Spielen: Roman (German Edition)
ich.
»Richtig«, sagte er. »Jetzt brauchst du nur noch eine Band.«
»Aber dann muss ich mir deine Gitarre leihen«, sagte ich.
»Das darfst du nicht.«
Dazu sagte ich nichts, denn manchmal änderte er seine Meinung innerhalb kürzester Zeit.
»Wann hast du morgen eigentlich Schule?«, fragte ich stattdessen.
»Zur ersten«, antwortete er. »Und du?«
»Ach, um elf, glaube ich.«
»Du glaubst es?«
»Nein, ich weiß es. Und Papa?«
»Ganz sicher zur ersten.«
Das war eine gute Neuigkeit. Dann würde ich ein paar Stunden alleine zu Hause sein.
Ich drehte mich um und ging in mein Zimmer. Der neue Ranzen stand neben dem Schreibtischbein. Der blaue, viereckige, den ich jahrelang benutzt hatte, war zu klein und zu kindlich geworden. Der Ranzen, den ich jetzt hatte, war dunkelgrün und aus einem synthetischen Stoff, der himmlisch roch.
Ich schnupperte eine Weile an ihm. Dann legte ich Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band auf, legte mich rücklings aufs Bett und blickte zur Decke.
Getting so much better all the time!
It’s getting better all the time!
Better, better, better!
It’s getting better all the time!
Better, better, better!
Getting so much better all the time!
Die Musik zog mich hoch, ich schlug mit der Hand in die Luft, bewegte den Kopf auf und ab, platzte fast vor Freude. Bettäh, bettäh, bettäh! , sang ich. Bettäh, bettäh, bettäh!
Schwarzgebeizt lag die Schule vor uns und glitzerte mit ihren vielen Fenstern, als wir uns aus dem Bus wälzten. Wir gehörten jetzt zu den älteren Schülern und wussten, wie wir uns zu verhalten hatten und was uns erwartete. Während die neuen Erstklässler mit ihren Eltern zusammenstanden und, frisch gekämmt und fein angezogen, am Fahnenmast der Rede des Rektors lauschten, schlenderten wir umher und spuckten aus oder lehnten uns im Schlechtwetterunterstand an die Wand und plauderten darüber, was wir in den Sommerferien gemacht hatten. Mit drei Kühen auf einem Bauernhof kam man da nicht weit, aber obwohl unsere einzige Urlaubsreise die nach Sørbøvåg gewesen war, wo ich eine Woche alleine draußen bei Jon Olav verbracht hatte, konnte ich dennoch etwas berichten, denn dort war auch ein Mädchen gewe sen, meine Großcousine, sie hieß Merethe, hatte blonde Haare und wohnte in der Nähe von Oslo. Ich sei mit ihr zusammen gewesen, erklärte ich, und obwohl das nicht so beeindruckend war wie Liseberg in Göteborg, Nordeuropas größter Vergnügungspark, war es doch besser als nichts.
Ein paar von den Mädchen rollten ihre Gummibänder aus, die sie aus ihren mir unbekannten Verstecken holten, und begannen zu springen.
Nein, zu tanzen .
Wir überredeten sie, das Gummiband stattdessen als Hochsprunglatte zu benutzen, denn dann konnten wir mitmachen, ohne vor den anderen Jungs das Gesicht zu verlieren. Zwei von ihnen hielten das Band zwischen sich, und anschließend liefen wir nacheinander an, warfen die Beine hoch und zogen es mit den Füßen so herunter, dass wir auf der anderen Seite landeten.
Es war herrlich, die Mädchen in ihrer eleganten, beherrschten Art mit den Beinen voraus aufsteigen zu sehen.
Swisch, machte es, und dann standen sie ein ums andere Mal auf der anderen Seite.
Das Band wurde immer höher gehalten, bis nur noch einer übrig sein würde.
Ich hoffte, dass ich es wäre, denn mittlerweile hatte sich uns auch Anne Lisbet angeschlossen, aber die Letzte war wie so oft Marianne.
Tapp, tapp, tapp, klang es, als sie anlief, swisch, machte es, als sie sprang, und schon hatte sie das Gummiband übersprungen.
Sie lächelte schüchtern und zog ihre schulterlangen, blonden Haare mit einem Finger zur Seite. Ich fragte mich, ob ich in diesem Schuljahr in sie verliebt sein würde.
Wahrscheinlich nicht. Sie ging ja in meine Klasse.
Würde es vielleicht jemand aus der A sein?
Oder, hallo, verlockende Zukunft, vielleicht sogar jemand aus einer anderen Schule?
Nachdem wir in der ersten Stunde unseren Stundenplan und einige neue Bücher bekommen hatten, durften wir nacheinander erzählen, was wir in den Sommerferien gemacht hatten. In der zweiten Stunde sollten die neuen Klassensprecher gewählt werden. Im Vorjahr waren Siv und ich die Vertreter unserer Klasse gewesen, und ich hielt es für reine Formsache, wiedergewählt zu werden, bis Eivind aufzeigte und erklärte, er wolle auch kandidieren. Am Ende stellten sich sechs Kandidaten zur Wahl. Weil Eivind zu ihnen gehörte, verstieß ich gegen das ungeschriebene Gesetz, dass man niemals,
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