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Spieltage

Spieltage

Titel: Spieltage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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öffentlichen Annehmlichkeiten, auf die die meisten Lizenzspieler hoffen konnten, gerade in den kleineren Vertragsspielerklubs wie Bochum. Wenn ihnen nach dem Sieg der Metzgermeister Antico eine Runde Korn spendierte, hoben die Bochumer Spieler die Gläser, und sie mussten singen: Dem Spender sei ein Trula-la, dem Spender sei ein Trula-la, ein Tru-la-la.
    Die Höhers fanden zur Miete eine Dreizimmerwohnung in der Kaulbachstraße 26, wo die Vermieterin Doris Höher noch vor dem Einzug ganz genau erklärte, wie die Wohnung zu putzen sei. Im Anbau an das Haus befand sich eine Bierkneipe, das Kaulbach-Eck. Heinz Höher begegnete der Wirtin einmal im Treppenhaus. Die Wirtin pinkelte ihnen gerade vor die Wohnungstür. Heinz Höher verzichtete darauf, einen guten Tag zu wünschen oder darüber nachzudenken, ob das vielleicht ein krankhaftes Verhalten aus Kriegszeiten war. Die Höhers mussten froh sein, in der Kaulbachstraße 26 zu wohnen.
    Wohnungen waren knapp in Bochum, wie man hörte, in allen Städten. Es gab so viele junge Familien wie seit dem Krieg nicht mehr. In der Kaulbachstraße 26, im Erdgeschoss eines schmucklosen Mietshauses mit Flachdach, schlief Susanne bei den Eltern im Schlafzimmer im Kinderwagen. Ein Kinderbett passte nicht mehr in den Raum. Später konnte sie zu Markus ins Zimmer ziehen.
    Die Besucher konnten nicht bemerken, dass es Heinz und Doris finanziell schlecht ging. Die Höhers hatten eine Tapete, die war der letzte Schrei, mit riesigen bunten Mustern, und bei dem Anblick jauchzte die Frau von Heinz Höhers Angriffskollegen Gustav Eversberg auf: Die Frau Höher hatte eine Schrankwand! Aus Teakholz gefertigt, bis zur Decke hoch, zog sich die Wohnzimmerschrankgarnitur mit zahlreichen Regalen und Schubladen mehr als zweieinhalb Meter an der Wand entlang.
    Sonntag war Familientag. Dann kamen Hilla und Heinz Wachtmeister mit ihren zwei Kindern oder Doris’ Schwester mit ihrem Mann aus Leverkusen zum Mittagessen. Zur Verdauung setzte sich die Gesellschaft den Nachmittag über ins Wohnzimmer. Die Frauen redeten miteinander, und die Männer redeten miteinander. Wenn es gemütlich wurde, tranken sie nach dem Kaffee und Kuchen noch zwei Bier und einen Klaren.
    Endlich sei das Leben wieder ein normales, sagte Doris zu Hilla, wobei es so richtig normal mit einem Fußballer ja wohl nie werden könne, was wisse sie denn schon, was nach der Zeit in Bochum komme.
    Du hast ihn dir ausgesucht, auch weil er Fußballer ist, sagte Hilla. Du hast ihn dir ausgesucht mit allem, was dazugehört.
    Aber was konnten sie sich als Frauen überhaupt aussuchen? Ihr Mann war äußerst fortschrittlich, wusste Hilla, er hatte ihr mehrmals zugeredet, wirf dein Studium nicht hin, mach weiter, wir finden eine Kinderfrau für den Kleinen. Aber die Vorstellung, ihren Sohn bei einer fremden Frau zu lassen, erschien Hilla so ungeheuerlich, das kam nicht infrage. Seitdem sie den Vorschlag verworfen hatte, dachte sie oft wehmütig daran, warum sie das Studium abgebrochen hatte. Sie half in der Konditorei ihrer Schwiegereltern. Das war keine Entscheidung gewesen, das war unausgesprochen bestimmt worden. Zunächst hatte sie in der Konditorei geputzt. Nachdem sie sich dabei vor den Augen der Schwiegereltern bewährt hatte, trug sie den Kuchen aus.
    Die Männer redeten über Geld und Fußball.
    Jüngst, nach diesem hundsmiserablen 1:2 gegen Bayer 04 Leverkusen, habe er in der Umkleidekabine Hansi Grieger angesprochen, erzählte Heinz Höher sonntagnachmittags im Wohnzimmer. Grieger hatte als Einziger beim VfL passabel gespielt. Hör mal, Hansi, sagte ihm Höher in der Umkleidekabine, hat dir keiner gesagt, dass das Spiel verschoben war? Du kriegst noch einen Tausender von Erwin Höffken.
    Was, wirklich? Hansi Grieger lief sofort zum Spielausschussobmann. Erwin, wo ist mein Tausender?
    Höffken, der sowieso schon gallig wegen der grausigen Niederlage war, explodierte. Was Grieger sich erlaube, nach so einem Auftritt auch noch blöde Witze zu reißen!
    Je öfter man die Anekdoten erzählte, desto besser wurden sie.
    Jeden Tag um acht erschien Heinz Höher auf der Arbeit in der Schlegel-Brauerei und dachte daran, wann der Arbeitstag endlich vorüber war. Manchmal gab ihm der Werbechef einige Akten zum Bearbeiten. Meistens saß er herum.
    Sie geben mir keine richtige Arbeit, ärgerte sich Heinz Höher.
    Er arbeite nicht richtig mit, ärgerte sich sein Chef.
    Während Heinz Höher das Gefühl hatte, zum ersten Mal im Leben arbeiten zu müssen, war

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