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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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liest du da eigentlich? Ich bin wirklich schockiert.«
    »Schockiert?«, sagte ich. »Was bedeutet das?«
    Sie legte das Brot vor mir auf den Teller, öffnete die Kühlschranktür und holte Käse und Margarine heraus.
    »Was du da liest, ist wirklich ganz furchtbar! Diese Comics sind ja alle voller Gewalt! Es wimmelt in ihnen von Menschen, die sich gegenseitig erschießen und darüber auch noch lachen! Du bist noch viel zu klein, um so etwas zu lesen.«
    »Aber das tun doch alle«, entgegnete ich.
    »Das ist kein Argument«, sagte sie. »Deshalb brauchst du es noch lange nicht zu tun.«
    »Aber ich lese die Comics doch gern!«, sagte ich und verstrich mit dem Messer Margarine auf dem Brot.
    »Ja genau, das ist ja gerade das Schlimme!«, rief sie und setzte sich. »Diese Hefte vermitteln ein schreckliches Menschenbild. Vor allem das Frauenbild ist wirklich grauenvoll. Verstehst du, was ich meine? Ich will nicht, dass deine Ansichten von diesen Heften geprägt werden.«
    »Dass sie andere töten?«
    »Ja, zum Beispiel.«
    »Aber das ist doch nur Spaß!«, wandte ich ein.
    Mutter seufzte.
    »Weißt du eigentlich, dass Ingunn an der Universität eine Arbeit über Gewalt in Comics schreibt?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Diese Hefte sind nicht gut für dich«, erklärte sie. »So ist es einfach. Du wirst ja wohl verstehen, dass sie nicht gut für dich sind.«
    »Ich darf sie nicht mehr lesen?«
    »Nein.«
    »Hä?«
    »Es geschieht nur zu deinem Besten«, betonte sie.
    »Ich darf meine Comics nicht mehr lesen? Aber Mama, Mama … Niemals?«
    »Du darfst Donald Duck lesen.«
    »DONALD DUCK?«, schrie ich. » Kein Mensch liest DONALD DUCK!«
    Ich brach in Tränen aus und rannte in mein Zimmer.
    Mutter folgte mir, setzte sich auf die Bettkante und strich mir über den Rücken.
    »Du kannst Bücher lesen«, sagte sie. »Das ist viel besser. Wir können zusammen mit Yngve in die Bücherei gehen. In der Stadt, einmal in der Woche, und dann darfst du dir so viele Bücher ausleihen, wie du willst.«
    »Aber ich will keine Bücher lesen«, entgegnete ich. »Ich will Comics lesen!«
    »Karl Ove«, sagte sie, »meine Entscheidung steht fest.«
    »Aber Papa liest doch Comics!«
    »Er ist ein erwachsener Mann«, sagte sie. »Das ist etwas anderes.«
    »Dann werde ich nie mehr Comics lesen dürfen?«
    »Heute Abend muss ich arbeiten, aber morgen Abend können wir in die Stadtbücherei gehen«, sagte sie und stand auf. »Abgemacht?«
    Ich antwortete nicht, und sie ging hinaus.
    Wahrscheinlich hatte sie eines der Hefte gefunden, die im Krieg spielten und in denen alle Deutschen, oder Fritz oder Sauerkraut oder wie sie genannt wurden mit einem Lächeln auf den Lippen umgebracht wurden und in denen es von Donnerwetter! und Schwachkopf! oder was sie sich sonst in der Hitze des Gefechts noch so alles an den Kopf warfen, wimmelte, oder sie hatte in Heften von Agent X9 oder anderen geblättert, in denen die meisten Frauen einen Bikini trugen, wenn überhaupt. Es machte einfach Spaß, Modesty Blaise anzusehen, wenn sie sich auszog, allerdings nur, wenn ich alleine war, denn sonst fand ich Nacktheit ungeheuer peinlich. Wenn Agaton Sax im Kinderprogramm lief, errötete ich jedes Mal, wenn Mutter und Vater dabeisaßen, denn im Vorspann beobachtet er mit einem Fernrohr eine nackte Frau. Gelegentlich kam es auch vor, dass jemand in einer der Serien oder Filme im Fernsehen vögelte, und wenn dies in einer Sendung passierte, die in der Zeitspanne lief, in der ich fernsehen durfte, wurde das Ganze vollkommen unerträglich. Da saßen wir, die ganze Familie, Vater, Mutter und zwei Söhne, und dann gab es jemanden, der mitten im Wohnzimmer im Fernsehen bumste, wo sollte man da bloß hingucken? Oh, das war schrecklich.
    Die Comics hatte ich dagegen für mich alleine gehabt, Mutter hatte nie einen Blick in sie geworfen.
    Jetzt sollte ich sie plötzlich nicht mehr lesen dürfen?
    Wie ungerecht war denn das?
    Ich weinte, ich war außer mir vor Wut, ich ging wieder zu ihr und sagte ihr, sie habe nicht das Recht, mir das Lesen von Comics zu verweigern, wusste jedoch, dass die Schlacht verloren war, sie hatte ihre Entscheidung getroffen, und wenn ich nicht aufhörte zu protestieren, brauchte sie bloß Vater Bescheid zu sagen, gegen den ich unmöglich rebellieren konnte.
    Die Hefte, die ich mir geliehen hatte, wurden zurückgegeben, die anderen weggeworfen. Am nächsten Tag fuhren wir in die Stadtbücherei und bekamen jeder einen Bibliotheksausweis. Damit hatte sich

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