Spielen: Roman (German Edition)
seinen Schwanz. »Wir sind doch den ganzen Tag zusammen gewesen.«
»Ich habe gepisst, als ihr nach dem Schatz gesucht habt«, sagte ich.
In der nächsten Sekunde hing der Dampf der Pisse in der Luft. Ich trat einen Schritt vor, um zu sehen, wer gewonnen hatte. Zu meiner Überraschung war es Trond.
»Rolf hat die Haut an seinem Schwanz verdreht«, meinte Leif Tore und zog den Reißverschluss wieder zu. »Danach hat er viel weiter gepisst.«
»Der Regenbogen ist weg«, sagte Geir und schüttelte sein Glied ein letztes Mal, ehe er es wieder in die Hose steckte.
Alle schauten nach unten.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Trond.
»Weiß nicht«, antwortete Leif Tore.
»Wollen wir zum Bootshaus gehen?«, fragte ich.
»Und was sollen wir da machen?«, wollte Leif Tore wissen.
»Zum Beispiel aufs Dach klettern«, sagte ich.
»Das machen wir!«, rief Leif Tore.
Wir gingen schräg den Hang hinunter, bahnten uns einen Weg durch den dichten Fichtenwald und stießen fünf Minuten später auf die nicht asphaltierte Straße, die an der Bucht vorbeiführte. Auf dem grasbewachsenen Wall auf der anderen Seite liefen wir im Winter immer Ski. Im Sommer und Herbst gingen wir nur selten hin, denn was sollten wir dort? Die schmale Bucht war seicht und schlammig und lud nicht gerade zum Baden ein, der Steg, den es dort gab, war verfallen, und das kleine Inselchen, das auf der anderen Seite lag, war von der Möwenkolonie, die sich dort niedergelassen hatte, gründlich zugeschissen worden. Wenn wir dort umherstreiften, geschah es wie an diesem Vormittag zumeist ziel- und planlos. Ganz oben, zwischen einem sanft abfallenden Feld und dem Waldsaum, stand ein altes, weißes Haus, in dem eine greise, weißhaarige Dame wohnte. Wir wussten nichts über sie. Nicht, wie sie hieß, nicht, was sie dort machte. Ab und zu lugten wir in das Haus hinein, legten die Hände auf ein Fenster und pressten das Gesicht gegen die Scheibe. Aus keinem besonderen Grund, auch nicht aus Neugier, sondern nur, weil es sich machen ließ. Dann blickten wir in ein Wohnzimmer mit alten Möbeln oder in eine Küche mit alten Werkzeugen. Neben dem Haus, auf der anderen Seite des schmalen Feldwegs, lag eine rote, in sich zusammengesunkene Scheune. Und ganz unten, an dem Bach, der aus dem Wald kam, lag ein altes, unlackiertes, mit Dachpappe gedecktes Bootshaus. Am Bachlauf wuchsen Farne und Pflanzen mit Blättern, die im Verhältnis zu den dünnen Stängeln riesig waren; schlug man sie mit den Händen zur Seite, mit diesen Schwimmbewegungen, mit denen man sich an nachgebenden Dingen vorbeibewegte, wirkte der Erdboden nackt, als täuschten die Pflanzen uns, als spiegelten sie uns ein üppiges Grün vor, obwohl unter den dichten Blättern in Wahrheit fast nur Erde war. Weiter unten, in Ufernähe, war die Erde oder der Lehm oder was immer es war, rötlich, ungefähr wie Rost. Manchmal blieben dort verschiedene Dinge hängen, der Zipfel einer Plastiktüte oder ein Pariser, aber nicht an einem Tag wie diesem, an dem das Wasser mit viel Druck aus dem Rohr unter dem Weg schoss und erst in dem kleinen, deltaähnlichen Abschnitt nicht mehr rauschte, in dem sich das Wasser verteilte, bis es die Bucht erreichte.
Die Jahre hatten das Bootshaus ganz grau werden lassen. An manchen Stellen konnte man eine Hand zwischen die Bretter stecken, so dass wir wussten, wie es in seinem Inneren aussah, ohne dass irgendwer von uns es jemals betreten hätte. Nachdem wir eine Weile durch diese Lücken hineingespäht hatten, wandten wir unsere Aufmerksamkeit dem Dach zu. Nun wollten wir versuchen hinaufzukommen. Um das zu schaffen, benötigten wir als Erstes etwas, worauf wir uns stellen konnten. Nichts in der unmittelbaren Nähe schien dafür geeignet zu sein, so dass wir zur Scheune hochgingen und uns dort umsahen. Zunächst vergewisserten wir uns allerdings, dass oberhalb von ihr kein Auto stand, was nämlich gelegentlich vorkam. Sein Besitzer war ein Mann, vielleicht ihr Sohn, der uns manchmal verbot, über den Hof zu laufen, wenn wir dort die Loipe verlängern wollten, was sie dagegen niemals tat. Deshalb waren wir vor ihm ein wenig auf der Hut.
Kein Auto.
Ein paar weiße, an die Wand geworfene Kanister, wie ich sie vom Hof meiner Großeltern kannte; sie enthielten Ameisensäure. Eine verrostete Tonne. Eine ausgehängte Tür.
Aber da! Ein Schemel!
Wir hoben ihn an. Er saß fast in der Erde fest. Asseln und kleines spinnenartiges Getier krabbelten in alle Richtungen davon, als wir
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