Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
davon abzubringen, sofort zu handeln.
Manuela lächelte versonnen und strich über die deutliche Wölbung, die nun schon oberhalb des Nabels zu tasten war. Ganz leicht glaubte sie eine Bewegung zu spüren. Ihr Kind!
Die untrennbare Verbindung zu Andy.
Alles andere würde sich nach der Entbindung finden.
Zwei Stunden später räumte sie mit schwerem Herzen ihren Spind in der Trainingshalle aus.
Sie lauschte auf jedes Geräusch, hoffte, seinen Schritt zu hören, sehnte sich nach einem liebevollen Wort, einer zärtlichen Berührung, die ihr zeigte, sie war ihm nicht völlig gleichgültig.
Doch Andy ließ sich nicht blicken.
Während sie ihren Pulli in die große Sporttasche stopfte und mit dem Reißverschluss kämpfte, bog unerwartet Silvia um die Ecke.
»Hallo, beste Freundin«, begrüßte Manuela sie ätzend.
»Du packst! Das ist wirklich gut. Längst überfällig, würde ich meinen«, gab die andere schmalzig zurück.
»Ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich dir mal vertraut habe! Es gab Zeiten, da wusstest du mehr über mich als mein Tagebuch! Du elendes Aas!«
»Nun hab dich bloß nicht so! Schließlich kann ich nichts dafür, wenn ein Mann mich seiner bisherigen Freundin vorzieht. Vielleicht warst du in der letzten Zeit ziemlich anstrengend? Zickig?«
»Hat er das gesagt?«, hauchte Manuela fassungslos und alle Hoffnungen zerstoben.
»Ja«, antwortete Silvia mit Siegerlächeln.
Jetzt bloß nicht flennen – Manuela kämpfte die aufkommenden Tränen nieder. Solch einen Triumph hatte Silvia nun wirklich nicht verdient.
Rasch griff sie nach ihrer Sporttasche und ging kommentarlos an der anderen vorbei.
Wie hatte sie auch nur so hirnlos sein können? Sie selbst hatte Silvia von Andy vorgeschwärmt.
Aber wie hätte sie auch ahnen können, dass ihre Freundin nichts Eiligeres zu tun hatte, als ihr den Freund auszuspannen? Woher hätte sie wissen sollen, dass Andy so leicht zu verführen war? Er hatte nicht eine Sekunde gezögert, sich in Silvias Arme zu werfen und sich von ihr trösten zu lassen.
Schon auf dem Gang flüsterte sie über die Schulter: »Du bist nicht seine Neue! Er liebt jetzt Patricia.«
Ein scharfes Atemgeräusch verriet ihr, dass ihre Worte verstanden worden waren.
Im Zug fasste sie einen endgültigen Entschluss.
Sie würde bei der Entbindung nicht ›Vater unbekannt‹ angeben, sondern Andys Namen nennen!
Nein! Auf Großzügigkeit und Einsicht oder Verantwortungsbewusstsein zu setzen, war in diesem Fall wohl sinnlos.
Ihr Kind hatte ein Recht darauf, als Ergebnis einer echten Beziehung entstanden zu sein!
Auch wenn sich die Liebe nur auf die Mutter beschränkt hatte – und auch das nur für sehr kurze Zeit.
Die Gestalt wartet im warmen Sommerregen.
Bald kämen die Zielpersonen nach Hause zurück, würden in einen entspannten Abend starten.
Und wüssten nicht, dass sie dabei beobachtet wurden!
Das hat ohnehin alles bald ein Ende, denkt der Schatten im Hauseingang zufrieden.
Die Reihenfolge ist festgelegt, und sie sind in Kürze dran. Ein bisschen ärgerlich ist dabei, dass man sie kaum je allein antrifft. Ständig wuselt diese alberne Tochter um sie herum. Oft genug auch noch eine Freundin von Kiri. Beide? Mutter und Tochter?
Dann kommt die Nummerierung ein wenig durcheinander. Auf der anderen Seite: Hatten es nicht beide mehr als verdient?
Der Schatten drückt sich tiefer in den Eingangsbereich. Da kommen die beiden. Pünktlich. Mittagessenszeit. Das ist wichtig für die weitere Planung.
Sie haben eingekauft, wie erwartet trägt jede eine schwere Tüte.
Die Gestalt kneift die Augen fest zusammen.
Tatsächlich. Rotkäppchen! Der Körper gleitet wieder zurück.
Es spielt keine Rolle mehr. Es ist wahrscheinlich ohnehin ihre letzte Flasche.
17
Hajo Mangold war unzufrieden.
Vor ihm lag die Übersetzung der Aussagen der Delegationsmitglieder, die inzwischen ohne Verzögerung nach Berlin weitergereist waren. Es las sich, als hätten sie sich abgesprochen.
Johannes Schaber war ein gutmütiger Mann, ausgeglichen, stets freundlich zu jedermann. Der Posten sei ihm wegen seiner unerschütterlichen Ruhe und inneren Balance angeboten worden, er verfügte über ausgeprägtes diplomatisches Geschick – und außerdem sei das Austragungsland der WM Deutschland. Sprachbarrieren wären demnach für ihn nicht zu erwarten gewesen.
Schaber habe voller Leidenschaft für den Frauenfußball in Brasilien gearbeitet, sein Herzblut stecke im Aufbau einer
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