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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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gratulierte er sich in Gedanken, war eine seiner besten Ideen überhaupt.
    So viel ruhiger als Leipzig.
    Der Schreibtisch war unnatürlich aufgeräumt. Viel zu ordentlich nach Mangolds Geschmack. Das würde selbstverständlich nicht lange so bleiben.
    Hajo Mangold zuckte bei diesem Gedanken erschrocken zusammen. Es war im Grunde nicht wünschenswert, dass sich hier bald Akten stapelten – schließlich arbeitete er bei der Mordkommission. Jede Akte bedeutete in seinem Fall, dass jemand sterben musste. Heute war sein erster Arbeitstag in Dresden. Prüfend hob er den Telefonhörer ab und lauschte. Das Freizeichen ertönte.
     
    Tja, Leipzig.
    Die Probleme dort waren langsam, aber sicher zu einer echten Belastung im Alltag geworden. Wegen eines lächerlichen Fehlgriffs! Er knurrte böse bei der Erinnerung daran.
    Das Gespräch mit seinem Vorgesetzten, die verletzenden Anschuldigungen der Kollegin, das Getuschel, wenn er eines der Büros betrat, die abschätzigen Blicke, die zwischen seinen Schulterblättern brannten, wenn er die Flure entlangging.
    Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz! Noch mal sollte ihm das nicht passieren, schwor er sich zornig.
    Leicht war ihm der Wechsel dennoch nicht gefallen. Es war Irmchen gewesen, die ihn überredet hatte. Entweder Potsdam oder Dresden, eine der angebotenen Stellen würde sie annehmen und er, Hajo, könne entscheiden, wohin er lieber wechseln wolle. Seine Liebste konnte mitunter sehr energisch sein und so hatte Mangold sich um die Stelle in Dresden bemüht. Potsdam lag in Brandenburg! Und seiner Meinung nach viel zu nah an der Hauptstadt. Nein, nein, er suchte nach Ruhe und einem kleinen Häuschen in idyllischer Umgebung. Friedlich schien es hier nun wirklich zu sein.
    Niemand brauchte die Mordkommission. Mangold begann sich ein wenig zu langweilen.
     
    Ein Lied vor sich hin summend, fuhr er den PC hoch.
    In einem Briefumschlag in der obersten Schublade seines Schreibtischs befand sich das Passwort. Lustlos tippte er es ein. Theoretisch konnte es jetzt losgehen!
    Unschlüssig stand er auf und sah aus dem Fenster.
    Vor dem Gebäude stand eine richtige Armada von Einsatzfahrzeugen, registrierte er erstaunt. War das in Dresden so Standard?
    Das Polizeipräsidium zog sich die Schießgasse entlang von der Landhausstraße bis zur Salzgasse. Im typischen Dresdner Stil errichtet, beige, mit drei imposanten Köpfen über den Eingangsportalen. Die unterste Reihe der Fenster war auch heute noch vergittert, darüber folgte ein Geschoss mit Rundbogenfenstern, darüber waren sie rechteckig. Seit 1901 Residenz der Polizei und Untersuchungsgefängnis. Im Dritten Reich mussten sich hier schreckliche Dinge abgespielt haben, viele Menschen verloren ihr Leben. Vor dem Gebäude erinnerte eine Informationstafel an diese Gräuel.
    Fast ein wenig unheimlich, hier zu arbeiten. Ein geschichtsträchtiger Ort.
    Aber Hajo Mangold glaubte nicht an Gespenster.
     
    Es klopfte. Wie ertappt fuhr der Hauptkommissar herum. Verärgert bemerkte er, dass sein Puls sich beschleunigte. »Herein!«
    Der Besucher traute sich wohl nicht. Hatte er zu unfreundlich geklungen? Vielleicht hatten die Kollegen untereinander hier einen anderen Ton – nicht so rau wie in Leipzig.
    Mangold durchquerte den Raum und öffnete die Tür zum Flur. Draußen stand ein älterer Herr in fleckigem T-Shirt. Erschrocken wich der Fremde einen Schritt in den Gang zurück. »Ich muss wohl gegen die Tür gekommen sein, tut mir leid«, entschuldigte er sich gestenreich. »Zu viel Schwung am Vormittag. Ich schraube nur Ihr Namensschild an.«
    »Danke«, antwortete Mangold und empfand das selbst als ein wenig dürr. Rasch setzte er hinzu: »Viel zu tun heute?«
    »Ach wo, hält sich in Grenzen. Bei den Temperaturen will man ja auch nicht so hart ran. Und selbst? Schon eingelebt?«
    »Na ja. Noch ist es sehr ruhig«, bekannte Mangold augenzwinkernd.
    »Ja, noch. Das wird sich aber ganz fix ändern! Ab morgen haben wir die Delegation der brasilianischen Fußballnationalmannschaft zu Gast. Da gilt höchste Sicherheitsstufe!«
    Hajo Mangold versuchte sich zu erinnern.
    Brasilianische Fußballmannschaft? Hatte er irgendwas verpasst? Fand ein Qualifikationsspiel statt? Weltmeisterschaft war doch gerade erst gewesen – oder nicht? Doch! Südafrika! Die deutsche Mannschaft hatte das »Kleine Finale« gegen Uruguay gewonnen. Klar!
    Der Handwerker deutete das Mienenspiel des Hauptkommissars richtig und beschloss, ihm auf die Sprünge zu helfen.

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