Spieltage
keine Bilder gezeigt, weil die Partien in der Bundesliga erst um 17 Uhr begannen, zu spät, um davon zwischen 18 und 19 Uhr noch etwas zu senden. Bei der Anstoßzeit Rücksicht auf das Fernsehen zu nehmen wäre niemandem eingefallen. Die Anstoßzeit richtete sich nach dem Sonnenlicht. Von 17 Uhr im August ging sie nach und nach auf 14:15 Uhr im Januar zurück, um dann wieder Monat für Monat später in den Nachmittag zu rücken.
Dettmar Cramer sagte Sätze wie: Mit ihren Dribblings zogen Höher und Eia Krämer die Karlsruher Läuferreihe so tief in die eigene Hälfte, dass die Karlsruher, selbst wenn sie den Ball gewannen, ungefährlich bleiben mussten, denn sie waren nun beim Umschalten auf Angriff viel zu weit weg vom Meidericher Tor. Er hoffte, den Genuss der Fans beim Fußballschauen zu erhöhen, wenn sie fachlich von ihm lernen konnten.
Beim Mittagessen in der Schnitzelstadt redeten die Rhein-Ruhr-Mafiosi, den Cramer verstehe niemand, er müsse lernen, dass er zu Hunderttausenden spreche, nicht zu elf Fußballspielern. Cramer sah die Jungen mittags Bier trinken und fühlte sich fremd, allein, wie hatte er denken können, dass Sportler und Journalisten etwas gemein hatten, nur weil das Wort Sportjournalismus existierte?
Samstagnachts jedoch kam nach Dettmar Cramer noch einmal die Sekretärin Uschi Stöhr ins Bild und legte eine beschwingte Musik auf, die zum Abschluss alle in gute Stimmung versetzen sollte. Das erste Aktuelle Sportstudio, das neunzig Minuten dauern sollte, ging nach zwei Stunden und 32 Minuten zu Ende.
Die Sechziger
Motorbiene
Nach ihren Spielen gingen die Fußballer des Meidericher SV selten nach Hause. Die Sporttaschen sperrten sie bei der Rückkehr von Auswärtspartien in die Schließfächer am Duisburger Bahnhof. In der Stadt hatten ein paar neue Clubs aufgemacht.
Ein Tanzlokal, das etwas auf sich hielt, nannte sich nicht mehr Tanzlokal, sondern gab sich einen englischen Namen oder zumindest einen, den man für englisch halten konnte, wie das Shirkin in Meiderich. Sogar Benny Quick, von dem nur noch die wenigsten wussten, dass er eigentlich Rolf Müller hieß, trat im Shirkin auf. Die Menge stieß einen spitzen Schrei aus, als er das ba baba baba von Motorbiene anstimmte, und die Wildesten sangen sogar mit: »Am Sonntag fahr ich mit dir zum Rummelplatz, du nimmst auf meinem Sozius Platz.«
Glücklich war, wer rechtzeitig ein Mädchen zum Tanz aufgefordert hatte. »Dann fahr’n wir schnell in jede Kurve rein, du bist froh, mit mir allein zu sein, oh, oh Motorbiene!« Wobei Horst Gecks lieber mit Männern tanzte. Die Mädchen konnten ihn nicht auf die Schultern stemmen, und das war doch das Schönste am Rock ’n’ Roll: wenn der Tanzpartner ihn in die Luft hob und Horst Gecks aus zwei Metern Höhe mit einem Salto-Überschlag absprang. Und schon ging es weiter, linker Fuß kickt, rechter Fuß setzt ab. Horst Gecks musste immer schauen, dass er genug Platz auf der Tanzfläche fand, um den Salto zu schlagen. Wenn die Kapelle Bill Haley intonierte, strömten plötzlich alle zum Tanz. Außer Heinz Höher, der lehnte, ein Bier in der Hand, den Ellenbogen auf dem Tresen, an der Bar.
Seit ich dich kenne, verlerne ich das Tanzen, sagte Doris zu ihm. Aber selbst die Liebe konnte ihn nicht animieren, sich einen Ruck zu geben. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Körper die Geschmeidigkeit und Leichtigkeit fand, die das Tanzen erforderte, jedenfalls fühlte er sie nie. Was ihn zum Tanzen brachte, wenngleich nur innerlich, war das Bier, zwei Bier und ein Klarer, zunächst stieg ihm ein angenehmer Schwindel in den Kopf, dann löste sich ein Riegel, die Gedanken und die Gefühle flossen leichter, sogar nach draußen.
Verwegen schwungvoll trug Heinz Höher den blondierten Pony über der Stirn, an den Seiten waren die Haare gut vier Zentimeter lang, unverschämt lang, auch wenn er sie selbstverständlich nicht über die Ohren wachsen ließ wie diese neuen Musikstars aus England. Ich gebe dir Geld, damit du dir die Haare ordentlich schneiden lässt, sagte Onkel Willi jedes Mal, wenn er zu Besuch kam. Die anderen Spieler in Meiderich hatten die Haare nach Onkel Willis Geschmack an den Seiten akkurat kurz gestutzt, das Haupthaar ordentlich gescheitelt oder zurückgekämmt. Heinz Höher war es schon aus Leverkusen gewohnt aufzufallen und tat es nicht ungern.
Samstagnachts im Club in Duisburg wurden sie sogar von einigen Gästen erkannt, manch ein Mädchen flüsterte wohl zu ihrer Freundin, das
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