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Spieltage

Spieltage

Titel: Spieltage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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Trainingsplätzen. Er hielt sich ganz rechts, mit Abstand zu den Spielern, und sein scheuer, fast verschreckter Blick sah weniger so aus, als ginge er auf Distanz zur Mannschaft, sondern als wolle er die fünf Spieler nicht durch seine Nähe kompromittieren.
    Der Rest der Mannschaft trainierte demonstrativ in Stadionnähe für sich alleine im Wald.
    Ein Problem ließ sich nicht mehr verdrängen: Der 1. FC Nürnberg musste am Freitag, also in zwei Tagen, gegen Alemannia Aachen in der Zweiten Bundesliga spielen. Mit welcher Mannschaft?
    Rudi Kargus und Gerd Schmelzer vereinbarten ein Treffen von Mannschaft und Präsidium um 16 Uhr, im Hinterzimmer der Stuhlfauth-Stuben.
    Gerd Schmelzer trug schon den schwarzen Anzug und die hellgrüne Krawatte, mit der er in drei Stunden vor die Jahreshauptversammlung treten wollte. Die Spieler kamen in Jeans und Pullover, manche hatten die Jacke nicht ausgezogen. Niemand setzte sich. Präsidium und Mannschaft standen sich im Hinterzimmer der Vereinsstube gegenüber. Was auch immer geschehen sei, sagte Schmelzer, er könne es nicht zulassen, dass die Spieler als Angestellte des Vereins sich an die Zeitungen wandten, um indirekt den Kopf des Trainers zu fordern. Er habe den Unterzeichnern des Briefs eine Chance gegeben, sich zu entschuldigen, Thomas Brunner habe als Einziger der fünf Reue gezeigt.
    Rudi Kargus’ Blick blieb an den Füßen des Präsidenten hängen. Im Rhythmus seiner Worte stieg Schmelzer auf die Zehenspitzen, ließ sich wieder auf die Absätze fallen und stand wieder auf den Zehenspitzen.
    Noch einmal frage er Rudi Kargus und Horst Weyerich, nehmt ihr eure Anschuldigungen zurück?
    Das können wir nicht.
    Gut, dann ist es an der Zeit voranzuschreiten. Gerd Schmelzer übergab das Wort an seinen Vizepräsidenten Sven Oberhof. Oberhof war Strafverteidiger. Diesmal sollte er Richter spielen.
    Rudi Kargus, las Oberhof mit seiner prozesserprobten Stimme donnernd vor: Entlassen.
    Horst Weyerich. Entlassen.
    Das können Sie nicht machen, dann müssen Sie uns alle entlassen, rief Detlef Krella aus der Traube der Spieler.
    Die haben nur für uns alle gesprochen, rief Manfred Walz.
    Und Sie beide sind auch entlassen, donnerte Oberhof.
    Das Präsidium hatte Oberhofs Auftritt geplant, um die anderen Spieler abzuschrecken. Die Angst, am Freitag ohne Mannschaft in Aachen zu stehen, war real. Die spontane Entlassung von Krella und Walz zeigte, wie schnell die Dinge aus dem Ruder laufen konnten.
    Morgen um zehn Uhr, sagte Gerd Schmelzer, war Abfahrt nach Aachen. Wer nicht erschien, würde beim DFB angezeigt und musste mit einer langen Sperre rechnen.
    Das Präsidium hatte extra eine frühe Abfahrtszeit festgelegt, damit die Spieler möglichst wenig Zeit hatten, neue Boykotts zu koordinieren. Gerd Schmelzer allerdings wusste nicht, ob er am Donnerstag um zehn überhaupt noch Präsident sein würde. Es galt die Jahreshauptversammlung zu überstehen. Wie würde das Vereinsvolk zu den Spielerentlassungen stehen?
    Mitgliederversammlungen in Bundesligavereinen ließen oft Zweifel zu, ob die Demokratie wirklich so eine gute Staatsform war. Alkohol und populistische Reden in verrauchten Sälen peitschten die Stimmung hoch, und nach ein paar Monaten wunderten sich die Mitglieder nicht selten, wen sie da eigentlich gewählt hatten. Der Präsident eines Bundesligavereins werde nicht für das gewählt, was er könne, sagte Michael A. Roth, sondern für das, was er verspreche.
    Gerd Schmelzer hielt sich selbst für keinen außerordentlich talentierten Redner. Er sagte sich, das Wichtigste ist, dass du nicht umfällst, dass du die Entlassungen auf keinen Fall zurücknimmst, falls dir der Sturm der Entrüstung entgegenschlägt.
    Fast 500 Mitglieder waren gekommen. Dutzende hatten etwas zu sagen, am Rednerpult der Jahreshauptversammlungen von Bundesligisten konnte jeder seine fünfzehn Minuten Ruhm einfordern. Ein paar einfache Mitglieder stärkten Schmelzer den Rücken, andere entrüsteten sich, wie der echte Clubberer Horst Weyerich einfach so in die Wüste gejagt werden könne. Aber die Wogen schlugen nicht hoch. Bis sich Lutz Combé meldete. Er war unter Roth Präsidiumsmitglied gewesen, er saß neben Roth im Saal. Horst Weyerich und Rudi Kargus warteten vor der Tür, verkündete Combé. Er bitte darum, dass sie den Mitgliedern ihre Version schildern durften.
    Der ehemalige Präsident Roth hatte mit dem offenen Brief und dem Trainingsboykott der Mannschaft nichts zu tun. Aber da sein Nachfolger

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