekocht hatten, und fuhr dann fort: «Opfer Nummer drei ist
Wilbur Daniels.»
«Er hieß
Wilbur?», fragte Johnny McLaren. Er und Patrol Sergeant
Freedman saßen an diesem Morgen nebeneinander, wohl
zusammengeschweißt durch das, was sie mit Sicherheit als
persönliches Versagen beim gestrigen Hochzeitsfest auf dem
Raddampfer ansahen. Sie sahen völlig
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