Spieltage
lautete: »So schadet Höher dem Club.« Die Unterzeile: »Manager untergräbt durch unverständliche Reaktionen eigene Autorität.«
Den Kommentar hatte Rudolf Pilous verfasst. Er gehörte zu den Journalisten, die Heinz Höher wohlwollend gegenüberstanden. Pilous schrieb: »Statt in einem Trainingslager nie auszuschließende Missstimmungen, auch Lagerkoller genannt, auszugleichen und dem Trainer den Rücken für die ungemein wichtige Vorbereitung auf die Bundesligarückrunde freizuhalten, verbreitete Heinz Höher mit seiner schroffen Art, die kaum einmal ein Grüß Gott kennt, überall, wo er auftauchte, nur Unbehagen.«
Gerd Schmelzer nahm die aufgeregten Anrufe der Journalisten aus Malta entgegen, er sprach fernmündlich mit Heinz Höher, Hermann Gerland und seinem Vertrauensmann in der Mannschaft, Andreas Köpke. In drei Tagen kehrte die Maltaexpedition zurück. Schmelzer dämmerte es, dass jegliche Friedensmission zu spät käme. Gefragt war nur noch ein Richterspruch.
Am letzten Abend auf Malta feierte die Mannschaft ihren Abschied vom Trainingslager. Heinz Höher war der Einzige, der auf der Feier fehlte. Wie jedem Trainer hatten auch Hermann Gerland einige Spieler skeptisch gegenübergestanden. Seit der Streit mit Heinz Höher eskaliert war, standen fast alle Spieler auf der Seite des Trainers. Er war doch einer von ihnen, einer, der genau wie sie vom Manager angegriffen wurde. Manfred Schwabl verriet den Kollegen auf der Feier, dass er im Sommer zu Bayern München wechseln werde. Die Vertragsgespräche, das eigentliche Ziel von Heinz Höhers Reise, waren allesamt nicht über einen unverbindlichen Plausch hinausgekommen.
Werner Haala, der Fußballreporter der Abendzeitung, kehrte von der Abschiedsfeier der Mannschaft ins Hotel zurück. An der Hotelbar begegnete er Heinz Höher. Die Mannschaft ist wieder eine Einheit, sagte Haala, nicht ohne Enthusiasmus in der Stimme. Heinz Höher brauchte einen Moment, um festzustellen, dass Haala wirklich nicht begriff, wie die Mannschaft wieder eine Einheit geworden war: zusammengeschweißt durch die Ablehnung gegen ihn, den Manager.
Am Tag nach der Rückkehr aus Malta, es war Montag, der 13. Februar 1989, zog Gerd Schmelzer einen dunklen Anzug mit dunkler Krawatte an. Er wusste, er musste gegen Mittag, vielleicht auch erst am Nachmittag eine traurige Nachricht verkünden. Er wusste nur noch nicht, welche.
Das Präsidium befragte auf der Geschäftsstelle des 1. FC Nürnberg den Trainer, den Manager und die Kapitäne über die Vorkommnisse auf Malta. Dann zogen sich Schmelzer, Oberhof und Böbel zur Beratung zurück. Zuletzt war solch eine Klausurtagung vor viereinhalb Jahren nötig gewesen, nach der Oktoberrebellion. Heinz Höher und Hermann Gerland warteten auf den Ausgang. An diesem Morgen hatten sie sich zum ersten Mal seit Tagen wieder gegrüßt.
Guten Morgen, Hermann.
Guten Morgen, Herr Höher.
Die Journalisten warteten in den Stuhlfauth-Stuben auf eine Pressekonferenz, die nicht angekündigt worden war, von der bloß jeder wusste, dass sie stattfinden würde. Sogar Radioreporter waren erschienen. Würde Heinz Höher gefeuert? Würde Hermann Gerland gefeuert? Würden beide gehen müssen?
Gegen 15 Uhr kam Gerd Schmelzer in die Stuben. An seiner Seite ging, im gelben Pullover, ohne Jacke, Heinz Höher.
Sie haben Gerland gefeuert, durchfuhr es Klaus Westermayer, den Sportchef der Nürnberger Nachrichten. Sonst würde nicht Höher an der Seite des Präsidenten erscheinen.
Heinz Höhers grauweißes Haar, an der linken Schläfe ursprünglich gescheitelt, war aus der Frisur gewachsen. Es stand hoch, als wäre eine Hand sehr oft hindurchgefahren. Der Radioreporter des Bayerischen Rundfunks platzierte sein Mikrofon vor Heinz Höher.
Es gab keinen Pressesprecher, der die Konferenz geleitet hätte. Gerd Schmelzer und Heinz Höher machten seit fünf Jahren alles selbst, Spieler verpflichten, die Mannschaft führen, öffentlich Rede und Antwort stehen. Er begrüße sie zu dieser improvisierten Pressekonferenz, sagte Gerd Schmelzer, auf der er leider die »Trennung mit sofortiger Wirkung vom Trainer« bekannt geben müsse.
Sie hatten wirklich Gerland entlassen!
»Entschuldigung«, sagte Schmelzer, »ich meine die Trennung vom ehemaligen Trainer und jetzigen Manager Heinz Höher.«
Höher war für ihn der Trainer geblieben. Nun schrieb er ein »Ex-« davor.
Im letzten halben Jahr seien die Dinge aus dem Ruder gelaufen, sagte der Präsident, sowohl der Manager wie
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