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Spieltage

Spieltage

Titel: Spieltage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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Boulevardblätter verdächtigten Schmelzer, beim Umbau des Klubgeländes einen befreundeten Architekten bevorzugt zu haben. Rudi Stenzel, der Aufsteiger aus der Kreisklasse A, musste mit Heinz Höher streiten, weil der Verein ihm Prämien nicht überwies. Es war Dezember 1988. Bitte, Heinz, sagte Gerd Schmelzer, mach du wieder den Trainer.
    Heinz Höher wurde es heiß und kalt. Er wollte nichts anderes, als wieder den Club trainieren. Doch er sagte: Das mache ich nicht.
    Er hatte Gerland geholt, er konnte ihm nicht nach einem halben Jahr in den Rücken fallen, sosehr er selbst an ihm zweifelte.
    Heinz, bitte, bettelten Ingo Böbel und Sven Oberhof, die anderen Präsidiumsmitglieder. Du musst es wieder machen.
    Und wenn du doch?, fragte er sich. Nein, sagte er Böbel und Oberhof, das gehe nicht.
    Die Mannschaft fuhr mit Trainer Hermann Gerland im Februar 1989 ins Wintertrainingslager nach La Valetta auf Malta, und der gesamte Club hoffte wie so oft ein Verein in der Bundesliga, dass die Dinge einfach irgendwie besser würden. Im Profifußball hingen Erfolg oder Misserfolg oft nicht von Planung oder Taktik ab, sondern von der Dynamik. Etwas geschah, ein Tor, ein Sieg, ein vereinendes Erlebnis im Training, und in einer Kettenreaktion wurde alles wieder besser, der Tabellenstand, die Zeitungsschlagzeilen, die Zuschauerzahlen.
    Heinz Höher reiste mit ins Trainingslager. Es sei eine gute Gelegenheit, in Ruhe mit den sieben Spielern zu sprechen, deren Verträge ausliefen, sagte ihm Gerd Schmelzer. Vor allem ein Gespräch mit Mittelfeldspieler Manfred Schwabl tat dringend not. Er hatte, ein Jahr nach Reuter und Grahammer, ein Angebot von Bayern München.
    Vor dem Fenster des Hotel Dragonara in der Bucht des heiligen George versank jeden Abend die Sonne golden im Mittelmeer. Vom Balkon konnte er den Wellen zuhören, die in Gleichmut an den Strand schlugen, ab und an vom Ruf einer Möwe begleitet. Die Klänge der winterlichen See konnten die Stimme in seinem Inneren nicht übertönen. Hätte er doch Gerland als Trainer ablösen sollen, musste er lernen, über seinen eigenen Schatten zu springen, war, was er für Anstand hielt, nur Hemmung? Heinz Höher war gereizt von den eigenen Gedanken.
    Er sollte am Sonntagabend, am Tag nach seiner Ankunft, die vier mitgereisten Nürnberger Zeitungsreporter zu einem vertraulichen Gespräch an der Hotelbar treffen. Es wäre eine gute Gelegenheit, die Misstöne aus der Welt zu schaffen, die sich in den letzten Monaten zwischen ihm und der Presse angesammelt hatten. In der Bild hatte er die Überschrift »Höher pennte – Club verlor Spieler« lesen dürfen, es wurde behauptet, er habe die Papiere für den Nachweis der Deutschstämmigkeit von Johann Kramer verschlampt. Dabei war er überhaupt nicht mit dem Fall betraut. Was wussten die Pressehansel überhaupt, ihnen sollte mal jemand sagen, dass das Präsidium auf Knien vor ihm lag, um ihn zum Comeback als Trainer zu bewegen. Heinz Höher erschien an der Hotelbar. Die vier Journalisten, immer dieselben Gesichter, bildeten schon eine Runde. Er sagte, er habe keine Lust, mit Leuten zu reden, die bereits beschlossen hätten, dass alles Übel beim Club von ihm ausgehe, und wünschte einen schönen Abend. Sitzen gelassen wie dumme Jungs habe er sie, zürnten die Journalisten.
    Am nächsten Morgen telefonierte Heinz Höher mit der Heimat. Die Nürnberger Nachrichten hatten ein Interview mit Nationalspieler Manfred Schwabl veröffentlicht. Es werde jetzt aber mal Zeit, dass Heinz Höher sich endlich um die Vertragsgespräche kümmere, sagte Schwabl der Zeitung, »wir haben in der Hinrunde den Zorn der Fans für die vielen Fehler im Management zu spüren bekommen«. Die schlecht organisierte Reise nach Rom, die hohen Kartenpreise für das Heimspiel gegen die Italiener listete Schwabl genauso auf wie den fehlenden Torjäger und die Tatsache, dass die Elf vor dem Heimspiel gegen den Karlsruher SC im Stau stand und erst 35 Minuten vor Anpfiff im Stadion eintraf. Andreas Köpke und Jörg Dittwar hatten sich, hektisch aufgewärmt, in dem Spiel verletzt. »Der Club hat einen hervorragenden Präsidenten und einen ausgezeichneten Trainer«, schloss Schwabl. Die Auslassung war offensichtlich: Der Manager fehlte in der Aufzählung.
    Eine Bundesligamannschaft, die dem Erfolg hinterherrannte, hielt immer entweder den Trainer oder den Manager für dumm. Heinz Höher sollte sich daran erinnern, er war auch einmal Spieler gewesen. Bei Misserfolg versuchten sie

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