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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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diese Kälte bis in meinen Kopf drang und es mir sogar schwerfiel, auf dem Bett zu liegen und Comics zu lesen, was ich sonst eigentlich liebte, bis ich schließlich keine andere Wahl mehr hatte, als mich anzuziehen und in der Hoffnung aus dem Haus zu laufen, dass dort draußen irgendetwas los sein würde.
    Bei uns putzten beide, Mutter und Vater, was nicht allgemein üblich war; soweit ich wusste, half keiner der anderen Väter dabei, mit Ausnahme von Prestbakmo vielleicht, aber ich hatte ihn niemals putzen sehen und bezweifelte letztlich, dass er so etwas machte.
    An diesem Tag war Vater jedoch in die Stadt gefahren und hatte im Hafen Krabben gekauft. Danach hatte er in seinem Büro gesessen, Zigaretten geraucht und möglicherweise Arbeiten korrigiert, möglicherweise Akten gelesen, sich möglicherweise mit seiner Briefmarkensammlung beschäftigt, möglicherweise in dem Comic »Das Phantom« gelesen.
    Vor unserem schwarz gebeizten Gartenzaun, wo der kleine Weg zum B-Max begann, hatte Wasser aus einem Kanalschacht den Waldboden überschwemmt. Rolf, Leif Tores Bruder, hatte vor ein paar Tagen gesagt, dafür sei mein Vater zuständig. »Zuständig« war kein Wort, das er sonst jemals in den Mund genommen hätte, weshalb ich begriff, dass er es von seinem Vater übernommen hatte. Mein Vater saß im Gemeinderat, der auf der Insel bestimmte, das hatte Gustavsen, der Vater von Leif Tore und Rolf, gemeint. Vater musste die Überschwemmung melden, damit sie jemanden schickten, der den Fehler behob. Als wir aufwärtsgingen und meine Augen wieder auf der unnatürlich großen Wassermenge zwischen den kleinen, dünnen Bäumen ruhten, in der auch weißes Toilettenpapier trieb, beschloss ich, ihm das zu sagen, falls sich mir die Gelegenheit dazu bieten sollte. Dass er die Sache bei der Sitzung am Montag melden musste.
    Sieh an, da war er ja. In seiner blauen Regenjacke, die Kapuze nicht aufgezogen, seiner blauen Jeans, die er immer anzog, wenn er im Garten arbeiten wollte, und den grünen, kniehohen Stiefeln bog er um die Hausecke. Sein Oberkörper war leicht angewinkelt, denn in den Händen hielt er eine Leiter, die er über den Hof balancierte und in der nächsten Sekunde abstellte, aufrichtete und an das Hausdach lehnte.
    Ich drehte mich wieder um und machte Tempo, um die anderen einzuholen.
    »Der Regenbogen ist immer noch da!«, rief ich.
    »Das sehen wir auch!«, erwiderte Leif Tore.
    Ich holte sie am Anfang des Waldwegs ein, trat kurz hinter Tronds gelbem Rücken zwischen die Bäume, von denen zahlreiche Tropfen fielen, sobald einer von uns einen Ast zur Seite hob, und zwar unterhalb von Moldens braunem Haus, die keine Kinder hatten, nur einen jugendlichen Sohn mit langen Haaren, einer großen Brille, braunen Kleidern und Hosen mit Schlag. Wir wussten nicht einmal, wie er hieß, und nannten ihn deshalb einfach Molden.
    Der beste Weg zur Kuppe des Bergs hinauf führte an ihrem Garten vorbei, und so gingen wir an ihm entlang langsam weiter nach oben, denn der Weg war steil, und das lange, gelbe Gras, das hier wuchs, war glatt. Ab und zu griff ich nach einem kleinen Baum und zog mich weiter. Knapp unter der Kuppe war der Berg kahl und hatte einen Überhang, den man, zumindest wenn es so nass war wie jetzt, nicht überwinden konnte, aber am Rand gab es eine Spalte zwischen dem Berg und einem kleinen vorspringenden Felsen, in der die Füße Halt fanden, so dass man die letzten Meter bis zum Gipfel problemlos bewältigen konnte.
    »Aber wo ist er denn hin?«, fragte Trond, sobald er als Erster ganz oben stand.
    »Er war doch da drüben!«, rief Geir und zeigte auf das kleine Plateau.
    »Oh, nein«, sagte Leif Tore. »Er ist da unten. Guckt!«
    Alle drehten sich um und schauten hinunter. Der Regenbogen hing weit unter uns über dem Wald. Das eine Ende stand über den Bäumen unterhalb von Becks Haus, das andere ungefähr dort, wo die Grasböschung zur Bucht hinunterführte.
    »Und, sollen wir da runtergehen?«, fragte Trond.
    »Aber vielleicht ist der Schatz ja noch hier«, wandte Leif Tore ein. »Wir sollten sicherheitshalber ein bisschen suchen.«
    »Aber hier kann er doch gar nicht sein«, entgegnete ich. »Er ist nur da, wo der Regenbogen ist.«
    »Wer soll ihn denn auf die Schnelle weggebracht haben? Das wüsste ich mal gerne«, widersprach Leif Tore.
    »Das macht doch keiner«, sagte ich. »Bist du blöd, oder was? Du glaubst doch nicht, dass ihn einer bringt. Das macht der Regenbogen schon selbst.«
    »Du bist bescheuert«,

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