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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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seinen Sätzen seltsame Formulierungen auf, so sagte er beispielsweise fantisieren und vierkantlich , und statt eine Apfelsine sagte er ein Apfelsine, und obwohl ich ihn jedes Mal berichtigte, fuhr er fort, diese Wortformen zu benutzen, als wären sie ein ebenso dauerhafter Teil von ihm wie die Farbe seiner Augen oder die Stellung seiner Zähne.
    Dann bemerkte er meinen Blick, und seine Augen begegneten meinen. Mit einem Lächeln auf den Lippen streckte er sich zum Duschkopf hoch und presste die flache Hand dagegen, so dass der Strahl erstickt wurde und sich das Wasser unter seinen Fingern verdickte. Er lachte und drehte sich zu mir um. Ich hielt meine Hände vor ihm hoch. Die Fingerkuppen waren rot und von der Feuchtigkeit aufgequollen.
    »Die sehen aus wie Rosinen«, kommentierte ich.
    Er musterte seine Finger.
    »Meine auch«, sagte er. »Stell dir vor, der ganze Körper würde so beim Schwimmen!«
    »Der Sack ist ja immer runzlig«, erwiderte ich.
    Geir schaute sich um. Dann drehte er die Dusche ab, ging zu der Reihe von Haken, wo unsere Handtücher hingen, und begann sich abzutrocknen. Ich nahm das Seifenstück in die Hand und warf es flach von mir. Es rutschte über den Boden, stieß in der Ecke gegen die Wand und blieb über einem der Abflussgitter liegen. Ich drehte die Dusche ab und wollte Geir schon folgen, als ich plötzlich den Gedanken nicht ertragen konnte, dass die Seife dort mitten auf dem Boden lag. Ich hob sie auf und warf sie in einen Mülleimer an der Wand. Anschließend presste ich das Gesicht gegen den trockenen Frotteestoff des Handtuchs.
    »Stell dir vor, wie es wohl ist, wenn wir Haare am Pimmel haben«, sagte Geir und machte ein paar Schritte mit gespreizten Beinen.
    Ich lachte.
    »Stell dir vor, die würden richtig lang werden!«, sagte ich.
    »Bis zu den Knien herunterhängen!«
    »Dann müssen wir sie kämmen!«
    »Oder einen Pferdeschwanz daraus machen!«
    »Oder zum Friseur gehen! Ich würde mir gerne die Haare auf meinem Pimmel schneiden lassen!«
    »So, so, und wie möchten Sie sie geschnitten haben?«
    »Ganz kurz, bitte!«
    Im selben Moment ging die Tür auf, und wir hörten auf zu lachen. Ein dicker, älterer Mann mit traurigen Augen kam herein, und die Leere, die das Lachen in uns hinterlassen hatte, wurde sofort von Kichern gefüllt, als er uns erst höflich zunickte und sich als Nächstes verschämt abwandte, um seine Badehose auszuziehen. Als wir unsere Badesachen nahmen und die Dusche verließen, sagte Geir laut:
    »Der hat bestimmt einen riesengroßen!«
    »Oder einen winzig kleinen!«, erwiderte ich ebenso laut, und dann knallten wir die Tür hinter uns zu und liefen in den Umkleideraum. Kurze Zeit saßen wir lachend da und überlegten, ob er uns wohl gehört hatte oder nicht, bis die ansonsten so ruhige Atmosphäre auch uns erfasste und wir mit irgendwie satten Bewegungen anfingen, zusammenzupacken und uns anzuziehen, so dass keine anderen Geräusche zu hören waren als Füße auf Linoleum, das Rascheln von Beinen, die in Hosen, von Armen, die in Jacken glitten, das schneidende Quietschen, wenn ein Spind geöffnet oder geschlossen wurde, irgendein Mann, der eventuell ermattet von der Hitze in der Sauna leise vor sich hin seufzte.
    Ich holte den Sportbeutel aus dem Schrank und steckte die Schwimmsachen hinein. Erst die Schwimmbrille, die ich in den Händen hielt und einen Augenblick betrachtete, weil sie neu war und mich Freude darüber empfinden ließ, dass sie mir gehörte. Danach die Badehose, die Badekappe und das Handtuch und zuletzt die Seifendose. Mit ihren sanft abgerundeten Konturen, der grünlichen Farbe und dem schwachen Duft von Parfüm gehörte die Dose einer anderen Sphäre an als der Rest meiner Schwimmausrüstung, war sie intim verbunden mit Mutter und ihren Sachen im Schrank: Ohrringe, Ringe, Flakons, Gürtelschnallen, Broschen, Tücher und Schleier. Obwohl ihr anscheinend nicht bewusst war, dass es eine solche Sphäre gab, denn sonst hätte sie mir damals niemals diese Damenbadekappe gekauft. Damenbadekappen gehörten nämlich der gleichen Sphäre an. Und eins wusste nun wirklich jeder, dass die eine Sphäre nie mit der anderen verbunden werden durfte.
    Neben mir war Geir fast fertig. Ich stand auf, zog meine Unterhose an, suchte die lange Wollunterhose heraus und steckte erst das eine, dann das andere Bein hinein. Dann zog ich sie bis über die Taille hoch, ehe ich mich umdrehte und meine Kleider nach den Socken durchwühlte. Ich fand nur eine und

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