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Spiels noch einmal

Spiels noch einmal

Titel: Spiels noch einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esi Edugyan
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strahlten trotzig, und Wasser schimmerte darin. Sie stemmte eine Hand auf ihre starre Hüfte. »Wollen Sie mich immer noch, Sid?«, sagte sie bitter. »Juckt es Sie immer noch, mich anzumachen?«
    Ich sagte nichts. Ich starrte sie nur an.
    In düsterem Ton sagte sie: »Angeblich war es der Stress. Sie haben behauptet, irgendwann wachsen die Haare wieder nach.« Aber ihre Stimme klang wie erstickt.
    Ich blinzelte, nahm meinen Hut ab.
    Dann trat ich auf sie zu, beugte mich vor. Und küsste sie.
    Sie bewegte sich nicht. Aber ich spürte, wie Erleichterung durch ihren Körper ging, wie die Spannung nachließ. Und dann erwiderte sie den Kuss, ihr Mund auf meinem war weich und warm. Ich dachte, verdammt, das Mädchen weiß überhaupt nicht, wer sie ist. So etwas Erstaunliches und durch und durch Echtes war mir im ganzen Leben nicht begegnet.
    Sie machte sich los, hielt mich auf Abstand, eine Hand auf meiner Brust. »Was machst du da?«
    Ich legte meine Hand auf ihren kahlen Kopf, ganz zart.
    »Nicht, Sid. Lass das, er ist so hässlich.« Sie drehte den Kopf weg.
    »Hey, hey«, murmelte ich, und strich mit den Knöcheln sehr sanft über ihre nassen Wangen. »Das stimmt doch gar nicht. Komm her. Es macht nichts. Weißt du, es klingt verrückt, aber obwohl du erst ein paar Tage hier bist, hab ich das Gefühl, ich kenne dich schon ein Leben lang. Ich glaube, ich glaube, ich bin dabei, mich in dich zu verlieben.«
    Sie schaute auf, dann stieß sie mich heftig vor die Brust. Ich taumelte rückwärts.
    »Treib keine blöden Spielchen mit mir«, sagte sie. »Ich meine das ernst. Sid? Das ist mein Ernst.«
    Ich rieb mir die Brust.
    »Sag das noch mal«, sagte sie.
    »Was?«
    »Was du gerade gesagt hast.«
    »Ich verliebe mich in dich?«
    »Komm her.«
    Auf unsicheren Beinen ging ich zu ihr hin. Ihre Finger wie dünne Taue, ihre marmornen Knöchelchen am Handgelenk,
der biegsame weiße Hals wie eine junge Birke. Schlank und graziös stand sie da, und als ich die Grübchen ihrer Schlüsselbeine sah, wie von einem menschlichen Finger eingedrückt, wollte ich sie küssen.
    Sie nahm meine Hand und führte mich zu Ernsts Sofa. Ich konnte meine Augen nicht von ihr losreißen. Sie legte sich hin und zog mich schüchtern auf sich.
    »Was machst du da?«, sagte ich. »Ernst könnte reinkommen.«
    Ich spürte, wie sie unter mir atmete. Ich küsste ganz sanft die dünnen Härchen auf ihrem Kopf. Sie gab ein leises Geräusch von sich, hob den Kopf, und ich küsste sie noch einmal. Dann stützte ich mich auf einen Ellbogen und knöpfte ihr Kleid auf.
    Ich weiß noch genau, wie es war, als ich mich an ihren Rippen entlang nach unten küsste: Sie schien mit sich in Frieden zu sein, absolut in Frieden.

    Ich fuhr am Morgen aus dem Schlaf hoch, spähte, auf einen Ellenbogen gestützt, durch das Dunkel in Ernsts Büro. Ich war in eine dünne Decke gehüllt, meine Hose, Hemd und Socken lagen auf dem Boden herum wie ein Untier, das seine Fangarme nach allen Seiten ausstreckt. Ich konnte Delilahs Wärme noch an meinem Körper spüren. Ich drehte mich um und wollte sie berühren, aber meine Hand tappte ins Leere.
    »Lilah?«, sagte ich leise. »Bist du hier?«
    Mich beschlich dieses unheimliche Gefühl, als lauerte irgendwas Schlimmes in den Deckenbalken. Die Tür stand halb offen, und als ich hinschaute, sah ich diese blöde Katze im Türspalt sitzen. Sie musterte mich mit ihren gelben Augen, dann drehte sie sich um und schlüpfte hinaus.
    Mich fröstelte. »Delilah? Wo bist du?«
    Ich stand auf, zog meine Hose an und trat hinaus auf die Treppe. Chip und der Junge saßen stumm unten an einem Tisch. Hieros Trompete stand mitten auf dem Tisch wie ein Ausstellungsstück.
    »Wenn das nicht unser romantischer Held ist!«, rief Chip, als ich zu ihnen hinunterstieg.
    Ich lächelte und wurde ein bisschen rot. Ich war eben dabei, mein Hemd zuzuknöpfen. »Wo ist Delilah? Habt ihr sie gesehen?«
    Hiero musterte mich distanziert. Ist okay, Mann, dachte ich, das kann dir jetzt ganz egal sein .
    »Was? Sie ist auch weg?« Chip fuhr sich mit dem Handrücken über seine feuchten Lippen. »Blute ich am Mund?«
    Ich sah ihn an.
    »Fühlt sich an, als würde es bluten.« Er blies seine Backen auf. »Paul ist heute Morgen weggegangen, er ist jedenfalls nicht mehr da. Ernst ist unterwegs, um ihn zu suchen.«
    »Blödsinn, das glaub ich nicht.«
    »Frag den Jungen.«
    »Wieso sollte er so was Schwachsinniges tun? Was denkt er sich dabei? Scheiße.« Aber ich fühlte mich,

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