Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spieltage

Spieltage

Titel: Spieltage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
Vom Netzwerk:
einer halben Million Gewinn weiterverkauft. Die Freunde sagten, er habe ein Händchen für Immobilien. Zwar hatte er einen Großteil seines Gewinns von der Herzogenauracher Villa beim Call and Put an der Börse schnell wieder verspielt, aber das tat nichts zur Sache. Er erwarb die Immobilie mit Gaststätte und Wohnungen im Dresdener Vorort Heidenau und baute sie zum Hotel Die Alte Reichskrone um. Der Hauskauf und die Renovierung kosteten knapp sechs Millionen Mark. Weil er schon einmal dabei war, kaufte er noch drei Wohnhäuser in Heidenau sowie ein Bürogebäude im nahen Pirna. Er musste, zusammengerechnet, für all seine Hotels und Häuser jährlich gut eine Million Mark an Kredit und Zins erstatten. Er sah in erster Linie, wie viel er einnehmen konnte, vermutlich über 1,2 Millionen. Doris verstand nicht, wieso die Banken ihm solch hohe Kredite gewährten. Vielleicht weil er Bundesligatrainer war. Bundesligahelden tat man gerne Gefallen.
    Über seine alten Kontakte lud er die Bundesligateams in die frisch renovierte Reichskrone ein, wenn sie zum Auswärtsspiel gegen Dynamo nach Dresden kamen. Der 1. FC Nürnberg, Kaiserslautern, Werder Bremen und Schalke 04 übernachteten bei ihm. Das war gute Werbung, dachte er. Aber er fand keinen Pächter, der mehr als 30000 Mark im Monat zahlte. Das Hotel lag zu abseits vom Stadtzentrum, andere Investoren hatten vor ihm in Dresden den Markt abgedeckt. Er hatte mit 50000 Mark Pacht im Monat kalkuliert. Aber mal sehen, wie er das hinbekam. Irgendwie bekam er das schon hin. Er bestellte für Schalkes Manager Rudi Assauer und sich noch ein Radeberger Pilsner bei seinem Kellner in der Reichskrone. Es war April 1994, die Spieler mussten schon schlafen am Abend vor dem Spiel gegen Dynamo, aber als Manager konnte Assauer noch einen mit ihm trinken oder auch zwei.
    Mensch, der bekloppte Zobel, sagte Rudi Assauer, schickt er nach einer Stunde den Zárate zum Aufwärmen! Assauer hatte das Freitagabendspiel gesehen, den 2:0-Sieg des 1. FC Nürnberg gegen den VfB Leipzig. Sergio Zárate, Nürnbergs kleiner Torjäger, die Zaubermaus in der Fußballersprache, war seit Wochen verletzt. Heinz Höher hielt es für ausgeschlossen, dass Trainer Zobel einen verletzten Spieler mit nach Leipzig nahm, geschweige denn, ihn für eine Einwechslung warm laufen ließ.
    Doch, wenn ich es dir sage, der Zobel ist so bekloppt!
    Wetten, nicht?
    Heinz Höher war sich sicher, dass Assauer Zárate mit Nürnbergs zweitem Argentinier Sergio Bustos verwechselt hatte.
    Sie schlugen die Wette ein, um das Geld für den Aufenthalt der Schalker Mannschaft in der Reichskrone, gut und gerne 2500 Mark. Die Frage war, wie sie die Ungewissheit auflösen konnten. Sie holten den Schalker Stürmer Dieter Eckstein um halb eins in der Nacht vor dem Spiel aus dem Bett. Als ehemaliger Nürnberger hatte Eckstein die Aufzeichnung der Partie sicher im Fernsehen gesehen.
    Natürlich war der Zárate in Leipzig nicht dabei, sagte Eckstein, als er halb verschlafen vor ihnen an der Hotelbar stand. Gegen den gewinnst du doch sowieso keine Wette, fügte er noch für Assauer hinzu und zeigte mit einem Nicken auf Heinz Höher. Heinz Höher fühlte sich bestätigt, dass er seine Wetten gewann, auch die mit der Pacht und den Krediten.
    Zu seinen Terminen mit Notaren oder Bankangestellten erschien Heinz Höher gelegentlich mit einem grellgelben Adidas-Rucksack, der sowohl für die Angelegenheit als auch für die Zeit, Mitte der Neunziger, eine überraschende Wahl zu sein schien. Er sagte niemandem, dass es Markus’ Rucksack war.
    Genau wie Markus damals beim VfL Bochum wurde Thomas in der B-Jugend vom 1. FC Nürnberg weggeschickt. Und diesmal war er nicht einmal mehr Cheftrainer, um für seinen Sohn vorsprechen zu können.
    Mittags kam Thomas mit ein paar Freunden nach Hause und fand seinen Vater, den Erfolgsmacher von Nürnberg, mehr liegend als sitzend auf dem Sofa. Er schaute Jürgen Fliege im Fernsehen. Doris fand eine halb leere Whiskyflasche hinter den Büchern im Regal. Thomas fand eine Flasche Schnaps hinter seinen Fußballschuhen. Heinz Höher sagte, wenn ich aufhören will, kann ich ganz leicht aufhören.
    Am Pfingstsonntag 1995 wollte er etwas für seine Gesundheit tun. Er unternahm mit dem Fahrrad einen Ausflug in die Fränkische Schweiz, siebzig, achtzig Kilometer. Die Fahrradbox an seinem Lenkrad hatte er reichlich mit Bier und Klarem gefüllt. Gegen Mittag setzte er sich, schon hinter Gräfenberg, ins blühende Gras für eine

Weitere Kostenlose Bücher