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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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sagte er. »Ist dein Vater zu Hause?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein«, antwortete ich. »Er ist auf einer Versammlung.«
    Der Mann, der einen Bart hatte und eine Brille trug, in dessen Mundwinkeln immer etwas Spucke hing und der in seinem Auto, einer Sonderanfertigung, oft mit Jugendlichen durch die Gegend fuhr, seufzte.
    »Dann richte ihm bitte aus, dass ich hier gewesen bin«, sagte er.
    »Ja«, erwiderte ich.
    Er schleppte sich mit Hilfe seiner Arme zurück, öffnete die Autotür und hievte sich auf den Fahrersitz. Ich sah ihn mit großen Augen an. Im Wagen verwandelte sich das Langsame, Hilflose seiner Bewegungen. Kraftvoll brachte er den Motor auf Touren, beherzt setzte er auf die Straße zurück, rauschte die Straße hinunter und verschwand.
    Ich schloss die Tür, ging in mein Zimmer und hatte mich gerade aufs Bett gelegt, als unten die Tür geöffnet wurde.
    Ich hörte an den Geräuschen, dass es Yngve war.
    »Bist du da?«, rief er auf der Treppe. Ich stand auf und ging in den Flur.
    »Ich habe einen Mordshunger«, meinte er. »Wollen wir zu Abend essen?«
    »Es ist doch erst kurz nach acht«, entgegnete ich.
    »Je früher, desto besser«, sagte er. »Dann kann ich uns nämlich einen Tee kochen. Ich habe wirklich einen Riesenhunger.«
    »Ruf mich, wenn der Tee fertig ist«, sagte ich.
    Eine Viertelstunde später saßen wir zusammen und aßen belegte Brote. Vor jedem von uns stand ein großer Becher Tee.
    »Ist heute Abend ein Auto hier gewesen?«, erkundigte sich Yngve.
    Ich nickte.
    »Der Gelähmte aus dem Gemeinderat war hier.«
    »Was wollte er?«
    »Das weiß ich doch nicht.«
    Yngve sah mich an.
    »Heute hat übrigens jemand über dich gesprochen«, bemerkte er.
    Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.
    »Ah ja?«, sagte ich fragend.
    »Ja. Ellen.«
    »Und, was hat sie gesagt?«
    »Sie hat gesagt, du würdest so komisch gehen.«
    »Das hat sie überhaupt nicht gesagt!«
    »Doch. Und es stimmt ja auch, nicht? Du gehst ein bisschen komisch, ist dir das etwa noch nicht aufgefallen?«
    »Das tue ich NICHT!«, rief ich.
    »Und ob du das tust«, widersprach Yngve. »Der kleine Krümel kann nicht einmal ordentlich gehen.«
    Er stand auf, ging durch die Küche und ließ sich bei jedem Schritt sozusagen nach vorn fallen. Ich beobachtete ihn mit Tränen in den Augen.
    »Ich gehe ganz normal«, sagte ich.
    »Ellen hat das gesagt, nicht ich«, meinte er und setzte sich wieder. »Weißt du, sie reden über dich. Du bist ein bisschen seltsam.«
    »DAS BIN ICH NICHT!«, schrie ich und warf mein Brot mit voller Wucht nach ihm. Er wich mit dem Kopf aus, und es traf mit einem leisen Klatschen den Herd.
    »Ist das kleine Bübchen etwa wütend geworden?«, fragte er.
    Ich stand mit der Teetasse in der Hand auf. Als Yngve das sah, stand er ebenfalls auf. Ich schüttete den heißen Tee in seine Richtung. Er traf ihn am Bauch.
    »Du bist so süß, wenn du wütend wirst, Karl Ove«, sagte er. »Unser armer, kleiner Krümel. Soll ich dir beibringen, wie man geht? Weißt du, ich kann nämlich gehen.«
    Mir standen Tränen in den Augen, aber ich blieb nicht deshalb stumm, sondern weil der Zorn, der in mir aufgestiegen war, meinen ganzen Kopf mit einer Art rotem Nebel füllte.
    Ich stürzte mich auf ihn und schlug ihm mit aller Kraft in den Bauch. Er packte meine Arme und drehte mich herum, ich versuchte, mich aus seinem Griff zu winden, er hielt mich fest, ich versuchte zu treten, er presste mich fester an sich, ich versuchte, ihm in die Hand zu beißen, er schob mich fort.
    »Na, na«, sagte er.
    Wieder stürzte ich mich auf ihn und hatte nur den einen Wunsch, ihm in die Fresse zu schlagen, ihm die Fresse zu polieren, und wäre ein Messer greifbar gewesen, hätte ich nicht gezögert, es ihm in den Bauch zu rammen, aber er wusste das alles, denn das war schon oft geschehen, und deshalb reagierte er wie immer, hielt mich fest, presste mich an sich und sagte, ich sei ein kleiner Krümel und so süß, wenn ich wütend sei, bis ich schließlich versuchte, ihn zu beißen, und er meinen Kopf nicht länger fernhalten konnte, so dass er mich von sich stieß. Diesmal ging ich nicht noch einmal auf ihn los, sondern lief aus der Küche. Auf dem Wohnzimmertisch stand eine Obstschale, aus der ich eine Apfelsine nahm und mit aller Kraft auf den Fußboden schleuderte. Sie platzte auf, und ein dünner Streifen Fruchtsaft spritzte hoch und lief an der Wand die Tapete herunter.
    Yngve stand in der Tür und schaute zu.
    »Was hast du

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