Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
freundschaftlich gewesen. Richtig kräftig war der Schlag der Torfrau.
Laura hatte durch den Fehler in der Defensive beim Schuss aufs Tor wahrlich keine gute Figur gemacht. Das wollte die Perfektionistin nicht auf sich beruhen lassen.
Nach dem Abpfiff hatte es sogar noch eine handfeste Keilerei mit der gegnerischen Mannschaft gegeben. Gedankenverloren strich Kiri über die Beule am Schienbein, dort, wo die andere sie erwischt hatte.
Aggressionsabbau. Frustverarbeitung.
Ganz mit ihren eigenen Gedankengängen beschäftigt, hatte sie gar nicht bemerkt, dass sie nicht mehr allein war. Erschrocken zuckte sie zusammen, als die Fremde sie unvermittelt ansprach. »Du bist Kiri?«
Völlig perplex konnte sie nur nicken.
»Deine Mutter ist eine super Physiotherapeutin. Da merkst du bei jedem Griff, die Frau versteht ihr Handwerk.«
»Für sie ist es mehr als ein Beruf. Frauenfußball ist ihre Lieblingssportart«, sagte die Tochter und überlegte irritiert, worauf dieses Gespräch zusteuern sollte. Smalltalk mit der Kleinen, um freundlich zu sein? Niemals!
»Nun, sie hat mir erzählt, ihre Tochter spielt auch in einer Frauenmannschaft. Bei ›Energie Cottbus‹. ›Meine Kiri hat wirklich Talent‹, schwärmte sie. Ist das so?«
Eine Hitzewelle spülte über Kiris Körper hinweg. Wieder nickte sie. Zurückhaltend.
»Na dann – beweise es!«, forderte die andere energisch, streckte Kiri die Hand entgegen und zog die verblüffte junge Frau auf die Füße. »Deine Sporttasche ist im Kofferraum. Du hast sieben Minuten! Was ist deine gewohnte Position?«
»Linkes Mittelfeld.«
»Dein Glück, dass du nicht geschleimt hast, nach dem Motto: ›Die, die mir mein Trainer zuweist‹!«, lachte die dunkelhaarige Frau und öffnete die linke Hand.
Kiri schnappte sich den darin liegenden Wagenschlüssel ihrer Mutter und sprintete los.
Das war die Chance.
Die, die man immer nur einmal im Leben bekam.
Sie würde sie nutzen!
19
Hajo Mangold schimpfte Unverständliches.
»Es muss einen Berührungspunkt geben. Zumindest einen, der dem Täter logisch erscheint.«
»Schule?«, schlug Kruse vor. »Die Schwester hat doch ausgesagt, Keiser habe ihren Bruder in Schwierigkeiten gebracht.«
»Möglich. Aber bei den beiden liegt die Schulzeit schon Ewigkeiten zurück.«
»Es muss ja gar nicht so gewesen sein, dass sie sich ein Umfeld teilten. Es könnte auch sein, dass sie einfach nur dieselbe Person kannten«, wandte Nachtigall ein.
»Peter Nachtigall, du hoffnungsloser Romantiker«, lachte Mangold dröhnend. »Eine Liebe, die nach 20 Jahren noch so heiß brennt, dass man die Nebenbuhler von damals tötet. Einen nach dem anderen.«
»Am heißesten brennen bekanntermaßen unerfüllte Liebe und Sehnsucht. Mir kommt der Gedanke so abwegig nicht vor«, erklärte Michael Wiener.
»Bleiben wir bei dem, was wir wirklich wissen«, murrte Nachtigall. »Es gibt zwei Opfer, die Morde zeigen verbindende Elemente – und ein Opfer fehlt! Handschriftenanalyse?«
»Steht noch aus. Wir haben ein erstes Statement: Es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um denselben Verfasser. Das Gutachten wird uns wohl erst in etwa ein bis zwei Wochen vorliegen«, antwortete Wiener.
»Hajo – hast du schon etwas über den Verbindungsnachweis zu Schabers Handy?«
Mangold zog sein Smartphone hervor und checkte den Maileingang.
Nachtigall, der schon froh war, mit seinem Mobiltelefon jemanden anrufen oder eine SMS verschicken zu können, schimpfte innerlich über Angeberei und Imagepflege mit dem Handy und wusste doch, dass er auch gern diese Technik beherrscht hätte. Praktisch wäre es schon.
»Ja. Das letzte abgehende Gespräch war ein Anruf im Hotelrestaurant. Er fragte nach, ob alles vorbereitet sei und kündigte an, man werde pünktlich eintreffen. Der letzte eingehende Anruf war von einem Freund in Brasilien. Er wollte sich mit Schaber für das übernächste Wochenende verabreden. Schaber hat eine SMS bekommen. Hm. Ohne Inhalt. Das ist ja eigenartig. Der Kollege schreibt, sie sei aus einem kostenlosen Serviceportal verschickt worden, ohne Absender.«
»Wir haben eine Nummer, aber keinen Namen?«
»Richtig. Aber das muss nichts bedeuten, war vielleicht schlicht verwählt.«
»Gehen wir von einem oder zwei Tätern aus? Schaber war nicht gerade ein Leichtgewicht. Es war ein hoher Kraftaufwand von dem gefordert, der ihn dort drapierte.« Kruse sah fragend in die Runde.
»Auch das Aufstellen der Vogelscheuche war für einen allein sicher
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